EU-Binnenmigration , Format: Artikel, Bereich: Behörde

Ein genauerer Blick auf die Zu- und Fortzüge von EU-Staatsangehörigen (inkl. Vereinigtes Königreich, ohne deutsche Staatsangehörige) im Jahr 2020 zeigt: Die Zahl der Zuzüge ist mit 601.093 im Vergleich zum Vorjahr um 19,7 Prozent zurückgegangen (2019: 748.994). Die zeitlich begrenzten Einreisebeschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie führten für fast alle Staatsangehörigkeiten zu einer starken Abnahme der Zuzüge, aber auch der Fortzüge. Ausnahmen waren nur Österreich und Luxemburg, für deren Staatsangehörige stiegen die Zuzüge im Vergleich zum Vorjahr um 0,6 Prozent bzw. 22,2 Prozent. Der Anteil von ausländischen EU-Staatsangehörigen an der Gesamtzuwanderung betrug damit 50,7 Prozent (2019: 48,1 Prozent).

Die Zahl der Fortzüge von EU-Staatsangehörigen aus Deutschland war im Jahr 2020 ebenfalls rückläufig und summierte sich auf 491.740 (-22,7 Prozent, 2019: 636.479 Fortzüge). Der Anteil der EU-Binnenmigration an der Gesamtabwanderung fiel von 51,7 Prozent im Jahr 2019 auf 50,9 Prozent im Jahr 2020. Insgesamt betrug damit der positive Wanderungssaldo der EU-Bürgerinnen und -Bürger +109.353; auch dieser fällt im Vergleich zum Vorjahr etwas niedriger aus (2019: +112.515).

Abbildung 1: Zu- und Fortzüge von EU-Staatsangehörigen nach Deutschland in 20191 und 20202

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Quelle: Statistisches Bundesamt, Wanderungsstatistik


33,0 Prozent der Zuzüge von EU-Staatsangehörigen entfielen auf rumänische (2019: 32,7 Prozent) und 17,0 Prozent auf polnische Staatsangehörige (2019: 17,2 Prozent). Damit stellten Staatsangehörige aus diesen beiden Mitgliedstaaten im Jahr 2020 die Hälfte aller Zuzüge im Rahmen der EU-Binnenmigration. Weitere bedeutende Gruppen sind Staatsangehörige aus Bulgarien mit 12,7 Prozent (2019: 11,7 Prozent), Italien mit 6,1 Prozent (2019: 6,7 Prozent) und Kroatien mit 5,5 Prozent (2019: 6,5 Prozent),

Bei den Fortzügen entfielen im Jahr 2020 31,7 Prozent auf Staatsangehörige aus Rumänien (2019: 31,2 Prozent), 19,4 Prozent auf polnische Staatsangehörige (2019: 19,9 Prozent). Damit stellten Staatsangehörige aus diesen beiden Mitgliedstaaten auch die Hälfte der Gesamtabwanderung im Rahmen der EU-Binnenmigration. 10,5 Prozent der Fortzüge waren bulgarische (2019: 10,4 Prozent), 6,5 Prozent italienische (2019: 6,6 Prozent) und 4,9 Prozent kroatische (2019: 4,8 Prozent) Staatsangehörige. Insgesamt haben sich somit – bei einem Rückgang der absoluten Zahlen – kaum Strukturverschiebungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeiten der zu- und abwandernden Personen ergeben.

Freizügigkeit

EU-Staatsangehörige sowie Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) oder der Schweiz sind freizügigkeitsberechtigt, das heißt sie können sich innerhalb der Mitgliedstaaten der EU frei bewegen, wohnen und arbeiten. Für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten benötigen EU-Staatsangehörige lediglich einen gültigen Personalausweis oder Reisepass, weitere Voraussetzungen müssen sie nicht erfüllen. Ein Visum ist nicht nötig.

Für einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Nach § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) sind Personen freizügigkeitsberechtigt, die:

  • Arbeitskräfte oder selbständig Beschäftigte sind oder angestellt arbeiten oder in einer Ausbildung oder einem Studium sind,
  • auf Arbeitssuche sind,
  • zwar nicht erwerbstätig sind und weder ein Studium noch eine Ausbildung absolvieren, aber über genügend finanzielle Mittel für Ihren Lebensunterhalt und über eine ausreichende Krankenversicherung verfügen,
  • durch einen rechtmäßigen Aufenthalt von fünf Jahren ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben, oder
  • Personen mit unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach einer Beschäftigung von mindestens einem Jahr (nach weniger als ein Jahr Beschäftigung bleibt das Recht auf Freizügigkeit für sechs Monate).

Mitreisende oder nachziehende Familienangehörige haben das gleiche Recht, auch wenn sie nicht aus der EU, dem EWR oder der Schweiz kommen. Dies gilt für Ehepartnerinnen und Ehepartner bzw. eingetragene Lebenspartnerschaften und Kinder bis zum 21. Lebensjahr.

Sonderfall Großbritannien

Das Vereinigte Königreich trat am 31. Januar 2020 aus der Europäischen Union aus. In dem zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich geschlossenen Austrittsabkommen wurde eine Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020 vereinbart, während der das EU-Recht im und für das Vereinigte Königreich grundsätzlich weiterhin galt. In Deutschland wurde dies mit dem Brexit-Übergangsgesetz (BrexitÜG) normiert. Dies hieß für Britinnen und Briten sowie für ihre Familienangehörigen, dass sie bis zum Ablauf der Übergangsfrist noch freizügigkeitsberechtigt waren.

Aufgrund des "unterjährigen" Austritts und der geschilderten, bis Ende 2020 andauernden rechtlichen Gleichstellung der britischen Staatsangehörigen mit anderen Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern wird in diesem Bericht das Vereinigte Königreich grundsätzlich noch als zur EU gehörig betrachtet, soweit die Datenbasis dies erlaubt. Ab dem Berichtsjahr 2021 zählt es als Drittstaat.


Hinweis

Weiterführende Informationen zum Thema "EU-Binnenmigration" in einer PDF-Datei sowie den dazugehörigen Tabellen-Anhang finden Sie unter "Downloads".


Fußnoten

  1. Die Wanderungszahlen 2019 enthalten Abmeldungen von Amts wegen von EU-Staatsangehörigen, die im Rahmen der Europawahl von Meldebehörden vorgenommen wurden. Aus diesem Grund ist die Fortzugszahl 2019 nur beschränkt mit den Werten davor und danach vergleichbar.
  2. Inkl. Vereinigtes Königreich. Im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie kann es ab Mitte März 2020 aufgrund von Einschränkungen im Publikumsverkehr von Meldebehörden oder verlängerten Fristen zur An- und Abmeldung zu einer zeitlich verzögerten Erfassung von Wanderungsfällen in der Statistik kommen.