Evaluation der AnkER-Einrichtungen und der funktionsgleichen Einrichtungen , Datum: 24.02.2021, Bestellnummer: FFFB37, Format: Forschungs­bericht, Bereich: Behörde

Im Koalitionsvertrag der 19. Wahlperiode haben CDU, CSU und SPD die Errichtung zentraler Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen ("AnkER-Einrichtungen") vereinbart. Zentrales Element der AnkER- und funktionsgleichen Einrichtungen ist eine intensivierte Behördenzusammenarbeit aller am Asylverfahren beteiligter Akteure. Die angestrebte räumliche Nähe der unterschiedlichen Akteure soll in allen Phasen der Asylverfahrensbearbeitung - von der Ankunft der Schutzsuchenden bis zur kommunalen Verteilung oder der Rückkehr - eine Optimierung des Verfahrens gewährleisten.

Das Forschungszentrum des BAMF untersuchte im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, inwieweit die konzeptionelle Idee der AnkER-Einrichtungen und funktionsgleichen Einrichtungen, alle beteiligten Akteure unter einem Dach zu vereinen, in den unterschiedlichen Phasen der Asylverfahrensbearbeitung zu Effizienz- und Effektivitätssteigerungen führt.



Im Rahmen dieser Prozessevaluation wurden zwischen August 2018 und Juli 2020 insgesamt 14 AnkER-/FG-Einrichtungen in sechs Ländern näher betrachtet. Neben Analysen zur Effizienz des nationalen Asylverfahrens, des Dublin-Verfahrens sowie der Effektivität von Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung in den AnkER-/FG-Einrichtungen umfasst die Prozessevaluation die Umsetzung der Asylverfahrensberatung durch das BAMF, die in einigen Ländern durch das BAMF angebotene Rückkehrberatung sowie die Erstorientierungs- und Wegweiserkurse in den AnkER-/FG-Einrichtungen.

Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick

AnkER- und FG-Einrichtungen bieten gute Voraussetzungen für eine möglichst frühzeitige Feststellung der Herkunft sowie der Identität von Schutzsuchenden

AnkER-/FG-Einrichtungen setzen intensiver als andere Standorte des BAMF die Maßnahmen einer frühestmöglichen Feststellung der Herkunft sowie der Identität von Schutzsuchenden um. Beispielsweise werden in den AnkER-/FG-Einrichtungen 53 Prozent der untersuchten mobilen Datenträger frühzeitig, noch vor der Asylantragstellung, ausgelesen. In der Phase zwischen Registrierung und Antragstellung ist eine intensive Zusammenarbeit der Landesbehörden und des BAMF in den AnkER-/ FG-Einrichtungen zu beobachten.

Nationale Asylverfahren werden in AnkER-/FG-Einrichtungen schneller bearbeitet

Die durchschnittliche Dauer des nationalen Asylverfahrens von Personen, für die eine Wohnpflicht in den AnkER-/FG-Einrichtungen besteht, beträgt 77 Kalendertage und ist damit fünf Tage kürzer als an den anderen Standorten mit 82 Kalendertagen.

Dublin-Überstellungen sowie Rückführungen aus AnkER-/FG-Einrichtungen steigen im Zeitverlauf

Die Überstellungswahrscheinlichkeit in AnkER-/FG-Einrichtungen ist über den gesamten Betrachtungszeitraum um fünf Prozentpunkte geringer als an den anderen Standorten. Im Zeitverlauf zeigt sich bei den AnkER-/FG-Einrichtungen eine kontinuierliche Steigerung der Überstellungen von Schutzsuchenden in den für sie zuständigen Mitgliedstaat. Von Oktober 2019 bis Januar 2020 waren die Überstellungsquoten aus AnkER-/FG-Einrichtungen höher als an anderen Standorten.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Rückführungen scheitern, liegt bei AnkER-/FG-Einrichtungen um fünf Prozentpunkte höher als an den anderen Standorten. So beträgt die Rückführungsquote in AnkER-/FG-Einrichtungen 31 Prozent gegenüber 36 Prozent an den anderen Standorten. Im Zeitverlauf stieg die Wahrscheinlichkeit einer Rückführung aus den AnkER-/FG-Einrichtungen.

AnkER-/FG-Einrichtungen unterbreiten Beratungs- und Betreuungsangebote in allen Phasen des Asylverfahrens

Die allgemeine Asylverfahrensberatung des BAMF in den AnkER-/FG-Einrichtungen suchten bis März vergangenen Jahres rund 21.100 Personen, also 86 Prozent aller im Zeitraum in den AnkER-/FG-Einrichtungen angekommenen Schutzsuchenden, auf. Auf Anfrage der Länder bietet das BAMF die individuelle Rückkehrberatung durch eigene Mitarbeitende in den AnkER-/FG-Einrichtungen an. Seit Aufnahme der bundesamtseigenen Rückkehrberatung an der sächsischen AnkER-Einrichtung Dresden und den funktionsgleichen Einrichtungen Chemnitz und Leipzig im Januar 2019 nahmen etwa 20 Prozent aller Personen, die dort einen ablehnenden Bescheid erhalten hatten, die Rückkehrberatung des BAMF in Anspruch. Des Weiteren haben insgesamt fast 13.500 Personen an Erstorientierungskursen und 2.600 Personen an Wegweiserkursen in den AnkER-/FG-Einrichtungen teilgenommen.


Methodik der Studie

Die Analysen zum Forschungsbericht basieren auf einer Kombination von quantitativen und qualitativen Methoden, um möglichst valide Ergebnisse zu generieren. Die statistischen Analysen nutzen Daten aus MARiS sowie dem Ausländerzentralregister und ermöglichen einen umfassenden statistischen Vergleich zwischen AnkER-/FG-Einrichtungen und den anderen Standorten. Zudem wurden im Evaluationszeitraum leitfadengestützte Einzel- und Gruppengespräche in sieben AnkER-/FG-Einrichtungen durchgeführt. Insgesamt haben an diesen Gesprächen mehr als 100 Personen teilgenommen. In jeder AnkER-/FG-Einrichtung kamen jeweils Vertreterinnen und Vertreter der ansässigen Bundes- und Landesbehörden sowie Vertretungen der vor Ort tätigen staatlichen Beratungen und Mitarbeitende der nichtstaatlichen Beratungs- und Betreuungsakteure zu Wort. Ferner wurden Gespräche mit der Vertretung der Bundespolizei sowie an einem Standort mit Vertretung der Landespolizei zur Beteiligung an Rückführungsmaßnahmen aus den AnkER-/FG-Einrichtungen geführt.

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