Geförderte Rückkehr aus Deutschland: erste wissenschaftliche Ergebnisse , Datum: 20.11.2019, Format: Meldung, Bereich: Behörde

Heute haben das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) Erkenntnisse aus der Studie "Geförderte Rückkehr aus Deutschland: Motive und Reintegration" der Öffentlichkeit vorgestellt. In der ersten wissenschaftlichen Begleitstudie zum Rückkehrförderprogramm StarthilfePlus (Forschungsbericht 34) untersuchen BAMF und IOM Rückkehrmotive und Reintegration von gefördert ausgereisten Personen aus Deutschland.

Maria Bitterwolf und Tatjana Baraulina, beide wissenschaftliche Mitarbeiterinnen beim BAMF-Forschungszentrum, und Martin Schmitt vom IOM haben den Forschungsbericht verfasst. Im Interview erläutern sie die wichtigsten Erkenntnisse

Ein Mann und zwei Frauen blicken in die Kamera. v.l.n.r.: Tatjana Baraulina (BAMF-FZ), Maria Bitterwolf (BAMF-FZ) und Martin Schmitt (IOM) Quelle: BAMF


In Ihrem Forschungsbericht "Geförderte Rückkehr aus Deutschland: Motive und Reintegration" evaluieren Sie das Rückkehrförderprogramm StarthilfePlus. Dabei widmen Sie sich besonders den Fragen, warum sich die Programmteilnehmenden für die Rückkehr entscheiden und welche Rolle das Programm dabei spielt. Sie fragen aber auch danach, wie die Befragten an ihrem Rückkehrort ankommen. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse und was hat Sie am meisten überrascht?

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Maria Bitterwolf

Position: Wissenschaftliche Mitarbeiterin

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BITTERWOLF: Ein Ergebnis der Befragung ist, dass die mangelnde Bleibeperspektive das wichtigste Motiv für die Rückkehr der Befragten ist. Dieses Ergebnis ist nicht überraschend. Denn das Programm StarthilfePlus wurde eingeführt, um vor allem Ausreisepflichtige und Personen mit sehr geringen Erfolgschancen im Asylverfahren bei einer möglichst frühzeitigen Entscheidung zur freiwilligen Ausreise zu unterstützen. Allerdings haben wir in der Befragung auch gesehen, dass die rechtliche Situation selten der einzige Grund ist. In der Regel liegen mehrere Motive für die Rückkehrentscheidung vor. Beispielsweise stellt der Wunsch, in der Nähe von Familie und Freunden zu sein, ein sehr wichtiges Rückkehrmotiv dar.

SCHMITT: Ein interessantes Ergebnis ist auch, dass das Fördergeld nur in seltenen Fällen die grundsätzliche Rückkehrbereitschaft begünstigt. Denken Personen über eine Rückkehr nach, kann die finanzielle Unterstützung eine letztendliche Entscheidung durchaus beeinflussen. 53 Prozent der befragten Personen sagen, dass sich die finanzielle Förderung auf ihre Rückkehrentscheidung ausgewirkt hat. Das gilt vor allem für Befragte mit hohen Ausreisekosten, zum Beispiel Familien. Für ein sehr wichtiges Ergebnis halten wir, dass neben der finanziellen Unterstützung die Rückkehrberatung eine große Rolle im Entscheidungsprozess spielt. Sie ist für die Mehrheit der Befragten relevant.

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Tatjana Baraulina

Position: Referatsleiterin

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BARAULINA: In der Studie hat sich sehr deutlich gezeigt, welche Bedeutung die finanzielle Förderung nach der Rückkehr hat. Das Geld wird vor allem für die Deckung der täglichen Bedarfe in den ersten Monaten verwendet. Sie ist eine wichtige Überbrückungsleistung, da die meisten Rückkehrenden zunächst kein ausreichendes eigenes Einkommen erwirtschaften. Die Befragten geben allerdings häufig an, dass sie sich eine noch weiterführende Reintegrationsförderung wünschen - insbesondere im Hinblick auf die Suche nach Arbeit und der Gründung eines eigenen Unternehmens. Dieses Anliegen ist gut nachvollziehbar, da die Befragten acht Monate nach der Rückkehr moderate Beschäftigungsquoten von rund 39 Prozent erreichen.


