Tagung: Asylrecht in der Praxis , Datum: 03.04.2019, Format: Meldung, Bereich: Behörde

Die aktuellen Herausforderungen bei der Zusammenarbeit zwischen Ausländerbehörden, Gerichten und BAMF standen Ende März im Mittelpunkt der Tagung "Asylrecht in der Praxis". Der Fokus lag auf einem offenen und konstruktiven Austausch zwischen allen Beteiligten.

Mehr als 180 Gäste, darunter Richterinnen und Richter der Verwaltungs­gerichtsbarkeit, Mitarbeitende von Ausländerbehörden, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie UNHCR-Repräsentanten versammelten sich in der Nürnberger Behördenzentrale, um gemeinsam die Zusammenarbeit an entscheidenden Schnittstellen zu diskutieren sowie Möglichkeiten, diese zu optimieren.

Die Tagung hatte neben der fachlichen Information und Diskussion das wesentliche Ziel, dass alle Beteiligten ins Gespräch kommen, um im Arbeitsalltag ihre jeweiligen Aufgaben besser wahrnehmen zu können.

Das Bundesamt solle, so BAMF-Präsident Dr. Hans-Eckhard Sommer, insgesamt mit seiner Expertise präsent und ein zuverlässig erreichbarer und fachlich fundiert auskunftsfähiger Gesprächspartner sein. Dies gelte gleichermaßen gegenüber den Rechtsbeiständen, den Bundesländern und den Ausländerbehörden, aber auch gegenüber der Verwaltungsgerichts­barkeit, die seit Langem eine bessere Erreichbarkeit, mehr Präsenz und kompetente Mitwirkung des Bundesamtes fordere. "Wir nehmen dies sehr ernst und haben unseren Prozessbereich personell massiv verstärkt und qualifiziert", so der BAMF-Präsident und ergänzte: "Mir ist es wichtig, dass meine Mitarbeitenden das Bundesamt aktiv vertreten und auch über die erforderliche Abschlusskompetenz verfügen. Nur dann können wir unserem Anspruch einer umfassenden Qualitätssicherung angemessen gerecht werden."
Auch die Kommunikation mit den Verwaltungsrichterinnen und -richtern soll künftig verbessert werden. Diese wünschen sich insbesondere wieder einen direkten Kontakt mit dem zuständigen Prozessbereich des Bundesamtes anstelle der zwischenzeitlich eingeführten zentralisierten Auskunftserteilung über eine Gerichtshotline. Diesem Wunsch soll laut dem BAMF-Präsidenten nun entsprochen werden: "Die jeweils zuständigen Mitarbeitenden des Prozessbereichs stehen Ihnen nunmehr wieder direkt zur Verfügung." Der Teil der Hotline, der Sachstandsauskünfte erteilt, soll weiterhin erhalten bleiben.

Dem Leitgedanken der Fachtagung folgend, erläuterte Abteilungsleiterin Ursula Gräfin Praschma in ihrem Vortrag wichtige Zahlen, Daten und Fakten zu den Asylverfahren der Jahre 2015 bis 2018. Rund 1,8 Millionen Entscheidungen über Erst- und Folgeanträge seien seit dem Jahr 2015 getroffen worden, davon hätten 50 Prozent der Antragstellenden einen Schutzstatus erhalten. Die Verfahrensdauer für Jahresverfahren läge aktuell bei 3,1 Monaten. Positive Bilanz zog sie auch im Bereich Integration: Seit 2015 besuchten rund eine Million Kursteilnehmende die Integrationskurse, rund 300.000 einen Berufssprachkurs.

Eine Frau steht am Rednerpult. Ursula Gräfin Praschma, Abteilungsleiterin "Grundlagen des Asylverfahrens, Qualitätssicherung, Informationszentrum Asyl und Migration, Prozessführung" Quelle: BAMF

Den Schwerpunkt der Fachtagung bildeten sechs Fachforen zu den Themen

  • "Elektronischer Datenaustausch",
  • "Widerrufsverfahren",
  • "Herausforderungen Dublin-Verfahren und Schutz im Mitgliedsstaat",
  • "Abschiebungsverbote, Eilrechtschutz",
  • "Rolle des BAMF als Prozesspartei" und
  • "Qualität der Anhörungs- und Entscheidungspraxis des BAMF".

Die Foren boten den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich intensiv zu den jeweiligen Themenbereichen fachlich auszutauschen. Unter Einbeziehung der jeweils unterschiedlichen Perspektiven der verschiedenen beteiligten Institutionen wurden Fragen diskutiert wie: Wo liegen die Schnittstellen zwischen den teilnehmenden Behörden? Wie kann die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten verbessert werden?

Im Hinblick auf den Elektronischen Datenaustausch wurde dabei insbesondere die behördenübergreifende Nutzung einheitlicher IT-Standards herausgearbeitet. Eine lückenlose gegenseitige Information aller Beteiligten wurde im Rahmen des Forums zum Widerrufsverfahren von den Teilnehmenden als unerlässlich angesehen. Im Forum zu den Herausforderungen des Dublin-Verfahrens standen die praktischen Herausforderungen im Rahmen von Überstellungen in andere Mitgliedsstaaten im Fokus. Die Teilnehmenden des Forums zu Abschiebungsverboten und Eilrechtsschutz befassten sich unter anderem mit den Herausforderungen, die sich aufgrund der unterschiedlichen behördlichen Zuständigkeiten im Hinblick auf die Sachentscheidung und den Vollzug ergeben.

Teilnehmende an der Podiumsdiskussion sitzen auf der Bühne. v.l.n.r.: BAMF-Präsidenten Dr. Sommer, Prof. Dr. Uwe Berlit, Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht, Moderatorin und Leiterin des Leitungsstabs Katrin Hirseland, Torsten Böhling, Leiter Zentrale Ausländerbehörde Bielefeld, und Rechtsanwalt Dr. Reinhard Marx bei der Podiumsdiskussion Quelle: BAMF

Im Rahmen des Forums zur Rolle des BAMF als Prozesspartei wurden die Präsenz des BAMF in erstinstanzlichen Verhandlungen sowie Möglichkeiten zur Vereinheitlichung der Rechtspraxis bei rechtlichen Grundsatzfragen thematisiert. In der Diskussion im Forum zur Anhörungs- und Entscheidungspraxis des BAMF wurde deutlich herausgestellt, dass die Anhörung und die Entscheidung des BAMF die zentrale Basis bilden für die Arbeit und nachfolgende Entscheidungen der Gerichte und Ausländerbehörden.

Die gemeinsamen Herausforderungen auf Basis der Ergebnisse aus den Fachgesprächen wurden anschließend bei der Podiumsdiskussion vertieft. Wie gestalten wir die künftige Zusammenarbeit? Diese Frage stand im Fokus des Austausches der Podiumsgäste.

Das Fazit der Teilnehmenden war einhellig: Der Austausch war intensiv und konstruktiv, auch wenn man zu einzelnen Themen durchaus unterschiedlicher Meinung war. Der angestoßene gute Dialog soll fortgesetzt werden.