Dossier: Freiwillige Rückkehr und Reintegration , Datum: 22.10.2020, Format: Dossier, Bereich: Rückkehr

Vielfältige Programme bieten individuelle Unterstützung für Ausreise und Neustart , Datum: 09.04.2024, Format: Meldung, Bereich: Rückkehr

Für viele Migrantinnen und Migranten ist die Entscheidung, freiwillig in ihr Herkunftsland zurückzukehren, ein großer Schritt, der mit vielen Herausforderungen verbunden ist. Die Unterstützung einer Rückkehr in Würde ist dabei von großer Bedeutung: Sie wird ermöglicht durch Rückkehr- und Reintegrationsprogramme, die in Form von finanziellen Hilfen sowie umfangreicher Hilfestellung bei der Reiseorganisation zur Realisierung der freiwilligen Rückkehr beitragen.

Seit mehr als 45 Jahren unterstützt das REAG-Programm Menschen bei der freiwilligen Rückkehr in ihr Herkunftsland und begleitet sie bei einem Neubeginn vor Ort. Dabei ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nur gesetzlich zuständig für die Koordinierung der jeweiligen Unterstützungsprogramme, sondern wirkt auch aktiv an Projekten zur Förderung der freiwilligen Rückkehr und nachhaltigen Reintegration mit. Dank verschiedener Programme gelingt so eine immer bessere individuelle Unterstützung rückkehrender Migrantinnen und Migranten.

Im Folgenden werden die drei umfassendsten Programme REAG/GARP 2.0, StarthilfePlus und EURP (EU Reintegration Programme) vorgestellt. Das Informationsportal www.returningfromgermany.de/de/programmes bietet darüber hinaus einen detaillierten Überblick über alle bundesweiten und Bundesländer-spezifischen Rückkehrförderprogramme.

REAG/GARP 2.0:
Bewährtes humanitäres Hilfsprogramm zur geförderten freiwilligen Rückkehr

Mehr als 700.000 freiwillige Ausreisen in über 100 Länder wurden über das Rückkehrförderprogramm REAG durchgeführt. Seit 1979 unterstützt das Programm als erstes seiner Art in ganz Europa mittellose Personen, die wieder in ihr Herkunftsland oder einen anderen aufnahmebereiten Drittstaat zurückkehren. Das "Reintegration and Emigration Program for Asylum-Seekers in Germany", kurz REAG, ist das seit Jahren erfolgreichste und größte bundesweite humanitäre Hilfsprogramm zur Förderung der freiwilligen Ausreise. Zehn Jahre nach der Einführung wurde 1989 mit dem "Government Assisted Repatriation Program", kurz GARP, eine weitere Komponente zur finanziellen Unterstützung der Rückkehrenden geschaffen. Seit der Zusammenführung zum REAG/GARP 2.0-Programm hat das von Bund und Ländern gemeinsam finanzierte Unterstützungsangebot eine europaweite Vorreiterrolle inne und dient als Vorbild für Rückkehrprogramme anderer europäischer Staaten.

Als tragende Säule der freiwilligen Rückkehr- und Reintegrationsangebote ist das Kernziel des REAG/GARP 2.0-Programms, die Reisekosten Ausreisewilliger zu übernehmen und die einmalige Ausreise zu organisieren. Das Programm dient als essentielles Bindeglied zwischen der Rückkehrberatung und der nachhaltigen Reintegration im Herkunftsland.

Die Förderung erfolgt durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Auftrag des Bundesministeriums des Innern und für Heimat gemeinsam mit den Bundesländern. Umgesetzt wird es durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Rückkehrinteressierte können Unterstützung in Form einer Rückkehr- und einer Starthilfe bekommen. Die Rückkehrhilfe gliedert sich in die Übernahme der Reisekosten (beispielsweise für das Flugticket) sowie die Zahlung einer zusätzlichen Reisebeihilfe. Zusätzlich zu diesen Rückkehrhilfen kann eine einmalige Starthilfe für Staatsangehörige aus bestimmten Herkunftsländern gewährt werden. Potenziell Rückkehrende können durch die neuen Förderoptionen innerhalb der Regelförderung eine finanzielle Starthilfe erhalten, die der ersten Orientierung beim persönlichen Neuanfang im Zielland dienen soll.
Darüber hinaus ist unter bestimmten Voraussetzungen auch eine medizinische Unterstützung – zum Beispiel die Kostenübernahme von Medikamenten – möglich.

Wie viel Unterstützung eine rückkehrinteressierte Person erhalten kann, ist unter anderem abhängig von der Staatsangehörigkeit. Mögliche Unterstützungsleistungen im Einzelnen sind:

  • Flug- oder Busticket
  • Fahrtkosten vom Wohnort zum Flughafen oder (Bus-)Bahnhof
  • Geld für die Reise (Reisebeihilfe)
  • medizinische Unterstützung: während der Reise und im Zielland (für bis zu drei Monate nach Ankunft im Zielland)
  • einmalige Förderung
  • Gegebenenfalls: Einmaliger Sonderbetrag bei frühzeitiger Ausreise

Die Förderung beantragen können Drittstaatsangehörige,

  • die ein Asylbegehren (Asylgesuch) geäußert, aber noch keinen rechtswirksamen Asylantrag gestellt haben
  • die sich im Asylverfahren befinden,
  • deren Asylantrag abgelehnt wurde und die nachvollziehbar ausreisepflichtig sind,
  • die asylberechtigt sind oder eine Duldung besitzen,
  • denen der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen gewährt wurde,
  • die im Wege des Familiennachzugs nach Deutschland zu einer förderfähigen Person eingereist sind, aber selbst nicht zum förderfähigen Personenkreis gehören.

Förderberechtigt sind darüber hinaus auch EU-Staatsangehörige, die Opfer von Zwangsprostitution oder Menschenhandel wurden.

Anhand verschiedener Symbole wird der Ablauf eines Rückkehrprozesses mit REAG/GARP-Förderung dargestellt.Größer darstellen Quelle: IOM

Die Unterstützung bei der freiwilligen Ausreise sowie bei der Beantragung der finanziellen Hilfen kann nur durch nichtstaatliche Rückkehrberatungsstellen, wie zum Beispiel Wohlfahrtsverbände, NGOs oder anderen Organisationen, sowie staatliche Beratungsstellen, wie beispielsweise die zuständigen kommunalen Stellen wie Sozialämter oder Ausländerbehörden erfolgen. Die Beratungsstellen helfen überdies auch bei der konkreten Vorbereitung einer Rückkehr. Das BAMF organisiert sodann in Abstimmung mit der Beratungsstelle und den Rückkehrenden die Reise.

Das Programm REAG/GARP 2.0 bildete den Grundstein dafür, dass Bund und Länder in inzwischen mehr als 40 Ländern ergänzende individuelle Reintegrationsleistungen anbieten. Damit wird sichergestellt, dass in Deutschland ein gezielt auf die Bedürfnisse rückkehrwilliger Migrantinnen und Migranten zugeschnittenes Angebot zur geförderten freiwilligen Rückkehr besteht.

StarthilfePlus:
Unterstützung für den Neuanfang

Unterstützung bei der Planung der Rückreise, die Übernahme der Reisekosten sowie die Zahlung einer ersten Starthilfe im Rahmen von REAG/GARP 2.0 ist für mittellose Migrantinnen und Migranten nur der erste Schritt einer freiwilligen Rückkehr ins Herkunftsland oder für die Weiterwanderung in einen aufnahmebereiten Drittstaat. Um eine neue Lebensperspektive zu entwickeln und den Grundstein für einen erfolgreichen Neuanfang zu legen, ist eine weitere finanzielle Starthilfe (StarthilfePlus) oftmals entscheidend. Das Bundesprogramm StarthilfePlus ergänzt das humanitäre Hilfsprogramm REAG/GARP 2.0 seit 2017 durch zusätzliche Reintegrationsunterstützung Rückkehrender in mehr als 40 Ländern. Ziel ist die dauerhafte soziale und wirtschaftliche Wiedereingliederung im Herkunftsland.

Voraussetzung für die Gewährung dieser zusätzlichen Unterstützung ist, dass eine freiwillige Rückkehr mit dem REAG/GARP 2.0-Programm bewilligt wurde. Abhängig vom Zielland werden nach erfolgter Ausreise im Zielland in Folge Sachleistungen oder finanzielle Hilfen gewährt.

Hand hält einen Stift über einem Blatt Papier. Bei der Beantragung von Unterstützung durch die Förderprogramme zu Rückkehr und Reintegration helfen die Rückkehrberatungsstellen vor Ort. Quelle: iStock | skynesher

Rückkehrende in Zielländer mit einer zweiten Starthilfe erhalten sechs bis acht Monate nach erfolgter Ausreise in den Länderbüros der IOM in den Zielländern eine Einmalzahlung. Vorausgesetzt wird, dass die geförderten Rückkehrenden persönlich erscheinen und sich zweifelsfrei ausweisen können. Mit der zweiten Starthilfe kann dabei in vielen Fällen einige Monate nach der erfolgten Rückkehr finanzielle Unterstützung vor Ort im Zielland geleistet werden.

Viele Rückkehrende müssen sich ein Zuhause für die Familie komplett neu aufbauen. Für einige Zielländer wird durch das Programm StarthilfePlus eine Reintegrationsunterstützung im Bereich Wohnen gewährt. Diese beinhaltet Sachleistungen wie Bau-, Renovierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sowie Basismobiliar und Grundausstattung für Küche und sanitäre Anlagen. Außerdem können Mietkosten inklusive der Nebenkosten übernommen werden. 2019 wurde die bisherige StarthilfePlus-Programmkomponente "Wohnraumunterstützung" in die Regelförderung innerhalb des StarthilfePlus-Programms für ausgewählte Zielländer (Aserbaidschan, Iran und Libanon) übernommen. Rückkehrende können damit für bis zu zwölf Monate innerhalb eines begrenzten Budgets einen Zuschuss zu den Wohnkosten erhalten.

