Das FIS des BAMF , Datum: 03.02.2022, Format: Interview, Bereich: Presse , Business Intelligence im Behördeneinsatz

Bei einer so großen und wichtigen Behörde wie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Hauptsitz in Nürnberg sowie seinen zahlreichen dezentralen Außenstellen fallen täglich immense, steuerungsrelevante Daten und Informationen an. Mit steigendem Interesse an aktuellen und steuerungsrelevanten Informationen, die an einem zentralen Ort gebündelt, automatisiert und zu jeder Zeit abrufbar sind, wachsen die Anforderungen an die kurzfristige Bereitstellung definierter Kennzahlen durch das Controlling. Das Führungsinformationssystem (FIS) des Bundesamtes leistet all dies und ist somit ein innovativer Vorreiter für den Einsatz von Business Intelligence in einer öffentlichen Einrichtung. Aktuell bietet es den Nutzenden im BAMF eine einheitliche Plattform, die alle wichtigen Daten als Kennzahlen bedarfsgerecht und auf Abruf aus den operativen Fachverfahren bereitstellt. Dieses digitalisierte Berichtswesen ermöglicht die permanente Analyse der Prozesse zur Bestimmung von entscheidenden Zielsetzungen.

FIS als Controlling-Instrument

Das FIS im BAMF ist organisatorisch in der Referatsgruppe 23 "Zentrales Controlling, Behördenentwicklung, Statistik" der Abteilung 2 "Digitale Technologien, CIO, Innovationsmanagement, Controlling" angesiedelt. Die Ein- und Fortführung eines IT-Projektmanagements und Controllings sind wesentliche Voraussetzungen, um das BAMF in hohem Maße steuerbar und erfolgsfähig zu machen. Kerninhalte der Steuerungslogik sind die Ausrichtung an Wirkung (Output-Orientierung inklusive Sicherstellung der Qualität) und Wirtschaftlichkeit. Zudem ist ein hohes Maß an Transparenz über das operative Geschäft sicherzustellen. Diese Punkte sind für die Aufgabenerfüllung des Bundesamts entscheidend. Ohne ein geeignetes Controllingsystem sind ein angemessenes Monitoring und eine Optimierung der internen Prozesse nicht möglich. Dies würde zu ineffizienteren Prozessen führen, zu einer Reduktion der Steuerbarkeit und somit insgesamt zu einer geringeren Leistungsfähigkeit des Bundesamts. Steuerbarkeit und Führungsqualität sind entscheidend für die Arbeitseffizienz aller Organisationseinheiten, besonders auch für die dezentralen Außenstellen. Genauso ist auch die Qualität aller anderen Bereiche maßgeblich von einem regelmäßigen Controlling sowie Sachstandsberichten beeinflusst. Ohne einen geeigneten Überblick über Ziele und Zielerreichung kann eine effiziente Aufgabenerfüllung nicht erfolgen.

Das Berichtswesen vor der Digitalisierung

Vor Einführung des FIS existierte eine Vielzahl an unterschiedlichen Controlling-Instrumenten und bereitgestellten Berichten. Diese speisten sich oft aus unterschiedlichen Quellen. Steuerungsinformationen wurden der Führungsebene des BAMF in Form von statischen Berichten durch das Controlling zur Verfügung gestellt, ohne dafür eine einheitliche Plattform zu nutzen. Der manuelle Import der Daten und die Aufbereitung der Zahlen mittels herkömmlicher Tabellenkalkulationsprogramme waren zeitaufwendig und fehleranfällig. Hinzu kam, dass regelmäßig weitere Informationsbedarfe aus Fachbereichen an das Controlling herangetragen wurden, die den Wunsch nach einer Automatisierung weiter verstärkten. Dies ließ sich nur durch ein IT-Tool sicherstellen und wurde mit FIS 1.0 im Jahr 2019 umgesetzt.

Konzeption und Integration FIS

Für das Aufsetzen und die Integration des Fachverfahrens FIS wurden die fünf Stufen Anforderungsanalyse, Data Warehouse, Modellierung Framework Manager, Berichtswesen und Go Live durchlaufen. Jede dieser Stufen setzt sich aus den Phasen Planung, Analyse, Design, Implementierung, Test und Deployment zusammen. Kern der Anforderungsanalyse war die Erhebung fachlicher Anforderungen, die unter anderem eine Zusammenstellung aller aktuellen Berichte und die Definition der benötigten Kennzahlen umfasste. Des Weiteren wurden eine Quellsystemanalyse sowie die Erstellung eines semantischen Datenmodells durch ein neu gebildetes Projektteam übernommen. Die Anforderungsanalyse wurde durch einen Proof of Concept mit den Bestandteilen semantisches Datenmodell, Kennzahlensteckbrief, Grobkonzept und Prototyp abgeschlossen. In der Stufe Data Warehouse kam es zur Auswahl des ETLTools und der umfangreichen Entwicklung des ETL-Prozesses. Dieser bildet die Basis für die Sicherstellung kontinuierlicher Datenbereitstellung. Hierfür war neben der Anbindung an das Produktivsystem auch die Erstellung eines Historisierungskonzeptes nötig. Für die anschließende Stufe der Framework-Manager Modellierung war es nötig, die Detaillierung von Dimensionen und Hierarchien durch die Einführung von Aggregationsebenen festzulegen. Darüber hinaus wurde die Berechnung von Kennzahlen konzipiert, um den Aufbau dimensionaler und relationaler Packages zu ermöglichen. Im Rahmen der Modellierung erfolgte auch die Umsetzung eines Berechtigungs-/Sicherheitskonzeptes. Während der Stufe Berichtswesen wurden erste Dashboards und Berichte erstellt. Neben der Analyse der Daten erfolgten auch der Aufbau dieser Endprodukte sowie deren Tests in enger Abstimmung mit den Fachbereichen. Nach Freigabe der Fachbereiche erfolgte mit der Stufe des Go Live die Portierung der entwickelten Berichte, Dashboards und der dazugehörigen Packages von der Abnahme auf die Produktionsumgebung. Die Veröffentlichung der Inhalte wird seither immer auch von einer Informations-E-Mail des FIS-Teams an die Nutzer begleitet.

