Resettlement und NesT-Programm , Datum: 14.02.2023, Format: Artikel, Bereich: Asyl und Flüchtlingsschutz

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Resettlement

Resettlement, also die "Umsiedlung" von Geflüchteten, soll eine organisierte und dauerhafte Aufnahme von Flüchtlingen aus Drittstaaten ermöglichen. Die Betroffenen haben in dem Land ihrer ersten Zuflucht weder die Perspektive auf Integration noch auf eine Rückkehr in ihr Herkunftsland. Es richtet sich meist an Menschen, die besonders aufgrund ihrer rechtlichen und physischen Verfassung, ihres Alters (Kinder und ältere Menschen), ihres Geschlechts (alleinstehende Frauen) und ihrer Erfahrungen im Heimatland (Opfer von Gewalt/Folter) zu schützen sind. Der sogenannte Resettlementbedarf wird vom Hohen Flüchtlingsrat der Vereinten Nationen (UNHCR) festgestellt.

Mit der Anordnung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) vom 11. Dezember 2018 wurden die Resettlementverfahren in den Jahren 2018 und 2019 gemäß §23 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes zur Aufnahme bestimmter Flüchtlinge unterschiedlicher Staatsangehörigkeit oder staatenloser Flüchtlinge aus den Erstaufnahmeländern Ägypten, Äthiopien, Jordanien und aus dem Libanon sowie ggf. über den UNHCR Evakuierungsmechanismus aus Libyen angeordnet.

Auswahlkriterien

Eine Bewerbung zur Aufnahme in das Resettlement-Verfahren ist nicht vorgesehen. Nach einem Prüfverfahren schlägt der UNHCR dem BAMF Geflüchtete zur Auswahl vor. Um von einer Aufnahme profitieren zu können, muss die betroffene Person außerhalb ihres Heimatlandes Schutz gesucht haben und damit als Flüchtling im Rahmen einer vom UNHCR durchgeführten Flüchtlingsstatusüberprüfung anerkannt sein. Erst wenn ein entsprechender Auswahlvorschlag dem Bundesamt zugeht, können die Kriterien gemäß der geltenden Aufnahmeanordnung des BMI geprüft werden.

Eine Aufnahme nach Deutschland erfolgt nach einem Auswahlinterview des BAMF und einer Befragung der Sicherheitsbehörden nach folgenden Kriterien:

  • Wahrung der Einheit der Familie
  • Familiäre oder sonstige integrationsförderliche Bindungen nach Deutschland
  • Integrationsfähigkeit (wie etwa Grad der Schul-/Berufsausbildung, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse)
  • Grad der Schutzbedürftigkeit bestimmter Personengruppen wie Frauen, Kindern, älteren und kranken Menschen.

Chronik und Ausblick über Aufnahmequoten

In der Pilotphase von 2012 bis 2014 wurden pro Jahr 300 Schutzbedürftige aufgenommen. Diese wurden grundsätzlich vom UNHCR vorgeschlagen.

Im Jahr 2012 wurden in diesem Rahmen Flüchtlinge verschiedener Staatsangehörigkeit aus Tunesien sowie Iraker aus der Türkei aufgenommen. Im Jahr 2013 wurden über das Resettlementprogramm irakische, iranische und syrische Flüchtlinge ausschließlich aus dem Aufnahmeland Türkei aufgenommen. Im Jahr 2014 wurden Schutzsuchende verschiedenster Staatsangehörigkeiten (z.B. Irak, Somalia, Sri Lanka, China, Afghanistan) sowie Staatenlose aus Syrien und aus Indonesien aufgenommen. Das Pilotprojekt wurde Ende 2014 erfolgreich abgeschlossen.

Die Resettlementquote für das Jahr 2015 wurde in Einvernehmen zwischen Bund und Ländern auf 500 Personen angehoben. Dabei wurden in diesem Rahmen im Jahr 2015 Flüchtlinge unterschiedlicher Staatsangehörigkeit und Staatenlose aus Ägypten, Sudan und aus dem Libanon aufgenommen.

Die 500er-Quote wurde in den Jahren 2016/2017 mit dem Resettlementprogramm der EU-KOM (Migrationsagenda) verrechnet. Die Gesamtquote für die zwei Jahre betrug 1.600 Schutzsuchende. Im Jahr 2017 gab es ein weiteres Resettlementprogramm in Ägypten. Die Quote für den 1:1-Mechanismus des EU-Türkei Abkommens wurde für die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen genutzt.

Deutschland plant, sich im Zeitraum 2018/2019 mit insgesamt 10.200 Plätzen am EU-Resettlement-Programm zu beteiligen. Die Aufnahmezahlen für 2018/2019 setzen sich wie folgt zusammen: 9.200 Plätze auf Bundesebene und 500 Plätze für ein angekündigtes humanitäres Aufnahmeprogramm auf Landesebene. 500 zusätzliche Plätze werden im Rahmen eines Pilotprojektes zur Verfügung gestellt, mit dem auf Bundesebene ein privates Sponsorenprogramm für Resettlement-Flüchtlinge durchgeführt werden soll.

Rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Basis des Resettlementverfahrens bildet § 23 Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (AufenthG). Das Bundesamt ist für die Durchführung des Aufnahme- und Verteilverfahrens gem. § 75 Nr. 8 AufenthG zuständig.
Deutschland führt seit dem Jahr 2012 Resettlementverfahren durch. Seit dem 1. August 2015 besteht eine eigene Rechtsgrundlage für Geflüchtete aus Erstaufnahmeländern, die im Rahmen eines Resettlement – Verfahrens des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Deutschland aufgenommen werden können.

