Jahresrückblick 2021 , Datum: 30.12.2021, Format: Dossier, Bereich: Behörde

Digital inklusiv , Datum: 28.06.2021, Format: Meldung, Bereich: Behörde , CIC-Thementag zur Barrierefreiheit

Bei der digitalen Fachveranstaltung des Creative Information Technology Center (CIC) des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellten Expertinnen und Experten am 24. Juni rechtliche Anforderungen, theoretische Überlegungen und praktische Anwendungsbeispiele einer barrierefreien IT in Behörden vor. Auch der fachliche Austausch mit den über 100 Teilnehmenden rund um die Vorträge kam nicht zu kurz. Um wirklich digital inklusiv zu sein, muss Barrierefreiheit von Anfang an konsequent mitgedacht werden.

Unterschiedliche Nutzungsszenarien

"Wir haben den festen Willen, für alle Beschäftigten Software zu entwickeln", formuliert der Chief Technology Officer (CTO) des BAMF, Kausik Munsi, das Ziel. Wieso für alle? Geht es denn beim Thema Barrierefreiheit nicht vornehmlich darum, IT so zu gestalten, dass auch Menschen mit Behinderungen diese nutzen können? Doch, darum geht es in jedem Fall. Wer Barrierefreiheit jedoch darauf reduziert, unterliegt womöglich bereits den ersten "gedanklichen" Barrieren. Vielmehr geht es darum, IT für Menschen mit Beeinträchtigungen zugänglich zu machen. Solche Beeinträchtigungen können jede und jeden zumindest zeitweise betreffen. Temporäre Beeinträchtigungen können ein gebrochener Arm oder ein Mausarm, eine zerbrochene Brille, eine Migräneattacke und vieles mehr sein.

Sehr eindrücklich und nachvollziehbar skizzierte das Testteam des BAMF die unterschiedlichen Verfahren, mit denen es IT-Verfahren auf Barrierefreiheit prüft und Nutzungsszenarien abbildet. So prüft das Team unter anderem: Sind Hintergrundfarbe und Schriftfarbe ausreichend kontrastreich? Lassen sich Anwendungen oder Websites sauber mit der Tastatur bedienen? Sind Struktur, Inhalt und Bedienelemente sinnvoll programmiert, so dass sie auch von einem Screen-Reader – einem Programm, das Bildschirmin­halte vorliest – korrekt und nachvollziehbar ausgegeben werden? Letzteres demonstrierte das BAMF-Testteam den Teilnehmenden mit der Aufforderung, die Augen zu schließen und einmal nur der Stimme eines Screen-Readers zu lauschen.

"Augen zu und durch?"

Porträtfoto eines Mannes. BAMF-Gruppenleiter und -CTO Kausik Munsi. Quelle: BAMF

Die IT in Behörden barrierefrei und damit inklusiv umzusetzen, erfordert deutlich mehr als nur getreu dem Motto "Augen zu und durch" Anwendungen zu prüfen und so anzupassen, dass in Testverfahren ausreichend viele Punkte erzielt werden. Diese Testverfahren, zum Beispiel zur Prüfung auf Barrierefreiheit nach der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informations­technik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BITV2.0) sind ein wichtiger Bestandteil einer umfassenden, inklusiven Digitalstrategie. Die Prüfkataloge versuchen, die gesetzlichen Anforderungen messbar und überprüfbar zu machen. Das erlaubt es etwa auch der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik (BFIT), die Einhaltung der Gesetze nicht nur abstrakt, sondern sehr konkret anzumahnen. Doch zu einem umfassenden Ansatz, wie ihn etwa das BAMF und die Bundesagentur für Arbeit verfolgen, gehört es, Barrierefreiheit und Nutzbarkeit von IT-Verfahren bei der Softwareentwicklung von Anfang an mitzudenken und so in Einklang zu bringen, anstatt sie als Gegenpole zu verstehen.
"Barrierefreiheit kann auf Basis normierter Tests nur vermutet werden, aber Barrierefreiheit ist eine ganzheitliche Aufgabe, von deren Erfüllung viel mehr Menschen betroffen sind, als man gemeinhin glaubt", fasst es BAMF-CTO Munsi zusammen.

Auf den Weg gemacht

Das Bild zeigt René Matthäi im Porträt: Er hat braune Haare, braune Augen, einen leichten Bart und trägt ein Sakko und ein Hemd. René Matthäi ist im BAMF Referent für Softwarequalität. Quelle: BAMF

Die gesetzlichen Anforderungen an öffentliche Einrichtungen zur Herstellung barrierefreier IT bestehen auf europäischer und nationaler Ebene, wie der Deutsche Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS) eindrücklich erläuterte. Für Behörden gilt es, diese Vorgaben zu erfüllen. "Das geht schneller und ist nachhaltiger, wenn wir die passenden Hilfestellungen bieten, etwa durch wiederverwendbare Beispiele oder unsere Expertinnen und Experten", betont René Matthäi, Referent für Softwarequalität im BAMF. Dazu ist es wichtig innerhalb der Behörden weiterhin Aufmerksamkeit und Bewusstsein für Barrierefreiheit zu schaffen, die zuständigen Organisationseinheiten miteinander zu vernetzen und auch den Austausch zwischen den Behörden zu stärken, um gegenseitig von den Erfahrungen zu profitieren – so wie es die Teilnehmenden des CIC-Thementages selbst erlebten. Noch sind nicht alle IT-Anwendungen in Behörden barrierefrei, doch der Weg hin zu einer inklusiven Digitalisierung wurde eingeschlagen.

Hinweis: Um die Zugänglichkeit des Thementages zu erhöhen, wurde die Veranstaltung durch Gebärdendolmetschende begleitet.

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Inhalt

  1. Intuitiv, attraktiv, aktuell
  2. Fachkräfteeinwanderungsgesetz
  3. Frauen in Migration und Integration im Fokus
  4. "Muslimisches Leben in Deutschland ist vielfältig"
  5. BAMF schreibt Erfolgsgeschichte weiter
  6. Digital inklusiv
  7. "UNHCR und BAMF sind eng verzahnt"
  8. BAMF-Forschungsdatenzentrum nimmt Betrieb auf
  9. Aufnahme afghanischer Ortskräfte
  10. Fachtagung: Asylrecht in der Praxis
  11. Freiwillige Rückkehr als Option
  12. Chance für ein lebendiges jüdisches Leben in Deutschland
  13. "Mehr als nur Sport"