2020: Migration im Schatten der Pandemie , Format: Artikel, Bereich: Behörde

Im Jahr 2020 setzten sich die bereits in den Vorjahren sichtbaren rückläufigen Tendenzen im Migrationsgeschehen nach Deutschland fort. Die Nettozuwanderung nach Deutschland lag mit rund 1,19 Millionen Zuzügen und 966.000 Fortzügen – und damit einem Saldo von +220.000 Personen – erneut unter dem Vorjahreswert (2019: +327.000). Dies stellte den fünften jährlichen Rückgang der Nettomigration in Folge und den geringsten Wert seit 2011 dar. Im Jahr 2020 sind rund 24 Prozent weniger Personen zugezogen und 22 Prozent weniger Personen über die Grenzen Deutschlands fortgezogen als 2019. Dieser starke Rückgang an registrierten Wanderungen fällt überwiegend in den Zeitraum von März bis Dezember 2020, in welchem weltweite Reisebeschränkungen durch die COVID-19-Pandemie galten. Im Zuge dessen sank der Wanderungssaldo von Staatsangehörigen aus der Europäischen Union (EU inkl. Vereinigtes Königreich) leicht auf ein Plus von nur noch 109.000 Personen (2019: +113.000, Rückgang um 3 Prozent). Die Zuzüge gingen dabei vor allem für rumänische und polnische Staatsangehörige zurück. Der Wanderungssaldo von Drittstaatsangehörigen sank hingegen gegenüber 2019 deutlich stärker um 48 Prozent (von +215.000 auf +111.000 Personen).

102581

Asylerstanträge wurden 2020 gestellt.

Mit 102.581 Asylerstanträgen stellten rund 40.000 Personen bzw. 28 Prozent weniger erstmals einen Antrag als im Vorjahr (2019: 142.509). 26 Prozent dieser Anträge (26.520) gingen auf Kinder im Alter von unter einem Jahr zurück, die bereits in Deutschland geboren wurden (2019: 31.415, 22 Prozent), die übrigen 74 Prozent (76.061) auf grenzüberschreitende Erstanträge (2019: 111.094). Die Zahl der Asylerstanträge zuzüglich des Resettlements und der humanitären Aufnahmen, des Familiennachzugs zu Schutzberechtigten sowie abzüglich der Rückführungen und der freiwilligen Rückkehr ergibt eine Nettozuwanderung von ca. 98.000 Personen (mit in Deutschland Geborenen im Alter von unter einem Jahr) bzw. ca. 71.400 Personen (ohne in Deutschland Geborene im Alter von unter einem Jahr).

Neben der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und den Auswirkungen der dazu beschlossenen nationalen und internationalen Maßnahmen auf das Migrations- und Integrationsgeschehen war das Jahr 2020 außerdem durch den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU am 31. Januar 2020 geprägt. Bis 31. Dezember 2020 lief – entsprechend dem zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich geschlossenen Austrittsabkommen die in Deutschland mit dem Brexit-Übergangsgesetz (BrexitÜG) normierte Übergangsphase, während der das EU-Recht im und für das Vereinigte Königreich grundsätzlich weiterhin galt. Das Land war in dieser Zeit noch Teil des EU-Binnenmarktes und der Zollunion; Britinnen und Briten und ihre Familienangehörigen waren weiterhin noch freizügigkeitsberechtigt.

Auf europäischer Ebene legte die EU-Kommission am 23. September 2020 – unter der deutschen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 – ihr neues Migrations- und Asylpaket vor, außerdem neue Aktionspläne für Integration und Inklusion sowie zur Bekämpfung von Rassismus. Umstritten unter den Mitgliedstaaten blieben im Rahmen des New Pact on Migration and Asylum Reformen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Gemeinsames Verständnis besteht jedoch unter den Mitgliedstaaten darin, den umfassenden Ansatz der externen Dimension der Flucht- und Migrationspolitik aufzuwerten und die Kooperation mit wichtigen Herkunfts-, Transit- und Aufnahmeländern durch ausgewogene und maßgeschneiderte Partnerschafen zu intensivieren. Die sich zuspitzende Lage in griechischen Flüchtlingslagern führte dazu, dass Deutschland gemeinsam mit anderen EU-Staaten im Rahmen fest vereinbarter Kontingente verstärkt Menschen von dort aufnahm.

Im Bereich der Erwerbsmigration trat in Deutschland als migrationspolitischer Meilenstein am 1. März 2020 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) in Kraft. Mit ihm wurden einerseits bestehende Regelungen zur Erwerbsmigration weiterentwickelt und in eine neue Systematik überführt, andererseits neue Regelungen geschaffen, die dazu beitragen sollen, mehr Fachkräfte aus Drittstaaten für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen und insbesondere die Zuwanderung von nicht-akademischen Fachkräften zu stärken. Zudem wurde im weiteren Jahresverlauf die sogenannte Westbalkanregelung verlängert.

Des Weiteren stand in Deutschland der Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus verstärkt im Blickpunkt. Der von der Bundesregierung in Reaktion auf entsprechende Gewalttaten einberufene Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus legte am 25. November 2020 ein umfangreiches Maßnahmenpaket vor, das am 2. Dezember 2020 im Kabinett beschlossen wurde.

Außerdem wurden im Jahr 2020 bzw. im Frühjahr 2021 die Arbeiten der von der Bundesregierung einberufenen Fachkommissionen zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit bzw. zu den Fluchtursachen sowie am Nationalen Aktionsplan Integration der Bundesregierung abgeschlossen.

Hinweis

Weiterführende Informationen zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, Entwicklungen mit Bezug zur Europäischen Union, einen Überblick zur Fluchtmigration und zu politische Maßnahmen in den Bereichen der Erwerbsmigration, der Integration, der internationalen Zusammenarbeit sowie der Rückkehr und Reintegration finden Sie in der PDF-Datei unter "Downloads".