Kriminalität von Aussiedlern - eine Bestandsaufnahme , Datum: 01.04.2008, Bestellnummer: FFWP12 , Format: Working Paper, Bereich: Behörde

Mit dem Working Paper 12 wird eine Bestandsaufnahme vorgelegt, die sowohl die polizeiliche Kriminalitätsstatistik als auch die empirische Sozialforschung berücksichtigt. Darin wird die Kriminalität von Aussiedlern mit der Kriminalität von einheimischen Deutschen und Nichtdeutschen verglichen.

Aussiederkriminalität ist vor allem männliche Jugendkriminalität

Demnach ist die Kriminalität von Aussiedlern geschlechts- und altersspezifisch und richtet sich auf bestimmte Delikte. Aussiedlerkriminalität ist im Wesentlichen Jugendkriminalität. Das abweichende Verhalten der jugendlichen männlichen Aussiedler ist durch schwerere Deliktformen gekennzeichnet. Straffällig gewordene Aussiedlerjugendliche begehen häufiger als einheimische Deutsche Diebstähle und Rohheitsdelikte, darunter insbesondere Raub und schwere Körperverletzung, und sind bei der Drogenkriminalität überrepräsentiert.

Die Tatsache, dass abweichendes Verhalten gerade bei männlichen Jugendlichen mit Aussiedlerstatus besonders oft vorkommt, ist allerdings nicht für diese Einwanderungsgruppe spezifisch. Nicht nur männliche Aussiedler, sondern auch andere jugendliche männliche Migranten, aber auch einheimische deutsche männliche Jugendliche mit bestimmten Problemlagen sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, gewalttätig und kriminell zu werden.

Gründe für erhöhtes Kriminalitätsrisiko bei jugendlichen Aussiedlern

Es lassen sich eine Reihe von Faktoren finden, die mit einer erhöhten Kriminalitätsrate einhergehen. Dazu zählen die soziale Randlage (Bildungsbenachteiligung, Arbeitslosigkeit, sozialräumliche Segregation), migrationsspezifische strukturelle Benachteiligungsprozesse (Quereinsteiger im Schulsystem, Sprachdefizit), öffentliche und institutionelle Diskriminierung (erhöhte Anzeigen und härtere Verurteilungspraxis) und aus dem Herkunftsland mitgebrachte Verhaltensnormen (patriarchales Männlichkeitsbild, gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen). Außerdem tragen Faktoren wie familiäre Erziehung und Gewalterfahrungen in der Familie, auffälliger Medienkonsum und Cliquenbildung (in Verbindung mit Drogenkonsum) zum erhöhten Kriminalitätsrisiko bei. Keiner dieser Faktoren kann aber einen Alleinanspruch auf die Erklärung der Delinquenz von Aussiedlerjugendlichen erheben.

Die relativ hohe Kriminalitätsbelastung, die höhere Gewaltbereitschaft oder die häufigere Anwendung von Gewalt bei männlichen jugendlichen Aussiedlern sollte demnach nicht allein als Hinweis auf die ethnische Herkunft oder persönliche Schwächen, sondern eher auf problematische Lebenslagen verstanden werden und Anlass für verstärkte Integrations- und Präventionsanstrengungen sein.

Verfasserinnen und Verfasser des Working Papers: Sonja Haug, Tatjana Baraulina, Dr. Christian Babka von Gostomski unter Mitarbeit von Stefan Rühl und Michael Wolf