"Uns ist der Dialog mit der kritischen Zivilgesellschaft wichtig." , Datum: 23.06.2020, Format: Meldung, Bereich: Asyl und Flüchtlingsschutz

Das diesjährige Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz steht wie viele andere Veranstaltungen unter den Voraussetzungen der Corona-Pandemie und findet deshalb digital statt. Vom 22. bis zum 23. Juni 2020 tauschen sich Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Verwaltung, Justiz, Wissenschaft und Nichtregierungsorganisationen und Menschen mit Fluchtgeschichte aus. BAMF-Vizepräsidentin Ursula Gräfin Praschma ist beim Symposium mit einem Vortrag zu den aktuellen Herausforderungen aus Perspektive des Bundesamts vertreten. Im Interview spricht sie über die Rolle des BAMF im Symposium, über Pandemie-bedingte Veränderungen in der Arbeit des Bundesamts und über ihren Start als neue BAMF-Vizepräsidentin im vergangenen Monat.

Gräfin Praschma, Sie haben bereits über 30 Jahre Erfahrungen in verschiedenen Bereichen des Bundesamts sammeln können. Seit dem 01.05.2020 sind Sie Vizepräsidentin, wie war der Start in Ihrer neuen Position angesichts der aktuellen Situation?

Gräfin Praschma: Ich habe mich sehr über die vielen positiven Rückmeldungen zu meiner Ernennung gefreut. Mir ist hierdurch ein großer Vertrauensvorschuss gewährt worden. Gerne möchte man in so einer Situation persönlich Kontakt zu seinen Mitarbeitenden aufnehmen, um sie und die Themen, die sie beschäftigen, näher kennenzulernen. Leider erschwert die derzeitige Pandemielage dies, was ich sehr bedaure. Die Pandemie hat uns aber auch vor noch größere Herausforderungen gestellt, die wir sehr gut bewältigt haben. In 30 Jahren habe ich eine solche Situation nicht erlebt.

Sie nehmen heute am 20. Symposium zum Flüchtlingsschutz teil. Welche Rolle nimmt das BAMF beim Symposium ein?

Gräfin Praschma: Das Bundesamt war bei den meisten der 20 Symposien vertreten. Bei diesen Veranstaltungen haben wir oft Kritik an unserer Vorgehensweise erfahren, konnten aber auch die Gründe für unser Vorgehen transparent machen. Uns ist der Dialog mit der kritischen Zivilgesellschaft wichtig, da die Ergebnisse des Dialogs in unsere Arbeit einfließen. Unsere Teilnahme ist auch für die Veranstaltung selbst wichtig, damit die Debatte über Migration mit einem der wichtigsten Akteure auf diesem Gebiet geführt werden kann.

Durch die Corona-Pandemie gab es weitreichende Veränderungen. Wie hat die Corona-Pandemie die Arbeit des Bundesamts beeinflusst bzw. vor welche aktuelle Herausforderungen stellte und stellt die Situation das Bundesamt?

Gräfin Praschma: In der Pandemie gilt – wie für das Amt ohnehin – den Menschen im Blick zu haben. Dabei geht es darum, den Menschen, die in dieser Zeit als Geflüchtete zu uns gekommen sind, gerecht zu werden und für sie Verantwortung zu übernehmen in dieser Ausnahmesituation. Zugleich mussten und müssen wir unsere Mitarbeitenden schützen und das Verfahren aufrechterhalten. Die Anhörung ist das Herzstück des Verfahrens und daher lebt es von ihr. Die besonderen Rahmenbedingungen erschweren die Kommunikation zwischen den Asylantragstellern und Antragstellerinnen sowie den Entscheiderinnen und Entscheidern. Dies ist nur ein Beispiel. In allen Formen des persönlichen Kontaktes, sei es die Antragsstellung, die Beratungstätigkeiten, etc., musste über Umstellung der Verfahren oder Einstellung der selbigen nachgedacht werden. Nach einem großen gemeinsamen Kraftakt haben wir unsere Außenstellen so ausstatten können, dass eine an die Pandemie angepasste Wiederaufnahme der Verfahren ermöglicht wurde.

Gibt es neue Ansätze oder Strategien, die das Bundesamt Pandemie-bedingt etabliert hat, die es aber auch nach der Krise fortführen wird?

Gräfin Praschma: Das Thema Digitalisierung hat grundsätzlich eine ganz andere Bedeutung und Dimension in dieser Situation erlangt. In diesem Bereich laufen bereits zahlreiche Vorhaben, die wir noch stärker fördern werden. Aber auch die Einstellung zum mobilen Arbeiten, zu Telefon- und Videokonferenzen hat sich geändert, eine andere Normalität im Umgang mit diesen Techniken hat Einzug gehalten. Am wichtigsten ist jedoch der Zusammenhalt in der Belegschaft. Das Gemeinschaftsgefühl wurde gestärkt und ich wünsche mir sehr, dass wir dieses erhalten.