Dr. Susanne Worbs bei #BAMFzeigtGesicht , Datum: 09.04.2019, Format: Interview, Bereich: Behörde

Susanne Worbs arbeitet seit April 2004 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Sie gehört zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die den Forschungsbereich im Bundesamt mit aufgebaut haben. Heute leitet sie das Forschungsfeld III "Migration und Integration: Dauerbeobachtung und Berichtsreihen". Bei #BAMFzeigtGesicht erläutert sie u.a., was ihr die Arbeit im Forschungszentrum des Bundesamtes persönlich bedeutet und worin die Herausforderungen liegen.

Seit wann arbeiten Sie beim Bundesamt und was hat Sie dazu bewogen?

"Ich habe in den 1990er Jahren in Bamberg Soziologie studiert und bin schon damals mit dem Thema Migration in Berührung gekommen. Eines der ersten spezialisierten Forschungsinstitute dazu in Deutschland, das europäische forum für migrationsstudien (efms), ist an der Bamberger Uni angesiedelt. Dort habe ich auch meine ersten Berufsjahre verbracht. Schon damals gab es intensive Kontakte nach Nürnberg zum BAMF und diese verstärkten sich dann nochmals, als die ganze Thematik mit dem Regierungswechsel im Jahr 1998 einen neuen Schub bekam. Im Jahr darauf begann die Debatte über das neue Staatsangehörigkeits­recht und im Jahr 2001 legte die Unabhängige Kommission 'Zuwanderung' ihren Bericht vor, mit dem sich der gesamte Diskurs grundlegend veränderte. Im April 2004 habe ich dann beim Bundesamt angefangen, weil es für mich damals nahe lag, meinen beruflichen Werdegang an der Institution fortzusetzen, die sich absehbar zum Zentrum der Migrations- und Integrationssteuerung in Deutschland entwickeln würde. Damals gab es allerdings noch gar kein Forschungszentrum. Ich war zunächst im Statistikreferat eingesetzt. Als dann im Sommer 2004 das Zuwanderungsgesetz verabschiedet wurde und damit klar war, dass das BAMF Forschung als eine gesetzliche Aufgabe bekommen würde, gehörte ich mit zu den (damals wenigen) Kolleginnen und Kollegen, die dieses völlig neue Aufgabenfeld in Angriff nahmen."

Was bedeutet Ihnen persönlich die Arbeit im Forschungszentrum des Bundesamtes?

"Obwohl ich mich jetzt schon über 20 Jahre mit Migration und Integration beschäftige, ist es nie langweilig geworden – immer wieder gibt es neue Entwicklungen. Ich halte die Frage des Umgangs mit Zuwanderung noch immer für zentral für unsere Gesellschaft und die Arbeit im BAMF-Forschungszentrum gibt mir die Gelegenheit, dieses Politikfeld mitzugestalten. Wir forschen sehr anwendungsorientiert und verwaltungsnah. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin fand ich es immer besonders eindrucksvoll, wenn ich im Rahmen meiner Tätigkeit in direkten Kontakt mit unseren 'Forschungsobjekten' kam. So haben wir in den Jahren von 2010 bis 2012 beispielsweise die so genannte Optionsregelung im Staatsangehörigkeitsrecht evaluiert und längere Interviews mit Betroffenen dieser Regelung geführt, die sich für die deutsche oder die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden mussten. Das waren damals junge Leute, 16 bis 20 Jahre alt, die an einem für sie schwierigen Punkt standen. Wir haben sie befragt, für welchen Pass sie sich entscheiden und warum. An dieses Projekt, aus der dann auch meine Dissertation entstanden ist, und an einzelne dieser Gespräche denke ich oft zurück."

Seit Juni 2018 leiten Sie das Forschungsfeld III "Migration und Integration: Dauerbeobachtung und Berichtsreihen". Wie hat sich Ihr Tagesablauf seitdem geändert?

"Er hat sich ziemlich fundamental geändert, aber das war mir vorher bewusst. Ich habe nun weniger Zeit, verglichen mit den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mich in Themen inhaltlich zu vertiefen. Deutlich mehr Kapazitäten gehen in Management- und Verwaltungstätigkeiten, in die Personalführung und auch in strategische Fragestellungen. Wir stehen in unserer Abteilung vor einem Führungswechsel und wollen uns zugleich weiter entwickeln und professionalisieren, denn sowohl das Zuwanderungsgeschehen als auch die einschlägige Forschungslandschaft haben sich in den letzten Jahren stark verändert bzw. ausgeweitet. Da darf man selbst nicht stehenbleiben."

Ende Februar trafen sich die Mitglieder der Fachkommission Integrationsfähigkeit zu ihrer ersten Sitzung im Bundeskanzleramt. Sie und Dr. Nina Rother, ebenfalls vom Forschungszentrum des Bundesamtes, gehören dieser Fachkommission an. Worum geht es dabei konkret?

"Die 'Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit', so der volle Name, soll bis Mitte 2020 kurz- bis mittelfristige Empfehlungen zu wesentlichen integrationspolitischen Fragen in Deutschland erarbeiten. Dabei geht es sowohl um strukturelle als auch um sozio-kulturelle Fragen, z.B. in den Bereichen Sprache, Arbeitsmarkt, (Aus-)Bildung, Soziales, Wohnen, Gesundheit, aber auch Werte und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Wir sind 23 Kommissionsmitglieder, überwiegend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen. Die beiden Vorsitzenden kommen aus der Kommunalpolitik. Es ist natürlich eine Ehre, in so ein Gremium berufen zu werden, und Dr. Rother und ich werden die Erkenntnisse unserer Forschungsarbeit im BAMF bestmöglich einbringen. Mehr kann man im Moment noch nicht sagen, weil die Tätigkeit der Kommission gerade erst begonnen hat und nun in Arbeitsgruppen fortgesetzt wird."