Technische Umsetzung

Im Rahmen einer konsistenten Datenhaltung werden alle relevanten Daten aus den operativen Systemen über das BAMF-eigene Data Warehouse aufbereitet. Anschließend werden die Daten in Form von anwenderfreundlichen, dynamischen Dashboards und Berichten den Nutzenden auf unterschiedlichen Endgeräten zur Verfügung gestellt. Um das operative Tagesgeschäft direkt zu unterstützen, werden insbesondere den Führungskräften im operativen Bereich über das Führungsinformationssystem (FIS) vollautomatisiert verschiedene, auf ihre Bedürfnisse angepasste Berichte und Dashboards wöchentlich, monatlich und in Einzelfällen auch täglich zur Verfügung gestellt. Zur interaktiven Aufbereitung können über Filter-Funktionen die vorgegebenen Ansichten im FIS auch individuell angepasst werden. Die Aktualisierung der Ansichten erfolgt dabei innerhalb weniger Sekunden. Insgesamt stehen mittlerweile 18 Dashboards und 12 Berichtefür individuelle Analysen bereit. Das mit FIS bereitzustellende Informationsangebot wird durch die Aufnahme neuer Inhalte permanent erweitert.

In Zeiten von mobilem und flexiblem Arbeiten und weitreichender Digitalisierung ist es unabdingbar, alle steuerungsrelevanten Kennzahlen immer mit dabei und im Blick zu haben. FIS stellt hier ein gelungenes Beispiel dar, das zudem auf jedem digitalen Endgerät abrufbar ist.

Dr. Hans-Eckhard Sommer, Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge

Implementierung und Ausblick

Das Projekt hat erfolgreich die Pilotphase durchlaufen und ist seit dem Jahr 2019 erfolgreich in der Nutzung über alle Geschäftseinheiten und Außenstellen. Die Amtsleitung sowie alle Abteilungs-, Gruppen- und Referatsleitungen nutzen regelmäßig die FIS-Daten. Neue Inhalte und Kennzahlen werden über regelmäßige Releases integriert. Um den stetig wachsenden Anforderungen nach Berichten, Dashboards und zu erschließenden Datenquellen gerecht zu werden, wurde bei der Implementierung von FIS bewusst auf moderne Techniken und Arbeitsweisen der agilen Softwareentwicklung zurückgegriffen. Neben der entsprechenden Hardware ermöglicht dies eine qualitativ hochwertige Verarbeitung und Bereitstellung sehr großer Datenmengen. Zudem unterliegt das FIS einem Prozess der kontinuierlichen Verbesserung, den das Team mittels agiler Methoden wie der Arbeit mit Kanban-Boards, Sprints und Workshops mit beteiligten Fachbereichen und Nutzenden begleitet. Der Einstieg der Nutzenden in die Arbeit mit dem Führungsinformationssystem wird durch zusätzlich angebotene Online-Schulungen und Tutorial-Videos erleichtert. Zum Schutz der anhand von FIS bereitgestellten, aggregierten Daten wurde ein umfangreiches Rollen- und Rechtekonzept entwickelt, um unterschiedlichen Nutzendenkreisen die passgenauen Informationen unter Einhaltung des Datenschutzes zugänglich zu machen. Im Rahmen einer Nutzendenumfrage stufte zudem die überwältigende Mehrheit der Teilnehmenden die FIS-Daten für die Steuerung in ihrem Aufgabenbereich als äußerst hilfreich ein. Die Nutzung erfolgt überwiegend wöchentlich sowie anlassbezogen. Größte Nutzendenzufriedenheit besteht bei den Punkten Darstellung und Verständlichkeit. Die Optimierung der Ladegeschwindigkeiten wird kontinuierlich verbessert. Das Business-Intelligence Instrument FIS passt sich damit perfekt in die Digitalisierungsagenda 2022 des BAMF ein und steht daher gleich für mehrere Aspekte der Modernisierung und Digitalisierung öffentlicher Organisationen. Dies zeigt sich auch an der Nominierung als Finalist des 19. eGovernment- Wettbewerbs 2020 in der Kategorie "Bestes Modernisierungsprojekt" und dem Gewinn des 3. Platzes.

Statistik und Controlling – zwei Blickwinkel auf eine Zahlenbasis im BAMF

Mit den Referaten "Statistik und Datenanalyse" und dem Controlling bietet die Gruppe 23 "Zentrales Controlling, Behördenentwicklung, Statistik" unterschiedliche Blickwinkel auf die Geschäftszahlen des BAMF. Durch enge Abstimmungen, die Nutzung der gleichen Datenbasis aus dem Datawarehouse und eine klare Abgrenzung der Ausrichtung stehen diese nicht im Widerspruch, sondern ergänzen sich.

Der Artikel erschien am 03.02.2022 in der Februar-Ausgabe des Behörden Spiegel.