Dossier: Sicherheit im Asylverfahren , Datum: 13.12.2021, Format: Dossier, Bereich: Behörde

Sicherheit im Migrationsgeschehen , Datum: 29.07.2021, Format: Meldung, Bereich: Behörde , Überprüfung von Identität und Herkunft, enge Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden und Präventionsarbeit stehen im Bundesamt im Fokus

Unbekannt und neu: So fühlt sich Deutschland in der Regel für die meisten Menschen an, die in unserem Land Schutz vor Krieg, Verfolgung oder unrechtmäßiger Behandlung suchen. Erst im Laufe ihres Aufenthalts wird ihnen ihr Zufluchtsland bekannt und vertraut. Für die deutschen Behörden sollen und dürfen Geflüchtete und Zuwandernde indes zu keinem Zeitpunkt Unbekannte sein: Die eindeutige Feststellung von Identität und Herkunft sind zentrale Bestandteile des Asylverfahrens — und ihre Prüfung beginnt schon im Moment des ersten Behördenkontakts.

Identitätsfeststellung bildet die Basis

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nimmt nicht nur bei der Identitätsfeststellung und der Personenüberprüfung im Asylverfahren eine wichtige Rolle ein, sondern ist ein zentraler Akteur beim Thema Sicherheit — insbesondere im Zusammenhang mit Migration nach Deutschland. Dafür steht das Bundesamt in engem Austausch mit den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder. Zudem leistet das BAMF als zentrale koordinierende Behörde einen gewichtigen Beitrag zur sicherheitsrelevanten Präventions- und Deradikalisierungsarbeit im Hinblick auf islamistische Radikalisierung.

Portrait eines Mannes. Dr. Hans-Eckhard Sommer, Präsident Quelle: © BAMF | Lopez

2016 wurde in Deutschland bundesweit das so genannte "Integrierte Identitätsmanagement" implementiert: Geflüchtete werden dadurch nach ihrem Grenzübertritt bereits am ersten Kontaktpunkt in der Bundesrepublik Deutschland eindeutig registriert — durch die Polizei an der Grenze oder durch das BAMF und die Behörden der Länder in Aufnahmeeinrichtungen und Ankunftszentren. "Wir wollen wissen, wer zu uns kommt – das hat oberste Priorität. Über die Abnahme von Fingerabdrücken, die über ein Kerndatensystem sofort mit den relevanten Sicherheitsbehörden abgeglichen werden, ist eine eindeutige Identifizierung sichergestellt und Mehrfachregistrierungen werden zuverlässig verhindert", betont BAMF-Präsident Dr. Hans-Eckhard Sommer.

Technik unterstützt Sachverstand

Der Abgleich biometrischer Daten von Asylbewerbenden mit nationalen Datenbanken und mit den Datenbanken der Europäischen Union stellt die erste Stufe der Herkunftsüberprüfung dar. Im Jahr 2020 beispielsweise konnten mehr als die Hälfte der Asylantragstellenden keine Identitätspapiere vorlegen, mit denen ihre Herkunft oder Identität hinreichend hätte geklärt werden können. Insbesondere in diesen Fällen setzt das BAMF für die weitere Ermittlung von Identität und Herkunft neben der persönlichen Anhörung auf IT-Assistenzsysteme. Kernelement zur Identitäts- und Herkunftsverifizierung bleibt natürlich die individuelle Anhörung, in der es u.a. darum geht, zusammen mit den Informationen aus den Assistenzsystemen die Glaubhaftigkeit des Asylantragstellenden als Gesamtbild zu beurteilen und etwaige Unstimmigkeiten aufzudecken.