Aufenthaltstitel
Die Resettlement - Flüchtlinge erhalten nach der Einreise nach Deutschland einen Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 4 AufenthG und müssen kein Asylverfahren durchlaufen. Mit einer Asylantragstellung erlischt die nach § 23 Abs. 4 AufenthG erteilte Aufenthaltserlaubnis gem. § 51 Abs. 1 Nr. 8 AufenthG automatisch. Für die Dauer der Durchführung des Asylverfahrens wird eine Aufenthaltsgestattung ausgestellt. Die Verlängerung des Aufenthaltstitels richtet sich nach § 8 AufenthG. Nach drei Jahren ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

Wohnsitz
Die Flüchtlinge werden nach ihrer Ankunft nach einem festgelegten Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Für die Verteilung findet § 24 Abs. 3 und 4 des AufenthG entsprechende Anwendung (§ 23 Abs. 3 AufenthG). Außerdem erhalten sie eine Wohnsitzauflage. Die Personen haben ihre Wohnung und ihren gewöhnlichen Aufenthalt an dem Ort zu nehmen, der ihnen zugewiesen wurde (§ 23 Abs. 4 S. 2 AufenthG i. V.m. § 24 Abs. 5 S. 2 AufenthG). Der Umzug in einen anderen Landkreis oder in ein anderes Bundesland ist dabei an Auflagen (z.B. Arbeitsplatzsuche oder Studium) gebunden.

Arbeitsaufnahme
Ab Erhalt der Aufenthaltserlaubnis ist die Erwerbstätigkeit gestattet (§ 23 Abs. 4 S. 2 AufenthG i.V.m. § 23 Abs. 2 S. 5 AufenthG).

Familiennachzug
Bezüglich des Familiennachzugs gelten die Regelungen der §§ 27 ff. AufenthG. Vorrangig ist der Familiennachzug für die Kernfamilie, also Ehegatten und minderjährige Kinder, möglich. Für andere Familienangehörige besteht diese gesetzliche Möglichkeit nicht bzw. nur in eng begrenzten Ausnahmefällen.

AufenthG

NesT - Neustart im Team

Logo NesT-Programm

Das Programm "Neustart im Team (NesT) – staatlich-gesellschaftliches Aufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge" wurde am 9. Mai 2019 als Pilotprojekt offiziell vorgestellt. Das NesT-Programm wird gemeinsam verantwortet vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (IntB) und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Das Programm NesT wurde zum 1. Januar 2023 als reguläres Aufnahmeprogramm des Bundes verstetigt.

2023 sollen im Rahmen des Programms bis zu 200 Flüchtlinge zusätzlich (zum regulären Resettlement) aus den Ländern wie Ägypten, Libanon, Kenia, Libyen und Jordanien aufgenommen werden, die durch Mentoring-Gruppen unterstützt werden.

Ziel von NesT ist es, durch zivilgesellschaftliche Unterstützung zusätzliche Aufnahmeplätze zur Verfügung zu stellen und die grundsätzliche Aufnahmebereitschaft in der Gesellschaft zu erhöhen.

Die Mentorinnen und Mentoren verpflichten sich,

  • den Flüchtlingen Wohnraum zur Verfügung zu stellen (Zahlung von Kaltmiete oder Einräumen eines Wohnrechts) und
  • diese darüber hinaus praktisch zu unterstützen (z.B. bei Behördengängen, Eröffnung eines Bankkontos, Anmeldung bei einer Schule, Vermittlung von Kontakten zu (Sport-)Vereinen).

Die operative Durchführung des Programmes erfolgt durch das BAMF (Auswahl der Flüchtlinge, Prüfung der Anträge der Mentorinnen und Mentoren sowie das Matching der Mentoring-Gruppen mit den Flüchtlingen).

Das BAMF prüft die Anträge der Mentoring-Gruppen. Wenn die Mentorinnen und Mentoren folgende Voraussetzungen erfüllen, werden sie auf eine Vermittlungsliste aufgenommen:

  • Teilnahme an Schulung der Zivilgesellschaftlichen Kontaktstelle (ZKS),
  • keine relevante Eintragung im polizeilichen Führungszeugnis,
  • keine sicherheitsrelevanten Erkenntnisse,
  • Nachweis über Einrichtung eines Mietkontos bzw. über Nutzung eines Vereins-, Kirchen-, Stiftungs- oder Unternehmenskontos,
  • Unterstützungsplan erstellt.

Kontakt

Zivilgesellschaftliche Kontaktstelle (ZKS)

Telefon +49 2304 7554 545
E-Mail: Nachricht schreiben
Internet: NesT-Programm: Neustart im Team

Im zweiten Schritt erfolgt das sogenannte Matching zwischen Flüchtlingen und Mentorinnen und Mentoren durch das BAMF. Ausschlaggebend sind die Größe der Flüchtlingsfamilie und die Größe des Wohnraums, den die Mentorinnen und Mentoren zur Verfügung stellen. Dabei wird auf besondere Bedarfe der Flüchtlinge Rücksicht genommen (z.B. gesundheitliche Bedarfe, Barrierefreiheit des Wohnraums).

Für alle Fragen zum NesT-Programm steht die ZKS, getragen von dem Deutschen Caritasverband, dem Deutschen Roten Kreuz und der Evangelischen Kirche von Westfalen, zur Verfügung.