Stefanie - eine Entscheiderin bei #BAMFzeigtGesicht , Datum: 30.06.2017, Format: Interview, Bereich: Behörde

In welcher Abteilung arbeiten Sie beim BAMF und was sind ihre Hauptaufgaben?

"Ich arbeite seit Beginn meiner Tätigkeit beim BAMF in der Außenstelle Zirndorf als Entscheiderin. Angefangen habe ich hier 2015. Derzeit bin ich für die Länder Äthiopien und Iran zuständig. Bevor ich jedoch entscheide, spreche ich zuvor mit den Geflüchteten über deren Fluchtgründe und -ursachen. Das ist die Anhörung, das Kernstück des Asylverfahrens. Wie kann man sich so eine Anhörung vorstellen? Die Schutzsuchenden kommen morgens in die Außenstelle und werden vom Dolmetscher über den Ablauf des Tages informiert. Bevor wir mit der persönlichen Anhörung beginnen, hole ich sie gemeinsam mit dem Dolmetscher aus dem Warteraum ab und heiße sie im Bundesamt willkommen. Ich frage dann zunächst, ob sie den Dolmetscher gut verstehen oder ob es Verständigungsschwierigkeiten gibt, auch ob sie sich gut fühlen und erkläre ein wenig über das folgende Gespräch. Ich versuche gerade zu Beginn des Gespräches, die Situation für die Schutzsuchenden so angenehm wie möglich zu machen, biete ein Wasser an und frage, wie die Anreise war. Die Schutzsuchenden sind in ganz unterschiedlicher Verfassung. Sie können sich vorstellen, dass die Anhörung – also dieser wichtigste Termin im gesamten Asylverfahren – für die Leute eine große Anspannung bedeutet. Deshalb kläre ich zu Beginn über den Verlauf auf: Wir gleichen allgemeine Informationen zur Person ab und finden heraus, ob der Schutzsuchende alle Belehrungen und den Ablauf des Verfahrens verstanden hat. Wichtig ist mir außerdem der Hinweis, dass eine Änderung der Adresse dem BAMF mitgeteilt werden muss. Auch wenn andere Behörden informiert sind, brauchen wir die Information über einen Umzug noch einmal gesondert. Nachdem wir diese Dinge geklärt haben, steigen wir in das Verfolgungsschicksal ein. Auf die genauen Fragen kann ich hier nicht eingehen, denn sie sind Teil des Verfahrens, mit dem wir herausfinden, ob vorgetragenen Fluchtursachen glaubhaft sind und eine wichtige Grundlage für meine spätere Entscheidung."

Wie lange dauert so eine Anhörung?

"Die Anhörung dauert im Schnitt zweieinhalb bis drei Stunden – das ist allerdings ein Durchschnittswert. Es gibt schwierige Fälle, die länger dauern, andere sind kürzer. Meine persönli-che Erfahrung ist, dass auf die Länge der Anhörung auch der kulturelle Hintergrund der Personen, die wir anhören, einen Einfluss hat. Für meine beiden Länder verhält es sich so: Menschen aus dem Iran beschreiben ihre Fluchtgeschichte schon von sich aus ausführlich und mit vielen Details. Äthiopierinnen und Äthiopier fassen sich von sich aus eher kurz; hier muss ich häufig genau nachfragen, um die Einzelheiten zu erfahren. Das hat weniger mit den einzelnen Personen, sondern mit den Gepflogenheiten und dem gewohnten Umgang mit Behörden im Herkunftsland zu tun. Die besondere Herausforderung ist immer wieder, das Verfahren und jeden einzelnen Vorgang selbst so zu erklären, dass die Schutzsuchenden es auch verstehen. Je nach Bildungsstand muss ich dann einen anderen Ansatz wählen und in möglichst einfachen, kurzen Sätzen sprechen. Eine Pause ist bei der Anhörung zunächst nicht angedacht. Wir unterbrechen allerdings, wenn jemand weint oder die Anhörung in die Mittagszeit fällt und die Antragstellenden diese Pause brauchen."

Wie reagiert Ihr Freundes- und Bekanntenkreis, wenn Sie sagen, dass Sie als Entscheiderin beim BAMF arbeiten?

"Verwundert, aber interessiert! Ich habe vorher als Fachanwältin für Verwaltungsrecht gearbeitet – unter anderem auch im Asylbereich. Das BAMF und seine Aufgaben waren mir daher bereits bekannt. Die Arbeit als Entscheiderin bietet einen täglichen Umgang mit Menschen und Einblicke in die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse verschiedener Länder. Auch den rechtlichen Rahmen finde ich als Juristin spannend. Am Anfang haben mich Freunde und Bekannte gefragt, warum ich jetzt zu einer Behörde gehe. Ich bin aber nach wie vor zufrieden mit dem Schritt und meine Erwartungen an die Arbeit im BAMF wurden übertroffen."