Dossier: Integrationskurse , Datum: 14.06.2019, Format: Dossier, Bereich: Integration

Der Alphabetisierungskurs , Datum: 23.01.2019, Format: Meldung, Bereich: Integration

Die Teilnehmenden von einem Alphabetisierungskurs sind doppelt herausgefordert. Neben der deutschen Sprache lernen sie innerhalb von maximal 1.300 Unterrichtsstunden auch die lateinische Schrift lesen und schreiben.

Viele Migrantinnen und Migranten, die vor allem seit 2015 als Flüchtlinge nach Deutschland kamen, haben in ihrem Heimatland keine Schule besucht und nie lesen und schreiben gelernt, oder aber sie haben das vor langen Jahren Erlernte auf Grund fehlender Praxis wieder vergessen.

Diese Teilnehmenden sind im Integrationskurs doppelt herausgefordert: Sie müssen nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch die lateinische Schrift lesen und schreiben lernen. Ihnen bieten die bundesweit angebotenen Alphabetisierungskurse eine große Chance: Denn erst die Beherrschung der Schriftsprache zusammen mit grundlegenden Deutschkenntnissen ermöglichen ihnen eine echte Teilhabe an der deutschen Gesellschaft. Bedeutsam sind diese Kompetenzen auch für die Bildungschancen der nächsten Generation: Schrift- und sprachkundige Eltern können ihre Kinder besser fördern.

Ziel der Alphabetisierungskurse ist es, die Teilnehmenden innerhalb von maximal 1.300 Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten zu alphabetisieren und gleichzeitig Deutschkenntnisse zu vermitteln. Aus diesem Grund ist die Kursbezeichnung "Alphabetisierungskurs" als "Deutsch lernen plus Alphabetisierung" zu begreifen.

Ob die Teilnahme an einem Alphabetisierungskurs notwendig ist, wird im Einstufungsverfahren für die Integrationskurse getestet. Dabei wird auch festgestellt, ob Bedarf für eine Alphabetisierung besteht und zu welcher Zielgruppe der Alphabetisierungskurse der Teilnehmende gehört – primäre und funktionale Analphabeten sowie Zweitschriftlernende. Zweitschriftlernende beherrschen das Schriftsystem ihrer Herkunftssprache, jedoch nicht die lateinische Schrift. Für sie steht ein eigens konzipierter Integrationskurs zur Verfügung. Allerdings können besonders in strukturschwachen Regionen mit geringen Teilnehmerzahlen oft keine getrennten Kurse angeboten werden, so dass Analphabeten und Zweitschriftlerner dort zusammen unterrichtet werden.

Mit einer nur geringen Teilnehmerzahl von maximal 16 Personen findet der Unterricht mit zwölf bis 25 Unterrichtsstunden pro Woche statt. Es wird in kleinen Gruppen gelernt, damit Lehrerinnen und Lehrer mehr Zeit für jeden einzelnen Teilnehmenden haben. Lehrkräfte in Alphabetisierungskursen müssen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für die Tätigkeit als Lehrkraft in Integrationskursen zugelassen sein. Über diese Zulassung hinaus müssen sie eine ausreichende fachliche Qualifikation und Eignung im Bereich der Alphabetisierungsarbeit nachweisen.

Definitionen von Analphabetismus

Primäre Analphabeten

… haben keine Schule besucht. Ihnen fehlt sozusagen die "Stift"-Erfahrung. Neben fehlenden Deutschkenntnissen weisen sie nur eine sehr geringe Sprach(lern)bewusstheit in ihrer eigenen Muttersprache auf.

Funktionale Analphabeten

… haben zwar eine Schule besucht, dennoch bereits in der Muttersprache Probleme beim Lesen und Schreiben. Dies kann zu Vermeidungsstrategien führen, wodurch auch noch vorhandene Kenntnisse und Fähigkeiten verlernt werden.

Als sprachliches Ziel wird im Rahmen der individuellen Maximalförderung für einen großen Teil der Lerner das Niveau A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) als realistisch angesehen. Von schnell lernenden Teilnehmenden mit günstigen Ausgangsvoraussetzungen kann auch ein Niveau oberhalb von A2 erzielt werden. Zum Vergleich: Das sprachliche Ziel des Allgemeinen Integrationskurses ist das Niveau B1 (GER). Dies kann von primären oder funktionalen Analphabeten im Normalfall innerhalb der Förderdauer kaum erreicht werden. 2018 erreichten rund 43 Prozent der Teilnehmenden das Level A2. Besonders erfreulich: 17 Prozent der Prüflinge in Alphabetisierungskursen schafften sogar das höherliegende Sprachniveau B1.

"Angesichts der besonderen Situation, in der sich viele dieser Menschen befinden, ist das ein überaus erfreuliches Ergebnis", erklärt die Integrations-Expertin Uta Saumweber-Meyer. "Uns muss aber bewusst sein, dass auch das Erreichen des Sprachniveaus A2 im Integrati-onskurs für viele Teilnehmende ein individueller Erfolg ist, den wir anerkennen sollten.“

Drei junge Leute stehen an einem whiteboard Quelle: iStock | SolStock

Das Bundesamt passt das Integrationskurs-Angebot kontinuierlich an die veränderten Bedarfe der Teilnehmenden an. Mit der veränderten Teilnehmerstruktur hat sich insbesondere der Anteil an Alphabetisierungskursen seit 2015 erheblich erhöht: 2018 haben mehr als 200.000 Menschen erstmalig einen der rund 14.500 neu gestarteten Integrationskurse besucht – der Großteil davon einen Allgemeinen Integrationskurs (68,3 Prozent). Bereits auf Platz 2 gemessen an der Teilnehmerzahl folgt der Alphabetisierungskurs (22,2 Prozent). Dies zeigt, wie wichtig dieses Angebot ist.

Blätterfunktion

Inhalt

  1. Sprache ist der Schlüssel zur Integration
  2. Der Allgemeine Integrationskurs
  3. Der Jugendintegrationskurs
  4. Der Alphabetisierungskurs
  5. Der Frauenintegrationskurs
  6. Der Elternintegrationskurs
  7. Der Intensivkurs
  8. Der Integrationskurs für Zweitschriftlernende
  9. Integrationskurse für Menschen mit Beeinträchtigungen
  10. Der Orientierungskurs
  11. Lehrkräfte im Integrationskurs