Sprachpotenziale und Bildung von Geflüchteten , Datum: 04.10.2017, Format: Meldung, Bereich: Behörde , Interview mit den Mit-Autorinnen und -Autoren der Studie aus dem Forschungszentrum des Bundesamtes.

Mit dem Forschungsbericht 30 veröffentlicht das Forschungszentrum des Bundesamtes vertiefte Erkenntnisse zu Geflüchteten aus der Befragung 2016, die im Rahmen der Großstudie "IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten" von den beteiligten Kooperationspartnern erarbeitet wurden. Thematische Schwerpunkte des Berichts sind Sprachpotenziale und Bildung von Geflüchteten sowie methodische Aspekte.

Die Sprachkompetenz von Geflüchteten ist ein thematischer Schwerpunkt des Forschungsberichts – warum?

Die Sprachkompetenz ist ein wichtiger Aspekt der Integration und Voraussetzung für die Teilhabe in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Sprache ermöglicht den Aufbau sozialer Kontakte mit anderen Menschen, die Teilhabe im Bildungssystem und Arbeitsmarkt sowie die Aneignung eines kulturellen Verständnisses. Ohne Deutschkenntnisse ist es sehr schwierig, am gesellschaftlichen Leben in Deutschland teilzunehmen. Gleichzeitig ist es nicht so einfach, eine neue Sprache von Grund auf zu lernen, insbesondere wenn sich die Muttersprache sehr stark vom Deutschen unterscheidet oder wenig oder keine schriftsprachlichen Vorkenntnisse vorliegen. Daher bedarf es bei Geflüchteten – oder Zugewanderten im Allgemeinen – oft einer gezielten Sprachförderung. Die Lernenden müssen Zeit und Mühen in das Lernen der deutschen Sprache investieren, über Monate bzw. Jahre hinweg, und oft während sie gleichzeitig einem Beruf nachgehen, weitere Bildungsabschlüsse erwerben, Kinder betreuen und noch auf den Asylentscheid warten. Um den Deutscherwerb zu unterstützen, ist es zunächst wichtig, zu wissen, über welche Qualifikationen und Sprachkenntnisse die Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, verfügen und wie diese möglichst gut gefördert werden können. Dies ist z.B. relevant für die Planung der Integrationskurse und um zu verstehen, warum bestimmte Personen eher daran teilnehmen als andere.

Welche Faktoren beeinflussen die Teilnahme am Integrationskurs?

Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die die Teilnahme am Integrationskurs beeinflussen. In diesem Bericht haben wir uns speziell Geschlechterunterschiede bei der Teilnahmequote genauer angeschaut. Die Auswertungen zeigen, dass Frauen etwas seltener als Männer an einem Integrationskurs teilgenommen bzw. diesen bereits abgeschlossen haben. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass dieser Geschlechterunterschied auch auf die Betreuungssituation von Kindern im Haushalt zurückgeht – das heißt: Frauen mit einem oder mehreren Kindern ohne externe Betreuung nahmen deutlich seltener am Integrationskurs teil. Das bestätigt, wie wichtig es war, die Förderung der integrationskursbegleitenden Kinderbetreuung wiedereinzuführen. Darüber hinaus zeigen unsere Auswertungen auch, dass das mitgebrachte Bildungsniveau einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Integrationskursteilnahme hat – unter den Geflüchteten mit höherer Bildung sind die Teilnahmequoten höher.

Wie läuft eigentlich so eine Befragung ab?

Bei der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten arbeiten wir mit zwei Kooperationspartnern zusammen – dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) und dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Das Sozio-oekonomische Panel befragt bereits seit 1984 jährlich Personen in Deutschland zu ihrer Lebenssituation. 2013 wurde die reguläre Stichprobe um eine Migrationsstichprobe ergänzt – und 2016 im Zuge der erhöhten Zuzugszahlen von Geflüchteten um eine Geflüchtetenstichprobe. Die Stichprobe haben wir aus dem Ausländerzentralregister (AZR) gezogen, welches vom Bundesamt geführt wird und Informationen über Ausländer enthält, die sich in Deutschland aufhalten. Zu unserer Stichprobe gehören Personen, die zwischen dem 1.1.2013 und 31.1.2016 nach Deutschland gekommen sind und einen Asylantrag gestellt haben. In der Befragung 2016 haben wir nur volljährige Personen befragt sowie ihre Haushaltsmitglieder. Angaben zu ihren Kindern und Jugendlichen liegen auch vor.

Wenn die Interviewpartner ausgewählt und die Adressen ermittelt sind, nimmt das beauftragte Befragungsinstitut mit der ausgewählten Person Kontakt auf und bittet um ihre Teilnahme an der Befragung. Wenn die Person zustimmt, führt der bzw. die Interviewer/-in eine Befragung durch. Die Befragung erfolgt persönlich mithilfe eines Fragebogens, der in sechs verschiedenen Sprachen vorliegt, zusätzlich zu Deutsch. Damit auch Personen ohne Schriftkenntnisse an der Befragung teilnehmen können, wurde der Fragebogen in den verschiedenen Sprachen vertont, sodass bei Bedarf die entsprechenden Audios zur Unterstützung abgespielt werden können. Insgesamt wurden auf diese Weise 2016 etwa 4.800 Geflüchtete befragt. Nach der Befragung werden dann die Angaben aller Befragten zusammengespielt, statistisch aufbereitet und ausgewertet und schließlich z.B. in Form von Forschungsberichten veröffentlicht.

Wie geht es mit dem Projekt weiter?

Der Forschungsbericht 30 basiert auf den Angaben aller Geflüchteten, die an der Befragung 2016 teilgenommen haben. Das Projekt ist damit aber nicht abgeschlossen – wie auch im regulären SOEP sollen die Personen, die wir 2016 ausgewählt und befragt haben, auch dieses und nächstes Jahr noch einmal befragt werden. Die Befragung 2017 läuft derzeit und wird noch bis Ende des Jahres andauern. Wenn uns dann die Daten aus der Befragung von 2017 vorliegen, ist es möglich, auch Aussagen über Entwicklungen in diesem Zeitraum zu machen, zum Beispiel inwiefern sich die Deutschkenntnisse im letzten Jahr verbessert haben und warum manche Geflüchtete größere Fortschritte erzielt haben als andere. Diese Erkenntnisse können dann wiederum von Entscheidungsträgern in der Integrationsarbeit genutzt werden, um die gesellschaftliche Integration von Geflüchteten zu fördern.

Der Forschungsbericht 30 "IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten 2016: Studiendesign, Feldergebnisse sowie Analysen zu schulischer wie beruflicher Qualifikation, Sprachkenntnissen sowie kognitiven Potenzialen" steht in der rechten Spalte als Download zur Verfügung.