Prozessführung des BAMF vor den Verwaltungsgerichten , Datum: 02.08.2017, Ausgabejahr: Nr. 027/2017, Format: Pressemitteilung

Seit 2015 haben besonders viele schutzsuchende Menschen Deutschland erreicht und einen Antrag auf Asyl gestellt. Dadurch stieg die Zahl der Asylentscheidungen des BAMF deutlich an bis auf fast 700.000 im Jahr 2016 und über 400.000 bis Ende Juni 2017. Im Ergebnis nahm auch die absolute Zahl der Klagen bei annähernd vergleichbaren Klagequoten insbesondere gegen die ablehnenden Entscheidungen des Bundesamts zu. Diese Entwicklung ist insoweit als Teil des rechtsstaatlichen Verfahrens durchaus absehbar eingetreten.

Mehr als eine Millionen Entscheidungen

Inzwischen konnte das Bundesamt den Bestand der sogenannten Altverfahren aus dem Jahr 2016 und früher auf rund 80.000 Verfahren senken. Bis Ende Juli 2017 wurden rund 130.000 Asylanträge gestellt, davon sind rund 48.000 Verfahren noch zu entscheiden.

Wie auch in der Vergangenheit wird die Vertretung vor den Verwaltungsgerichten seitens des Bundesamtes in Einzelfällen persönlich wahrgenommen. Hieran hat sich auch vor dem Hintergrund der zahlreichen Asylverfahren nichts geändert. Das Bundesamt erkennt selbstverständlich den Bedarf der Gerichte nach Auskünften an. Deswegen ist für Anfragen der Gerichte bereits im letzten Jahr eine spezielle Hotline eingerichtet worden. Hier sind Mitarbeiter des Bundesamtes für die Gerichte nunmehr telefonisch erreichbar und können insbesondere Auskünfte zu Verfahrensständen und Hintergründen geben. Um die Zusammenarbeit mit den Gerichten weiter zu optimieren, sind darüber hinaus eine Reihe von IT-technischen und organisatorischen Maßnahmen eingeleitet worden. So wurde bereits vor Monaten auf Initiative des Bundesamtes die Möglichkeit geschaffen, den Aktentransfer und weiteren Schriftwechsel zu und von den Gerichten komplett per elektronischem Versand abzuwickeln. Diese Möglichkeit zur Beschleunigung und Vereinfachung der Prozesse wird zwischenzeitlich von vielen Verwaltungsgerichten erfolgreich genutzt.

Bundesamts-Präsidentin Jutta Cordt hierzu: "Wir nehmen unsere Verantwortung gegenüber den geflüchteten Menschen ernst, deshalb ist es unser Anliegen, den Menschen zeitnah Klarheit über ihre Bleibeperspektive in Deutschland zu geben. Dafür wurden unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den letzten zwei Jahren zu einem großen Teil im operativen Asylbereich eingesetzt. Nach dem Abbau der zahlreichen Rückstände sind nunmehr natürlich auch mehr Klageverfahren anhängig – obwohl in Relation zu den ablehnenden Entscheidungen nicht wesentlich mehr Schutzsuchende klagen. Aktuell haben wir deswegen weitere Maßnahmen ergriffen, um auch hier unserer Verantwortung gerecht zu werden. Dies gilt insbesondere für die Außenstellen des Bundesamtes, auch in Berlin."

Klagebestand in Berlin

Im Bundesland Berlin sind mit Stand 31. Mai 2017 23.813 Klagen von Personen gegen Bescheide anhängig. Hauptherkunftsländer der Kläger sind Syrien, Afghanistan, Irak, Pakistan sowie Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit (z.B. Palästinenser). Bemerkenswert ist die Entwicklung der anhängigen Klagen im Land Berlin: Während der Bestand anhängiger Verfahren vor den Verwaltungsgerichten im Bundesdurchschnitt binnen Jahresfrist in etwa um das Dreifache zugenommen hat, hat sich in Berlin der Bestand um das Zehnfache erhöht. 42% der Klagen richten sich gegen einen Ablehnungsbescheid des Bundesamtes. Weitere 28% der Kläger haben subsidiären Schutz gem. § 4 I Nr. 3 AsylG erhalten und fordern nun die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft oder die Anerkennung als Asylberechtigter. Diese Zahlen ähneln weitgehend den bundesweiten Zahlen.

Klagebestand bundesweit

Die Zahl der Klagen gegen Asylbescheide muss im Gesamtkontext der Entscheidungszahlen bewertet werden.

Bei ablehnenden Bescheiden liegt die Klagequote über alle Herkunftsländer in 2017 bisher bei 47,3%. Hier gibt es, verglichen mit den Vorjahren, keine größeren Abweichungen.

Jahr Anzahl Ablehnungen Klagequote gegen ablehnende Entscheidungen
2013 60.850 57,0 %
2014 88.348 55,8 %
2015 141.811 31,9 %
2016 261.813 43,2 %
2017* 118.959 47,3 %

*1. Quartal 2017

Seit 2016 klagen vermehrt syrische Antragsteller mit subsidiärem Schutz auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Hintergrund ist die aktuelle Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte. Das Bundesamt gewährt lediglich subsidiären Schutz, wenn keine konkreten individuellen Verfolgungsmaßnahmen glaubhaft gemacht werden. Ein großer Teil der Obergerichte hat die Entscheidungen des BAMF bereits bestätigt (unter anderem: OVG Schleswig-Holstein, OVG Rheinland-Pfalz, der Bayerische VGH, das OVG des Saarlandes und das OVG Nordrhein-Westfalen). Die Obergerichte haben entschieden, dass allein wegen illegaler Ausreise aus Syrien und Asylantragstellung im Ausland keine Verfolgung bei Rückkehr nach Syrien droht, welche die Gewährung von Flüchtlingsschutz begründen kann.

Die Gerichte haben in Asylgerichtsverfahren (Klagen, Berufungen, Revisionen) mehrheitlich nicht zugunsten der klagenden Asylbewerber entschieden:

Jahr Gerichtsentscheidungen davon zugunsten der Antragsteller in %
2013 31.075 4.013 12,9%
2014 40.748 4.130 10,1%
2015 62.828 2.640 4,2%
2016 70.904 9.299 13,1%
2017* 20.684 4.934 23,9%

*1. Quartal 2017

Die aktuelle Entwicklung, dass in Gerichtsverfahren vermehrt zu Gunsten der Antragsteller entschieden wird, ist hauptsächlich auf erstinstanzliche Urteile in Klageverfahren syrischer Antragsteller zurückzuführen. In vielen Fällen haben die Gerichte den Klägern zunächst den höherwertigen Flüchtlingsschutz in erster Instanz zuerkannt. In Berufungsverfahren wurde die Entscheidungspraxis des Bundesamtes durch Obergerichte aber größtenteils bestätigt.

Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge