Jahresgerichtsstatistik 2017 , Datum: 23.02.2018, Format: Meldung, Bereich: Integration , Klagezahlen gegen Asylentscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge

Anstieg der absoluten Klagezahlen lässt keine Rückschlüsse auf Qualität zu

Das BAMF hat in den vergangenen zwei Jahren fast 1,3 Millionen Asylverfahren entschieden, alleine knapp 700.000 im Jahr 2016 – so viel wie nie zuvor. In Folge dessen nahm auch die absolute Zahl der Klagen gegen Entscheidungen des Bundesamts zu. So stieg die Zahl der Klagen von 37.414 im Jahr 2013 auf 300.237 im vergangenen Jahr. Die Klagequote bewegt sich hingegen auf einem vergleichbaren Niveau mit den Vorjahren: 2017 lag die Klagequote gegen Entscheidungen des Bundesamts bei 49,8%, im Jahr 2013 klagten 46,2% der Antragsteller gegen ihren Bescheid.

Jahr Anzahl BAMF-Entscheidungen Schutzquote Klagequote
2011 43.362 22,3% 45,8%
2012 61.826 27,7% 44,8%
2013 80.978 24,9% 46,2%
2014 128.911 31,5% 40,2%
2015 282.726 49,8% 16,1%
2016 695.733 62,4% 24,8%
2017 603.428 43,4% 49,8%

Anmerkung: 2015 und 2016 ging die Zahl der Klagen aufgrund der hohen Anerkennungsquote bzw. des hohen Anteils von Entscheidungen zugunsten von Flüchtlingsschutz vorübergehend zurück.

Die Zahl der Klagen muss immer im Gesamtkontext der Entscheidungszahlen und anderer Faktoren bewertet werden. Rückschlüsse auf die Qualität der Asyl-Entscheidungen des Bundesamts lassen sich aus der Zunahme der Klageverfahren nicht herleiten.

Entscheidungen der Gerichte mehrheitlich zugunsten des Bundesamts

Die Gerichte haben in Asylgerichtsverfahren mehrheitlich nicht zugunsten der klagenden Asylbewerber entschieden: In 32,5% der Fälle wurden die Entscheidungen des Bundeamts bestätigt, in 22% der Fälle haben die Gerichte die Entscheidung des BAMF aufgehoben. 45,5% der Entscheidungen entfielen auf so genannte "sonstige Erledigungen", worunter etwa Einstellungen der Verfahren wegen Nicht-Betreibens durch die Schutzsuchenden, klaglos stellende Abhilfebescheide oder Ausreisen in das Herkunftsland summiert werden. Aus Sicht des Bundesamts müssen auch diese Verfahrenserledigungen in der Gesamtbewertung berücksichtigt werden.

Jahr Gerichtsentscheidungen davon positiv für Antragsteller in Prozent
2013 31.075 4.013 12,9%
2014 40.748 4.130 10,1%
2015 62.828 2.640 4,2%
2016 70.904 9.299 13,1%
2017 147.616 32.522 22,0%

Klagen von syrischen Antragstellern mit subsidiärem Schutz

Die Mehrzahl erfolgreicher Asylklagen im Jahr 2017 betraf Schutzsuchende aus Syrien, die gegen den vom Bundesamt zugesprochenen subsidiären Schutz als Bürgerkriegsflüchtling geklagt hatten.
Erstinstanzliche Verwaltungsgerichte folgten hierbei mehrheitlich nicht der Auffassung des Bundesamts und hatten wegen der unerlaubten Ausreise aus Syrien und Stellung des Asylantrags den höherwertigen Flüchtlingsstatus zuerkannt. Diese Auffassung wurde von keinem Oberverwaltungsgericht geteilt.

Mehrere Oberverwaltungsgerichte sahen auch in der Wehrdienstentziehung oder Desertion von Klägern aus Syrien keinen Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, so z.B. die Oberverwaltungsgerichte Saarland, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Anderer Auffassung sind die Verwaltungsgerichtshöfe in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen.
Die aktuell geltende Rechtslage sieht keine Möglichkeit vor, diesbezüglich eine bundeseinheitliche Tatsachenbewertung herbeizuführen. Unterschiedliche Verfahrensergebnisse in den Bundesländern bei gleichgelagerten Sachverhalten sind deshalb nicht ausgeschlossen.

Zusammenarbeit und Kommunikation mit Gerichten gestärkt

Im Zuge des hohen Flüchtlingsaufkommens von 2015 wurde das Personal des BAMF massiv ausgebaut. Ein Ausbau des Personals im Bereich der Prozessvertretung ist ebenfalls im Gange. Aufgrund der sehr hohen Zahl von Klagen gegen ablehnende Entscheidungen des BAMF und der daraus resultierenden Gerichtsverfahren vor den Verwaltungsgerichten ist es dem BAMF trotz aller Anstrengungen jedoch nicht möglich, in allen Gerichtsterminen erster Instanz anwesend zu sein. Die Verhandlungstermine in den Berufungs- und Revisionssachen werden vom Bundesamt jedoch möglichst ausnahmslos wahrgenommen. Zudem prüft das Bundesamt, ob Verfahren beispielsweise wegen schweren Straftaten oder erstmals anstehenden Grundsatzentscheidungen einer besonderen Prozessbeobachtung unterstellt sind; auch in diesen Fällen strebt das Bundesamt die Wahrnehmung der Verhandlungstermine an.

Das BAMF erkennt den Bedarf der Gerichte nach Ansprechpartnern für Asylklageverfahren selbstverständlich an und hat dazu im vergangenen Jahr eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet:

  • Der Prozessbereich in der Zentrale und an den dezentralen Standorten wurde personell signifikant verstärkt.
  • Die Kommunikation mit den Gerichten wurde intensiviert und eine Hotline für die Gerichte eingeführt. Mitarbeiter des Bundesamts sind für die Gerichte telefonisch erreichbar und übermitteln notwendige Informationen. Nach einer Pilotierung in Baden-Württemberg wurde die Hotline 2018 bundesweit ausgerollt.
  • Darüber hinaus wurde eine Informationsplattform für die Gerichte geschaffen, welche allgemeine Informationen über Ansprechpartner, Zuständigkeiten sowie weitere übergreifende Informationen zur Verfügung stellt.
  • Die Kommunikation mit den Gerichten wurde seit Anfang 2017 schrittweise digitalisiert: Es besteht nun die Möglichkeit, den Aktentransfer und weiteren Schriftwechsel zu und von den Gerichten komplett per elektronischem Versand abzuwickeln. Diese Möglichkeit zur Beschleunigung und Vereinfachung der Prozesse wird zwischenzeitlich von den meisten Verwaltungsgerichten erfolgreich genutzt.