Tag der Menschen mit Behinderung: Vielfalt in der Integrationsarbeit , Datum: 03.12.2019, Format: Meldung, Bereich: Behörde

Der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung ist ein von den Vereinten Nationen ausgerufener Aktions- und Gedenktag und wird jährlich am 3. Dezember gefeiert. Yasmina Ouakidi liegt dieser Tag besonders am Herzen. Sie leitet das Integrationsprojekt Lebens-WERTE Vielfalt inklusiv! (LEWI), das Menschen mit und ohne Behinderung zusammenbringt.

Der heutige Aktionstag hat das Ziel, das Verständnis für Menschen mit Behinderung zu fördern. Was bedeutet dieser Tag für das Integrationsprojekt LEWI und für Sie persönlich?

Yasmina Ouakidi: Die Vision des Projektträgers ist eine gerechte, barrierefreie Welt, in der alle Menschen – unabhängig von Behinderung, Krankheit, Geschlecht, Religion, Hautfarbe, sexueller Orientierung, Herkunft und Sprache – das Recht haben, vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu sein und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dies zu realisieren erfordert einen Wertediskurs. Unser Projekt LebensWERTE Vielfalt inklusiv setzt genau hier an. Es schafft Erfahrungs-, Handlungs-, Begegnungs- und Dialogräume, in denen verhandelt wird, wie ein gleichberechtigtes Leben in Vielfalt zusammen gestaltet werden kann. Insofern ist jede einzelne Veranstaltung im LEWI-Projekt eine Aktivität im Sinne des Gedenktages für Menschen mit Behinderung.

Unsere Zielgruppe und auch deren Angehörige sehen sich tagtäglich mit Diskriminierung und ausschließenden Strukturen konfrontiert – und berichten mir davon. Insofern ist der Aktionstag für Menschen mit Behinderung für mich auch mit einer großen Hoffnung verbunden: Die Öffentlichkeit muss darauf aufmerksam gemacht werden, wie häufig Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft und mit Behinderung weltweit massiven Diskriminierungen sowie Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.

Wie kann man bei Menschen, die keine Behinderung haben, ein Bewusstsein für Menschen mit Behinderung schaffen?

Yasmina Ouakidi: Eine Sensibilisierung erreicht man durch partizipative auf Diversität ausgelegte Angebote, bei denen unter anderem Menschen mit und ohne Behinderung und unterschiedlicher kultureller Herkunft, die Möglichkeit haben, sich bei gemeinsamen Aktivitäten kennenzulernen. Denn dort werden Vorbehalte abgebaut und es findet ein Austausch statt, der die Belange von Menschen mit Behinderung aufzeigt.

Diese Aktivitäten können ganz unterschiedlich aussehen. Jugendliche verschiedener kultureller Herkunft sowie mit und ohne Behinderung haben bei uns in einem Workshop beispielsweise zusammen mehrere Fotostorys erstellt. Diese spiegelten vor allem die Erfahrungen von jungen Menschen mit Behinderung wider. Vor Kurzem erst haben Teilnehmende eines inklusiven Familienseminars bei LEWI gemeinsam einen Film mit dem Titel "Werte im Grundgesetz – die(se) sind uns wichtig" produziert.

Was kann Ihrer Meinung nach jeder Einzelne dafür tun, damit wir eine inklusive Gesellschaft werden, in der jeder Mensch – unabhängig von Herkunft oder Beeinträchtigung – Teilhabe erfährt?

Yasmina Ouakidi: Eine Möglichkeit ist es, sich selbst folgende Fragen zu stellen: Wie vielfältig sind die gesellschaftlichen Kontexte, in denen ich mich bewege? Habe ich am Arbeitsplatz, in der Schule, im Sportverein oder in meiner Nachbarschaft mit einer homo- oder heterogenen Gruppe von Menschen zu tun? Ist die Homogenität vorherrschend, dann sollte sich jede und jeder Einzelne fragen, warum das bei ihm trotz der heterogenen Gesellschaft so ist. Zudem sollte man die eigene Haltung, die Sprache und Verhaltensweisen immer wieder reflektieren und sich gegenseitig für das Thema sensibilisieren, ohne andere dabei zu verurteilen. Inklusion ist ein Prozess und ein inklusives Miteinander ist immer wieder neu auszuhandeln.