Das BAMF ist die einzige deutsche Behörde, die systematisch alle Arten von Identitätsdokumenten – Reisepässe, Passersatzpapiere, ID-Karten, Personenstandsdokumente – auf ihre Echtheit untersucht. Mit modernsten Prüfgeräten wird das bundesweit höchste Prüfaufkommen an ausländischen Personen­standsdokumenten bearbeitet. Bei der Physikalisch-Technischen Urkundenuntersuchung (PTU) werden die Dokumente, die von Asylantragstellenden im Asylverfahren zum Nachweis ihrer Identität vorgelegt wurden, von Urkundensachverständigen des BAMF auf ihre Echtheit geprüft. Um zu verhindern, dass Fälschungen wieder in den Rechtsverkehr gelangen, werden diese einbehalten und vom BAMF über ein abgestimmtes Zentralstellenverfahren dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt gemeldet.

Sicherheit geht nur ganzheitlich und gemeinsam

Nicht nur Asylantragstellende unterliegen strengen Überprüfungen, sondern auch sogenannte Resettlement-Flüchtlinge, die im Land ihrer ersten Zuflucht weder die Perspektive auf Integration noch auf eine Rückkehr in ihr Herkunftsland haben und deshalb in Deutschland aufgenommen werden. Da ihre Schutzbedürftigkeit bereits durch den Hohen Flüchtlingsrat der Vereinten Nationen (UNHCR) festgestellt wurde und sie daher kein Asylverfahren mehr in Deutschland durchlaufen müssen, finden diese Sicherheitsüberprüfungen bereits vor ihrer Einreise statt. Eine Aufnahme nach Deutschland erfolgt in jedem Fall erst nach einem Auswahlinterview durch das BAMF und einer Prüfung durch Sicherheitsbehörden.

Der Stellenwert des Sicherheitsaspekts im Asylverfahren und grundsätzlich im Zuge von Migration spiegelt sich auch in der Organisationsstruktur des Bundesamtes wider: Bereits 2017 hat das BAMF eine eigene Referatsgruppe "Sicherheit" innerhalb der Behörde geschaffen, in der u.a. eine zentrale Melde- und Koordinationsstelle für sicherheitsrelevante Vorgänge angesiedelt ist. Darüber hinaus setzt das Bundesamt in den Ankunftszentren und Außenstellen so genannte "Sonderbeauftragte für Sicherheit im Asylverfahren" ein: Diese sensibilisieren Mitarbeitende für Sachverhalte mit Sicherheitsbezug und koordinieren die Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsbereich der Zentrale. Das BAMF ist im Zuge seiner Aufgaben in den behördenübergreifenden Zentren im Sicherheitsbereich aktiv, dazu zählen u.a. das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ), das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) und das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM).

Sicherheitsfragen stehen oftmals im Zusammenhang mit Radikalisierungsphänomenen. Auch hier nimmt das BAMF eine Schlüsselposition in der deutschen Sicherheitsarchitektur ein: Das BAMF ist das Kompetenzzentrum des Bundes im Arbeitsfeld "islamistische (De-)Radikalisierung" und hierbei die zentrale Schnittstelle zwischen staatlicher wie nichtstaatlicher Deradikalisierungsarbeit, Prävention und sicherheitsbehördlicher Gefahrenabwehr. Die im BAMF angesiedelte Beratungsstelle "Radikalisierung" fungiert als bundesweite Anlauf- und Koordinierungsstelle. Ihre Arbeit wird unterstützt durch praxisnahe Forschung des BAMF-Forschungszentrums zu Ansätzen der Deradikalisierung. Zusätzlich zur Beratungshotline für das soziale Umfeld radikalisierter Personen unterhält das zuständige Referat ein umfassendes Beratungsnetzwerk und begleitet das Monitoring von Rückkehrenden aus jihadistischen Kampfgebieten.

Blätterfunktion

Inhalt

  1. Sicherheit im Migrationsgeschehen
  2. Sicherheitsbehörden im Austausch
  3. Hinweise aus Asylverfahren helfen bei Strafverfolgung
  4. So funktioniert die Physikalisch Technische Urkundenuntersuchung
  5. Von der Ankunft bis zur Entscheidung: Sicherheit immer im Fokus
  6. Keine Reisedokumente, keine Rückführung?