Bessere Deutschkenntnisse und mehr soziale Kontakte bei Geflüchteten , Datum: 14.04.2021, Format: Meldung, Bereich: Behörde , Vierte Welle der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten

Das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) veröffentlicht neue Forschungsergebnisse zur Entwicklung von Deutschkenntnissen und sozialen Kontakten bei geflüchteten Menschen sowie zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Grundlage für die Analysen bilden bisher unveröffentlichte Daten der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten sowie einer COVID-19-Zusatzbefragung.

Wir haben mit den zwei Autorinnen und dem Autor der Studie – Wenke Niehues, Dr. Nina Rother und Dr. Manuel Siegert aus dem Bereich "Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt" im BAMF-Forschungszentrum – über die wichtigsten Erkenntnisse der Kurzanalyse 4|2021 gesprochen.

Welche neuen Erkenntnisse liegen im Zusammenhang mit den Deutschkenntnissen und der Teilnahme von Geflüchteten an Sprachkursen vor?

Eine Frau lächelt in die Kamera. Wenke Niehues Quelle: privat

Niehues: Unsere Analysen zeigen für das Befragungsjahr 2019, dass sich die Deutschkenntnisse bei Geflüchteten, die zwischen 2013 und 2016 nach Deutschland eingereist sind, weiter verbessert haben. Fast 90 Prozent der Geflüchteten haben bis 2019 mindestens einen Sprachkurs besucht. Insbesondere jüngeren, besser gebildeten und männlichen Geflüchteten scheint der Spracherwerb vergleichsweise leicht zu fallen. Sie weisen 2019 besonders viele gute bis sehr gute Deutschkenntnissen auf. Dennoch gibt es nach wie vor Gruppen, bei denen dieser Prozess nicht so einfach verläuft: Ältere Geflüchtete, Geflüchtete mit niedrigerem Bildungsniveau und insbesondere weibliche Geflüchtete mit (kleinen) Kindern investieren seit 2016 zwar beständig Zeit in den Erwerb der deutschen Sprache, aber der Spracherwerb geht langsamer voran. Diese Personengruppen konnten bis 2019 verstärkt mittlere Sprachkenntnisse aufbauen und gaben – teilweise auch trotz Sprachkursbesuch – seltener an, dass sie über gute oder sehr gute Deutschkenntnisse verfügen. Auf diesen Gruppen sollte daher weiter das Augenmerk bei der Integrationsarbeit liegen.

Wie verhält es sich mit den Kontakten der Geflüchteten zu Deutschen, steigt ihr Anzahl mit den Jahren? Lassen sich dabei ähnliche Muster wie beim Spracherwerb beobachten?

Siegert: Ja, zwischen 2016 und 2019 nimmt unter den Geflüchteten der Anteil derjenigen zu, die häufig Zeit mit Deutschen verbringen. 2019 trifft dies auf die Hälfte der Befragten zu. Darüber hinaus geben bis 2019 mehr Geflüchtete an, dass sie ihre persönlichen Gefühle und Gedanken mit Deutschen teilen – auch engere Beziehungen zwischen Geflüchteten und Deutschen scheinen zuzunehmen. Dabei bestätigen unsere Analysen, dass zwischen den Deutschkenntnissen und den Kontakten zu Deutschen ein starker Zusammenhang besteht. Bemerkenswert ist, dass dieser Zusammenhang wechselseitig zu sein scheint: Gute Deutschkenntnisse sind einerseits eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Deutsche und Geflüchtete sich austauschen können. Andererseits unterstützt ein regelmäßiger Austausch den Deutscherwerb, da die Geflüchteten auch von ihren deutschen Kontakten lernen.
Zudem zeigen unsere Analysen, dass nicht nur Geflüchtete mit schlechteren Deutschkenntnissen, sondern auch ältere Geflüchtete sowie weibliche Geflüchtete mit kleinen Kindern langsamer Kontakte zu Deutschen aufbauen als jüngere, männliche oder Geflüchtete mit besseren Deutschkenntnissen. Somit zeigt sich hier ein ähnliches Muster wie beim Deutscherwerb. Da bei älteren, weiblichen Geflüchteten und Geflüchteten mit schlechteren Deutschkenntnissen die Kontakthäufigkeit zu Deutschen teilweise sogar rückläufig ist, laufen diese Gruppen Gefahr, bei der sozialen Integration ins Hintertreffen zu geraten.

Welche Aussagen lassen sich bereits zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den Spracherwerb und die sozialen Kontakte der Geflüchteten treffen?

Eine Frau lächelt in die Kamera. Dr. Nina Rother Quelle: © BAMF

Rother: Unsere Auswertungen zeigen, dass während der Pandemie im Sommer 2020 die Kontakte der Geflüchteten zu Deutschen abgenommen haben und viele Befragte von einer Stagnation oder sogar Verschlechterung ihrer Deutschkenntnisse berichten. Zudem deuten unsere Analysen darauf hin, dass besonders diejenigen Teilgruppen, die ohnehin über eher niedrige Ausgangsniveaus verfügen, besonders stark von den Folgen der Pandemie betroffen sein könnten. Dies sind jedoch nur erste Trends – umfangreichere und zuverlässigere Aussagen über Auswirkungen der Pandemie auf die Lebenssituation bei Geflüchteten werden erst mit Hilfe der Daten der regulären Befragungen der nächsten Jahre zu treffen sein. Dennoch bleibt zu hoffen, dass die COVID-19-bedingten Entwicklungen von möglichst kurzer Dauer sein werden und die Deutschkenntnisse im Anschluss an die Pandemie wieder zunehmen und es auch wieder vermehrt zu Kontakten sowie zum Austausch zwischen Geflüchteten und Deutschen kommen kann.


Spracherwerb und soziale Kontakte schreiten bei Geflüchteten voran Format: Kurzanalyse, Dieser Download ist in weiteren Sprachen verfügbar

Die BAMF-Kurzanalyse 4|2021 untersucht, wie sich zwischen 2016 und 2019 die sozialen Kontakte und Deutschkenntnisse bei Geflüchteten entwickelt haben.