Dossier: Integrationskurse , Datum: 14.06.2019, Format: Dossier, Bereich: Integration

Sprache ist der Schlüssel zur Integration , Datum: 14.06.2019, Format: Meldung, Bereich: Integration

Für die Integration von Zuwanderinnen und Zuwanderern ist es besonders wichtig, die deutsche Sprache schnell und gut zu erlernen – ihr kommt eine Schlüsselfunktion zu: Je eher Sprachkenntnisse in der neuen Heimat erworben werden, umso besser stehen die Chancen, alle Potenziale zu entfalten und über eine uneingeschränkte Teilhabe an der Gesellschaft ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Deutschkenntnisse helfen den Menschen, wenn sie Arbeit suchen, Formulare ausfüllen müssen, ihre Kinder in der Schule unterstützen oder sich in das Vereinsleben sowie die Nachbarschaft integrieren möchten.

Für eine gelungene Integration bedarf es mehr als der reinen Sprachkompetenz. So ist es von großer Bedeutung, dass Zuwanderinnen und Zuwanderer frühzeitig die Geschichte, Kultur und Werte der Aufnahmegesellschaft kennenlernen. Beides – Sprache und Werte – vermitteln in Deutschland nach bundesweit einheitlichen Standards und auf der Grundlage des Zuwanderungsgesetzes die Integrationskurse, für die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig ist. Sie dienen der erfolgreichen Vermittlung deutscher Sprachkenntnisse und helfen den Menschen, sich in der neuen Gesellschaft zurechtzufinden.

Daher richten sich die Integrationskurse in erster Linie an Zugewanderte ohne ausreichende Deutschkenntnisse. Die individuellen Lernvoraussetzungen der Zugewanderten sind heterogen. Sie werden beispielweise durch das Bildungsniveau, das Alter, den soziokulturellen Hintergrund bestimmt oder wie gut die eigene Muttersprache oder weitere Fremdsprachen mündlich und schriftlich beherrscht werden. Um für jeden Bedarf das passende Angebot zu haben, bietet das Bundesamt ein ausdifferenziertes Kurssystem an.

Der (Allgemeine) Integrationskurs wurde im Jahr 2005 auf Grundlage des Zuwanderungsgesetzes eingeführt (Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern). Seitdem haben mehr als 2,1 Millionen Menschen an einem Integrationskurs teilgenommen, davon mehr als eine Million seit 2015.
Zu den Aufgaben des BAMF gehören neben der Steuerung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen auch die Erstellung der pädagogischen Konzepte und Testverfahren für die Integrationskurse sowie die Zulassung der Integrationskursträger, Lehrkräfte und Teilnehmenden. Die Qualitätssicherung wird durch die laufende Betreuung der Träger durch die sogenannten Regionalkoordinatoren (ReKos) des BAMF und durch unangemeldete Kontrollen vor Ort gewährleistet.

Im Jahr 2018 starteten in Deutschland rund 15.000 Integrationskurse, an denen aktuell oder bereits früher Zugewanderte, Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, Asylbewerberinnen und Asylbewerber mit einer guten Bleibeperspektive, Geduldete und Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 V AufenthG teilnahmen. Etwa jeder vierte Kursteilnehmende kam aus einem Land der Europäischen Union. Auch integrationsbedürftige Deutsche können zu einem Integrationskurs zugelassen werden.
Zugewanderte, die nicht durch Ausländerbehörde, Jobcenter oder Sozialbehörde zur Teilnahme verpflichtet sind, können freiwillig einen Kurs beginnen.
Übrigens: 2018 nahmen erstmals mehr Frauen als Männer an einem Integrationskurs teil.

Der Integrationskurs ist ein nach unterschiedlichen Lernbedürfnissen ausdifferenziertes Kurssystem. Er wird in Vollzeit angeboten, kann jedoch in Ausnahmefällen, etwa bei einer Berufstätigkeit, auch in Teilzeit besucht werden. Eine Kinderbetreuung ermöglicht auch jungen Eltern die Teilnahme an einem Kurs.
Den Teilnehmenden stehen dabei acht verschiedene Kursarten zur Verfügung. Die Angebote der Spezialkurse richten sich an Frauen, Jugendliche, Menschen mit guten Lernvoraussetzungen, Analphabeten, Zweitschriftlerner sowie an Seh- und Hörbehinderte. Damit wird das Bundesamt seinem Anspruch, niemanden bei der Integration zurückzulassen, gerecht.

Der Allgemeine Integrationskurs stellt mit etwa zwei Dritteln aller Kursteilnehmenden seit vielen Jahren die am häufigsten besuchte Kursart dar, gefolgt vom Alphabetisierungskurs mit rund einem Viertel aller Kursteilnehmenden.

Verschiedene Kursangebote

  • Allgemeiner Integrationskurs: 600 Stunden Sprachkurs + 100 Stunden Orientierungskurs
  • Kurse für spezielle Zielgruppen: Jugend-, Frauen-, Eltern-, Alphabetisierungs-, Zweitschriftlerner- und Förderkurse: 900 Stunden Sprachkurs + 100 Stunden Orientierungskurs
  • Intensivkurs: 400 Stunden Sprachkurs + 30 Stunden Orientierungskurs

Der Sprachkurs des Integrationskurses schließt mit dem skalierten "Deutsch-Test für Zuwanderer" (DTZ) ab, der das individuelle Sprachniveau der Teilnehmenden misst. Das Sprachniveau B1 des Integrationskurses ist ein hohes Ziel, in fast allen europäischen Ländern ist A2 das angestrebte Ziel. In dem skalierten Sprachtest nach Abschluss des Integrationskurses wird ermittelt, ob Teilnehmende dieses Ziel oder ein darunterliegendes Niveau erreicht haben. Dabei ist das Sprachniveau A2 für Menschen, die zunächst eine für sie fremde Schrift oder über einen Alphabetisierungskurs erst lesen und schreiben lernen, bereits ein großer Erfolg. Der Sprachprüfung schließt sich der Test "Leben in Deutschland" (LiD) als Abschlusstest im Orientierungskurs an. Besteht ein Kursteilnehmender sowohl die Sprachprüfung DTZ auf der Stufe B1 als auch den Test LiD, erhält er mit dem "Zertifikat Integrationskurs" eine Bescheinigung über den erfolgreichen Abschluss des Integrationskurses.

