Zuwanderung aus den neuen EU-Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien , Datum: 07.11.2014, Bestellnummer: FFFB24, Format: Forschungs­bericht, Bereich: Behörde

454.000 Menschen aus Bulgarien und Rumänien leben in Deutschland

Die Staatsangehörigen der EU-2 Länder stellen unter den Neuzuwanderern in Deutschland eine stark wachsende Gruppe dar. Die Zahl der in Deutschland lebenden bulgarischen Staatsangehörigen hat sich von 2004 bis 2013 fast vervierfacht (+275 Prozent), die Zahl der rumänischen Staatsangehörigen stieg um 265 Prozent. In den ersten Monaten des Jahres 2014 war eine weitere Zunahme zu beobachten, sodass Ende April 2014 insgesamt 159.000 Bulgarinnen und Bulgaren sowie 295.000 Rumäninnen und Rumänen in Deutschland lebten.

Migrationsgründe

Für die Mehrheit der fortziehenden Personen aus den 2007 der EU beigetretenen Ländern Bulgarien und Rumänien sind ökonomische Gründe ausschlaggebend, vor allem die schlechteren Berufschancen und geringeren Löhne. Da seit 2014 auch für sie die volle EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt, können bulgarische und rumänische Staatsangehörige uneingeschränkt zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland reisen.

Neben den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen spielen aber auch bestehende Netzwerke als Brückenbauer für die Neuzuwanderer eine wichtige Rolle. Denn auch vor der vollständigen Arbeitsmarktöffnung kamen bereits verschiedene Zuwanderergruppen aus den beiden Ländern, so insbesondere die sogenannten Spätaussiedler Anfang der 1990er Jahre sowie Studierende, Akademiker und Familienangehörige. Zudem knüpften viele Bulgaren und Rumänen bei Saisonarbeitseinsätzen Kontakte zu Arbeitgebern in Deutschland wie auch in Italien und Spanien.

Umlenkung der Wanderungen

Italien und Spanien galten bis 2010 als Hauptzielländer für bulgarische und rumänische Zuwanderer. Die südeuropäischen Arbeitsmärkte fragten vor allem Arbeitskräfte in der Landwirtschaft und dem Bausektor nach. Jedoch brach infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise der Bedarf ein, woraufhin ein deutlicher Rückgang der Nettozuwanderung bulgarischer und rumänischer Staatsangehöriger nach Spanien und Italien festzustellen war. Gleichzeitig stiegen die Beschäftigung in Deutschland sowie der Zuzug von Bulgaren und Rumänen auch aus Italien und Spanien an.

Überwiegend hohe Erwerbsorientierung, jung und gut ausgebildet

In den ersten vier Monaten seit der Einführung der vollständigen Freizügigkeit für die EU-2 Länder 2014 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Bulgaren und Rumänen in Deutschland mit rund +52.000 Personen sogar stärker gewachsen als sich die Bevölkerung aus Bulgarien und Rumänien in Deutschland erhöht hat (+40.000). Neben Neuzuwanderern haben auch viele Staatsangehörige der EU-2 Länder eine abhängige Beschäftigung aufgenommen, die bereits in Deutschland gelebt haben, aber vorher keiner regulären Erwerbstätigkeit nachgegangen sind oder selbständig waren.

In Deutschland sind etwa 95 Prozent der Neuzuwanderer aus den EU-2 Staaten im erwerbsfähigen Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Hiervon profitieren regional insbesondere Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sowie sektoral die Land-/Forstwirtschaft, das Dienstleistungs- und Gastgewerbe sowie der Gesundheitssektor. Hinsichtlich der Qualifikation 25- bis 44-jähriger EU-2 Bürger lässt sich anhand des Mikrozensus 2011 eine hohe Akademikerquote feststellen, wobei diese bei den seit 2007 (EU-Beitritt) zugezogenen Bulgaren und Rumänen etwas niedriger ist (21 Prozent) als bei den vor 2007 nach Deutschland zugezogenen (24 Prozent).

Steigende Beschäftigung, aber auch zunehmende Transferzahlungen

Aufgrund der stark gestiegenen Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren im Erwerbsalter ist zwischen 2011 und 2014 die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Staatsangehörigen aus den EU-2 Ländern um 134 Prozent gestiegen. Damit steigt aber auch das Risiko erwerbslos zu werden, weshalb auch die Zahl der arbeitslos Gemeldeten um 179 Prozent und die Zahl der SGB-II-Empfänger aus diesen Ländern um 188 Prozent angestiegen ist. Es zeigt sich bei genauerer Betrachtung, dass die Arbeitslosen- und die Transferleistungsbezugsquote bei bulgarischen Staatsangehörigen etwa doppelt so hoch ausfällt wie bei rumänischen Staatsangehörigen.

Erstmals werden im vorliegenden Forschungsbericht neben der Zuwanderungsanalyse auch die Rahmenbedingungen in den Herkunfts- und relevanten Zielländern Deutschland, Italien und Spanien im Kontext der EU-Osterweiterung sowie der Wirtschafts- und Finanzkrise umfassend dargestellt.

Verfasser des Forschungsberichts: Elisa Hanganu, Dr. Stephan Humpert und Dr. Martin Kohls