Rückkehrinteressierte aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien, Georgien, Ukraine (derzeit ausgesetzt) und Republik Moldau, bei denen eine mindestens zweijährige Duldung in Deutschland vorliegt, können ebenfalls spezifische Reintegrationsförderungen erhalten. Diese können (abhängig vom jeweiligen Zielland) neben einer einmaligen finanziellen Unterstützung auch Sachleistungen in den Bereichen Wohnen und medizinische Versorgung innerhalb eines begrenzten Budgets umfassen.

Anhand verschiedener Symbole wird der Ablauf im Programm StarthilfePlus dargestellt.Größer darstellen Quelle: BAMF-IOM-Rückkehrstudie, S. 17 (siehe "Downloads")

EURP:
Individuelle Unterstützung im Herkunftsland

Ins Heimatland rückkehren in Würde – das ist für freiwillig Rückkehrende oft ein ausgeprägter Wunsch. Ein gewichtiger Baustein für eine nachhaltige Wiedereingliederung Rückkehrender in ihrem Herkunftsland bildet das EURP (EU Reintegration Programme), an dem sich Deutschland beteiligt. Das EURP wird von der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (FRONTEX) finanziert und ermöglicht konkrete Reintegrations-unterstützung in ausgewählten Zielländern. Dabei trägt das EURP durch EU-weite Zusammenarbeit dazu bei, die Rückkehrverfahren und die Qualität der Unterstützungsleistungen zu verbessern. Als Element der europäischen Rückkehrpolitik dient es dazu, eine humane und nachhaltige Rückkehr von Migrantinnen und Migranten mit irregulärem Status in deren Herkunftsländer oder aufnahmebereite Drittstaaten zu ermöglichen. Die derzeit insgesamt fünf lokalen Partner vor Ort (Caritas International Belgium, European Technology and Training Centre (ETTC), IRARA, Life Makers Foundation und WELDO) unterstützen den gesamten Reintegrationsprozess als Reintegrationspartner.

Die Antragstellung für eine EURP-Förderung erfolgt im Regelfall über eine Rückkehrberatungsstelle. Das Bundesamt prüft und bewilligt die Anträge. Bereits vor der geplanten Ausreise wird Kontakt mit dem lokalen Reintegrationspartner hergestellt, um den Bedarf an Reintegrationsunterstützung im Herkunftsland zu ermitteln. Unmittelbar nach der Ankunft unterstützt der Reintegrationspartner die freiwillig Rückkehrenden bei der ersten Orientierung im Zielland mit der Kurzzeit-Unterstützung (dem "Post Arrival Package"), beispielsweise durch Abholung am Flughafen, durch Unterstützung bei der Weiterreise innerhalb des Ziellandes oder Bereitstellung einer vorübergehenden Unterbringung.

Daran anschließend erstellen die freiwillig Rückkehrenden gemeinsam mit dem Reintegrationspartner einen endgültigen, an den verfügbaren finanziellen Unterstützungsleistungen sowie den Bedürfnissen und Fähigkeiten der zurückgekehrten Person oder Familie ausgerichteten Reintegrationsplan mit der Langzeit-Unterstützung (dem "Post Return Package"). Mögliche Hilfsleistungen können dann beispielsweise soziale und medizinische Unterstützung sein, Schulbildung und Sprachunterricht, Unterstützung bei der Jobsuche und Arbeitsvermittlung, berufliche Ausbildung oder Existenzgründungshilfe. Spezielle Hilfsangebote gibt es überdies für besonders schutzbedürftige Personen.

Für die Umsetzung der geplanten Reintegrationsmaßnahmen im Rahmen des "Post Return Package" ist in der Regel ein Zeitraum von bis zu zwölf Monaten nach der Ausreise vorgesehen. Die EURP-Hilfen werden grundsätzlich als Sachleistungen gewährt. Hilfen aus anderen Programmen (zum Beispiel REAG/GARP 2.0) und EURP-Leistungen können kombiniert und ergänzend eingesetzt werden. Für einige Länder bestehen überdies Sonderprojekte, bei denen Akteure aus dem Rückkehrbereich und der Entwicklungshilfe zusammenarbeiten und über die zusätzliche, die EURP-Leistungen ergänzende Hilfen beantragt werden können.

Neben diesen Grundprogrammen der geförderten freiwilligen Rückkehr und Reintegration sind weitere Informationen zu herkunftslandspezifischen Reintegrationsprogrammen über das Informationsportal ReturningfromGermany.de sowie die Internetseite des Bundesamtes abrufbar. Die Maßnahmen aller Programme zielen dabei stets auf die erste Stabilisierung im Herkunftsland sowie der darauf aufbauenden nachhaltigen Reintegration der Menschen.

Blätterfunktion

Inhalt

  1. Migration ganzheitlich gestalten: Freiwillige Rückkehr als Chance
  2. "Wir unterstützen Rückkehrende dabei, ihre eigene Perspektive zu entwickeln"
  3. "Als wir in Erbil landeten, hatte ich das Gefühl, wieder atmen zu können"
  4. Informiert entscheiden: Die ersten Schritte einer freiwilligen Rückkehr
  5. Wie Rückkehrberatung Orientierung gibt
  6. Vielfältige Programme bieten individuelle Unterstützung für Ausreise und Neustart