Verschiedene Sprachniveaus

Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen (GER)

Der GER ist ein System, das (fremd-) sprachlich-kommunikative Kompetenzen beschreib- und messbar macht. So werden sprachliche Fähigkeiten transparent und vergleichbar - unabhängig vom Notensystem des einzelnen europäischen Landes. Grundlage des GER ist eine sechsstufige Skala. Jede Stufe ist mit genauen Angaben zu den jeweiligen Fertigkeiten (Lesen, Schreiben, Hören und Sprechen) verbunden. Die Skala des GER reicht von A1 (erste Sprachversuche) bis C2 (beinahe muttersprachliches Niveau).

Im Gespräch

Ein Gespräch mit Uta Saumweber-Meyer, die seit vielen Jahren im Bereich der Integration für das Bundesamt tätig ist und inzwischen die Abteilung leitet, die u. a. für die Integrationskurse zuständig ist:

Sie haben viel Erfahrung im Bereich Integrationskurs sammeln können. Wenn Sie einmal zurückblicken, wie würden Sie den Entwicklungsprozess beschreiben? Was hat sich im Laufe der Jahre verändert?

Saumweber-Meyer: In erster Linie zunächst die Anzahl der Teilnehmenden an den Integrationskursen: 2005 hatten gut 130.00 Menschen die Kurse besucht, bis 2013 lag die Teilnehmerzahl – mit einem leichten Rückgang in den Jahren 2010 bis 2012 – zwischen 114.000 bis 122.000. Ab 2014 nahm die Nachfrage zu und erreichte mit knapp 340.000 Menschen im Jahr 2016 den Höchstwert. Im vergangenen Jahr verzeichneten wir gut 200.000 Teilnehmende.

Aber im Laufe der Jahre haben sich nicht nur die Anzahl der Geflüchteten, sondern auch die Länder, aus denen die Menschen nach Deutschland kamen, verändert.

Saumweber-Meyer: In der Tat, das merken wir auch in den Integrationskursen, insbesondere hinsichtlich sprachlicher Voraussetzungen sowie kultureller Hintergründe. Heutzutage müssen mehr Teilnehmende zunächst die lateinische Schrift lernen, die Zahl der Teilnehmenden an Alphabetisierungskursen ist seit 2015 deutlich gestiegen. Daher reagieren wir auf diese Veränderungen, indem wir unser Kurskonzept und die Anforderungen an die Lehrkräfte anpassen. Unser Ziel ist, die Menschen in den Integrationskursen umfassend und systematisch zu fördern und für jeden ein passendes Angebot parat zu haben. Ich glaube dies gelingt uns auch – wenn ich zurückdenke haben wir 2005 mit einer Kursart begonnen, heute ist unser Angebot wesentlich differenzierter und vielfältiger.

Aber Deutsch ist eine schwere Sprache. Nicht jeder erreicht das gewünschte Sprachniveau B1 im Integrationskurs. Woran liegt das?

Saumweber-Meyer: Das ist zunächst kein Beinbruch. Man muss sich gedanklich nur einmal in die Situation der Menschen versetzen und sich vorstellen, selbst in 600 Unterrichtsstunden Arabisch lernen zu müssen. Ich glaube, jeder würde sich über kleine Erfolge freuen.
Daher ist der abschließende Sprachtest auch ein "skalierter" Test. Die Teilnehmenden erreichen eine Punktzahl, aus der sich das Sprachniveau ableiten lässt. Viele Teilnehmende erzielen mit dem niedrigeren Sprachniveau A2 einen Erfolg, der mit Rücksicht auf das initiale Bildungsniveau vieler Teilnehmenden – teilweise sogar ohne Grundschulbildung – und der gestiegenen linguistischen Distanz beachtlich ist. Dies gilt in besonderem Maße für geflüchtete Analphabeten.

Wie geht es mit den Menschen weiter, die nicht so schnell Deutsch lernen?
Erreichen Teilnehmende nicht das Sprachniveau B1, ist dies nicht das Ende der Sprachförderung. Sie können zu einem Aufbausprachkurs mit zusätzlichen Unterrichtseinheiten zugelassen werden und den Deutsch-Test für Zuwanderer wiederholen. Da die Integrationskurse aber auch modular mit der berufsbezogenen Deutschförderung verbunden sind, werden diese Kurse auch für Personen angeboten, die nicht das Sprachniveau B1 erreicht haben.

Blätterfunktion

Inhalt

  1. Sprache ist der Schlüssel zur Integration
  2. Der Allgemeine Integrationskurs
  3. Der Jugendintegrationskurs
  4. Der Alphabetisierungskurs
  5. Der Frauenintegrationskurs
  6. Der Elternintegrationskurs
  7. Der Intensivkurs
  8. Der Integrationskurs für Zweitschriftlernende
  9. Integrationskurse für Menschen mit Beeinträchtigungen
  10. Der Orientierungskurs
  11. Lehrkräfte im Integrationskurs