Reisen von Schutzberechtigten in ihr Herkunftsland , Datum: 11.11.2019, Format: Meldung, Bereich: Behörde

Wie gehen die EU-Mitgliedstaaten, Norwegen und die Schweiz mit Schutzberechtigten um, die in ihr Herkunftsland reisen? Wann führt eine solche Reise zu einem Widerruf des Schutzstatus? Welche Auswirkungen hat dies auf den Aufenthaltsstatus? Diese und weitere Fragen beleuchtet der neue EMN-Synthesebericht.

Einzelne Schutzberechtigte reisen mitunter temporär in ihr Herkunftsland oder nehmen Kontakt zu den Behörden ihres Herkunftslandes auf. Diese Praxis ist in zahlreichen europäischen Ländern in den vergangenen Jahren kontrovers diskutiert worden. Hintergrund ist die Frage, inwiefern Reisen in das Herkunftsland zum Verlust des Schutzes führen bzw. unter welchen Voraussetzungen von einem Widerruf des Schutzstatus abgesehen wird. An der Studie beteiligten sich 24 EU-Mitgliedstaaten, Norwegen und die Schweiz.

Der EMN-Synthesebericht beschreibt den internationalen und europäischen Rechtsrahmen und die jeweilige Übersetzung in die nationale Gesetzgebung. Die Kenntnislage in den einzelnen Staaten zu Reisen von Schutzberechtigten in ihr Herkunftsland und den Kontakten zu Behörden des Herkunftslandes wird benannt. Des Weiteren werden die individuellen Beweggründe der Schutzsuchenden für eine Reise in ihr Herkunftsland erläutert und in wie weit diese in möglichen Widerrufsverfahren berücksichtigt werden.

Zentrale Ergebnisse

Die gestiegene mediale und politische Aufmerksamkeit für das Thema hat in zahlreichen Mitgliedstaaten in den vergangenen Jahren zu rechtlichen und verwaltungspraktischen Anpassungen geführt (u.a. Zentralisierung der Informationsflüsse, verstärkte behördliche und internationale Kooperationen, Aufbau spezialisierter Einheiten in belgischen und schweizerischen Asyl- und Migrationsbehörden zur Nachverfolgung von Reisen).

Das tatsächliche Ausmaß der Reisen von Schutzberechtigten in ihr Herkunftsland bleibt schwierig zu bemessen, allerdings legen die vorhandenen Daten nahe, dass es sich insgesamt um geringe Personenzahlen handelt.

Es gibt eine Vielzahl an Beweggründen für Schutzberechtigte in ihr Herkunftsland zu reisen. Die häufigsten Gründe umfassen Familienbesuche, Krankheitsfälle von Familienangehörigen und die Teilnahme an Hochzeiten oder Beerdigungen. Ein Teil dieser Gründe für eine Reise ins Herkunftsland ist mit dem Status als Schutzberechtigter vereinbar, andere jedoch nicht.

Die meisten Staaten halten für Schutzberechtigte Informationen über mögliche Konsequenzen einer Reise in ihr Herkunftsland vor. Beispielsweise wird ein Vermerk im Reiseausweis vorgenommen, sodass dieser für alle Staaten mit Ausnahme des jeweiligen Herkunftslandes gültig ist.

Die meisten Staaten betrachten eine Reise in das Herkunftsland als Indikator, um die Schutzgründe erneut zu überprüfen bzw. ein Widerrufsverfahren einzuleiten. Eine Reise in das Herkunftsland an sich stellt in der Regel noch keinen ausreichenden Grund zum Widerruf des Schutzstatus dar. Vielmehr kommt es auf die individuellen Umstände und Beweggründe an.

Die Überprüfung der individuellen Beweggründe gestaltet sich komplex und bringt zahlreiche Herausforderungen für die zuständigen Behörden mit sich.

In allen an der Studie beteiligten Staaten kann der Widerruf des Schutzstatus auch Auswirkungen auf den Aufenthaltsstatus haben. Ebenso kann ein Widerruf Auswirkungen auf den Schutz- und Aufenthaltsstatus der Familienangehörigen haben.

Die Ergebnisse der nationalen Untersuchung können Sie in der EMN-Studie "Reisen von Schutzberechtigten in ihr Herkunftsland – Berechtigungen, Meldewege und Widerrufsverfahren" nachlesen (auf Deutsch und Englisch). Eine ausführliche Darstellung der vergleichenden Ergebnisse auf europäischer Ebene erhalten Sie im EMN-Synthesebericht. Das EMN-Inform bietet eine verkürzte Fassung, während der EMN-Flash die zentralen Ergebnisse in aller Kürze beleuchtet (alle drei Vergleichspublikationen nur auf Englisch).


EMN-Synthesebericht: Reisen von Schutzberechtigten in ihr Herkunftsland Format: Synthesebericht

Der Synthesebericht fasst die Ergebnisse aus 24 EU-Mitgliedstaaten, Norwegen und der Schweiz zusammen. Es werden die behördlichen Verfahrens- und Meldewege bei Bekanntwerden einer Reise von Schutzberechtigten in ihr Herkunftsland beschrieben, der internationale, europäische und nationale Rechtsrahmen dokumentiert sowie die individuellen Beweggründe von Schutzberechtigten für eine solche Reisen benannt.