Was waren besondere Herausforderungen bei der Realisierung der Studie?

SCHMITT: Von Beginn an haben uns viele Unsicherheiten begleitet. Das liegt auch daran, dass es bislang nur sehr wenige Erfahrungen mit größeren Befragungen von Rückkehrenden gibt. Sind Personen einmal ausgereist, ist es sehr schwierig, sie zu erreichen. In unserer Studie haben wir versucht, möglichst viele Rückkehrende zu befragen. Deshalb haben wir eine Online-Befragung konstruiert. Der Fragebogen stand dabei in verschiedenen Sprachen zur Verfügung. Da wir nicht wussten, wie viele Rückkehrende Zugang zum Internet haben und an der Befragung teilnehmen können, haben wir für Personen, die an der Befragung teilnehmen wollten, Tablets in den IOM-Länderbüros bereitgestellt. Die Mitarbeitenden dort haben bei Bedarf unterstützt, beispielsweise wenn Befragte nicht lesen konnten. Die Koordination der Befragung in zwölf Ländern war definitiv eine Herausforderung. Dass alles gut funktioniert hat, verdanken wir einerseits der Unterstützung des Bereichs "Rückkehr" im Bundesamt, aber auch der IOM-Länderbüros vor Ort. Insgesamt konnten wir die Angaben von 1.339 Personen auswerten. Wir sind sehr zufrieden, dass wir so viele Personen erreicht haben.


Wie geht es mit dem Forschungsprojekt weiter und was passiert mit den Ergebnissen?

BITTERWOLF: In dem Forschungsprojekt arbeiten wir eng mit den Programmverantwortlichen beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, BAMF und bei IOM zusammen. Die Ergebnisse werden für die Weiterentwicklung des Programms genutzt. Ein sehr positives Ergebnis ist, dass mehr als 80 Prozent der Befragten mit StarthilfePlus zufrieden sind: mit der Beratung, der Organisation und der finanziellen Förderung. Dies zeigt uns, dass das Programm gut angenommen und von den Teilnehmenden als hilfreich erachtet wird.

BARAULINA: Es ist auch geplant, eine Folgebefragung durchzuführen. Die Idee dazu kam auf, weil sich die meisten Studienteilnehmenden zum Zeitpunkt unserer Befragung noch nicht sehr lange – etwa sechs bis acht Monate – in den Rückkehrländern aufgehalten haben. Deshalb können wir auf der Grundlage der bisherigen Daten nur sehr eingeschränkt valide Aussagen zur Nachhaltigkeit der Rückkehr machen. An die Möglichkeit einer Folgebefragung hatten wir daher von Anfang an gedacht und die Teilnehmenden gefragt, ob wir sie erneut mit einem Fragebogen kontaktieren dürfen. Die Bereitschaft dazu ist glücklicherweise groß: ca. 70 Prozent der Befragten haben zugestimmt. Deshalb hoffen wir, möglichst viele Rückkehrende noch einmal zu erreichen.

SCHMITT: Die Wiederholungsbefragung bereiten wir im Moment vor. Die IOM-Länderbüros werden uns wieder unterstützen. Wenn wir mit der Befragung beginnen, sind nach der Ausreise aus Deutschland etwa zwei Jahre vergangen. Wir möchten also längerfristige Reintegrationsverläufe analysieren. Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob die Befragten in der Lage sind, sich eine nachhaltige Lebensperspektive vor Ort aufzubauen.

Die vollständige Fassung des Forschungsberichts finden Sie nachfolgend.


Begleitstudie zum Programm StarthilfePlus Format: Forschungs­bericht, Dieser Download ist in weiteren Sprachen verfügbar

Der Forschungsbericht 34 legt erste Analysen und Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt "Evaluation des Rückkehrförderprogramms StarthilfePlus" vor. Hierbei untersuchen das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) Rückkehrmotive und Reintegration von gefördert ausgereisten Personen aus Deutschland.