Schutzgewährung ukrainischer Geflüchteter – die TPD-Richtlinie , Datum: 13.05.2024, Format: Meldung, Bereich: Behörde , EMN Deutschland Paper und und Einladung zum EMN-Workshop

Geflüchtete aus der Ukraine haben Zugang zu Wohnraum, Arbeit, Bildung, Gesundheitsversorgung und sozialer Sicherung. Die EU-Richtlinie über den vorübergehenden Schutz (TPD-Richtlinie) sichert ihnen diese Rechte zu. Wie die EU-Richtlinie in Deutschland umgesetzt wird, hat die nationale Kontaktstelle des Europäischen Migrationsnetzwerks (EMN) nun untersucht. Die Ergebnisse der Studie werden im Rahmen eines virtuellen EMN-Workshops am 12. Juni 2024 vorgestellt. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus den Niederlanden und Litauen werden bewährte Praktiken und Herausforderungen diskutiert. Sie können sich ab sofort zum Workshop anmelden.

Die EU-Richtline über den vorübergehenden Schutz (Temporary Protection Directive oder die TPD-Richtlinie) ist keine neue Erfindung, sie entstand mit Blick auf die Erfahrungen aus den Kriegen auf dem Westbalkan in den 1990er-Jahren und der hieraus resultierenden großen Fluchtbewegungen. Ziel der Richtlinie ist die Gewährung kollektiven Schutzes im Falle eines außergewöhnlich starken "Zustroms von Flüchtlingen" in die Europäische Union, die nicht in ihr Land zurückkehren können – insbesondere wegen Krieg, Gewalt oder Verletzungen der Menschenrechte. Deswegen hieß die Richtlinie bis 2022 "Massenzustrom-Richtlinie". Durch den Wegfall aufwändiger Einzelfallentscheidungen sollen die nationalen Asylsysteme entlastet werden. Zugleich setzt die EU-Richtlinie Mindeststandards beim Zugang zu sozialen Leitungen und zur Teilhabe am Arbeitsmarkt.

Als nationale Kontaktstelle für das Europäische Migrationsnetzwerk (EMN) hat das Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) die Praxis und die Herausforderungen bei der Anwendung der TPD-Richtlinie zum Schutz von Geflüchteten aus der Ukraine untersucht. "Im Fokus der Studie steht der Zugang zu den im Rahmen der Richtlinie gewährten Rechten in den Bereichen Wohnen, Arbeit, Sozialleistungen und Bildung. Zudem werden im Zusammenhang mit der Implementierung der Richtlinie bewährte Praktiken und der Umgang staatlicher Akteure mit Herausforderungen analysiert", so Philipp Heiermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter im BAMF-FZ.

Teilhabe am Arbeitsmarkt und Bildungsbeteiligung stehen im Fokus

Die Schutzberechtigten aus der Ukraine haben in Deutschland vollen Arbeitsmarktzugang und erhalten Leistungen nach dem SGB II und SGB XII. Die Beschäftigungsquote der ukrainischen Geflüchteten liegt im Sommer 2023 bei etwa 19 Prozent und ist damit zum Vorjahr (14,6 Prozent) gestiegen. Hürden bestehen noch mit Blick auf eine qualifikationsadäquate Beschäftigung und Anerkennung von Schul- und Berufsabschlüssen der ukrainischen Geflüchteten. Mit Maßnahmen wie dem Aktionsplan "Job-Turbo zur Arbeitsmarktintegration" soll die Arbeitsmarktintegration weiter vorangetrieben werden.

Im September 2023 besuchten über 210.000 ukrainische Schülerinnen und Schüler deutsche Schulen. Neben der Integration in den regulären Schulbetrieb werden auch ukrainische Lehrkräfte und Unterrichtsmaterialen eingesetzt sowie die Online-Teilnahme am ukrainischen Fernunterricht unterstützt. Für ukrainische Studierende besteht ein erleichterter Zugang zum Hochschulsystem.

Mehrheit der Ukrainerinnen und Ukrainer wohnen privat

Bei der Unterbringung der ukrainischen Geflüchteten spielen private Unterkünfte eine zentrale Rolle. Anfang 2023 waren 79 Prozent der Betroffenen privat untergebracht . "Vor allem die bestehenden sozialen Kontakte in Deutschland sowie das zivilgesellschaftliche Engagement sind ausschlaggebend dafür, dass Geflüchtete in Privatwohnungen statt in Gemeinschaftsunterkünften leben", so Kaan Atanisev, wissenschaftlicher Mitarbeiter im BAMF-FZ.

Erfordernis einer Nachfolgeregelung zur TPD-Richtlinie

Geflüchtete aus der Ukraine erhalten über die TPD-Richtlinie schnell und unkompliziert vorübergehenden Schutz in Deutschland nach § 24 Aufenthaltsgesetz. Mittel- bis langfristige Aufenthaltsperspektiven in Deutschland sind damit aufgrund des begrenzten Geltungszeitraums jedoch nicht möglich. Die Studie zeigt, dass bisher nur ein sehr geringer Teil der Geflüchteten aus der Ukraine den Schritt in eine andere Form des Aufenthaltstitels vollzogen hat. Nur 3,4 Prozent wechselten bisher in einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildung, des Studiums oder der Beschäftigung. Dies dürfte daran liegen, dass ukrainische Geflüchtete die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für einen solchen Wechsel noch nicht erfüllen.

Eine Nachfolgeregelung für den Aufenthalt der durch die Richtlinie geschützten Personen für die Zeit nach März 2025 gibt es derzeit nicht, wäre aber dringend notwendig. Dies würde den Geflüchteten helfen, eine klare Perspektive zu entwickeln, und den beteiligten Behörden ermöglichen, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen.


Einladung zum EMN Deutschland-Workshop am 12. Juni 2024

Der englischsprachige EMN Deutschland-Workshop zum Thema "Ukrainische Geflüchtete in der EU: Umsetzung der Richtlinie zum vorübergehenden Schutz und mögliche Szenarien nach deren Ablauf" findet online am 12. Juni von 10:30 bis 12:00 Uhr statt. Wir laden Sie hierzu herzlich ein!
Anmeldeschluss ist am 7. Juni 2024

Hier finden Sie nähere Informationen zur Veranstaltung und können sich anmelden.


Richtlinie über den vorübergehenden Schutz von Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland Format: EMN Deutschland Paper, Dieser Download ist in weiteren Sprachen verfügbar

Das EMN Deutschland Paper widmet sich der Umsetzung der Richtlinie zum vorübergehenden Schutz von Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland.