BAMF-Forschung im Dialog , Datum: 30.07.2021, Format: Meldung, Bereich: Behörde , Neue Reihe startet mit Online-Vortrag zu "Muslimisches Leben in Deutschland 2020"

Unter dem Motto "BAMF-Forschung im Dialog" wurde am 21. Juli 2021 die Studie "Muslimisches Leben in Deutschland 2020 (MLD 2020)" in einer Online-Auftaktveranstaltung vorgestellt. Rund 100 Teilnehmende aus Zivilgesellschaft, Verwaltung und Wissenschaft diskutierten mit den Autorinnen Fragen rund um die Themen Integration, Religiösität und Methodik der Studie.

Die BAMF-Forscherinnen, Katrin Pfündel, Dr. Anja Stichs und Dr. Kerstin Tanis, präsentierten beim Online-Vortrag die Ergebnisse der Studie "MLD 2020" und diskutierten zahlreiche Fragen und Anregungen der zugeschalteten Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Der gemeinsame Austausch war facettenreich und spiegelte das Interesse der Teilnehmenden an der großen Studie wieder, zu der im nächsten Jahr ein zusätzliches Working Paper u.a. zu wahrgenommener Diskriminierung erscheint.

"Wir freuen uns, dass die Studienpräsentation auf so großes Interesse gestoßen ist und werden daher künftig auch zu anderen Themen des Forschungszentrums den Dialog suchen", so Dr. Axel Kreienbrink, Gruppenleiter im Forschungszentrum, der durch die Veranstaltung führte.

Im Dialog mit den BAMF-Forscherinnen wurden unterschiedliche Themen näher beleuchtet – hier ein Auszug

Dr. Anja Stichs über die Durchführung der Befragung:

Eine Frau lächelt in die Kamera. Dr. Anja Stichs Quelle: © BAMF

"Wesentliche Voraussetzung, um repräsentative Daten zu erlangen ist, dass aus dem Kreis der Menschen, die zur Zielgruppe gehören, eine Zufallsauswahl erfolgt. Wir haben daher in 288 Einwohnermeldeämtern eine Stichprobe unter den dort gemeldeten Personen im Alter ab 16 Jahren gezogen. Anhand der Vor- und Nachnamen wurden in einem zweiten Schritt Menschen identifiziert, die voraussichtlich unserer Zielgruppe angehören. Diese Menschen wurden von Interviewerinnen und Interviewern aufgesucht. In einem Vorinterview wurde geprüft, ob sie tatsächlich einen Migrationshintergrund aus einem muslimisch geprägten Land haben. Die Teilnahme an der Befragung war freiwillig und fand auf Basis eines standardisierten Fragebogens statt. Damit sich auch Menschen mit nicht so guten deutschen Sprachkenntnissen beteiligen können, wurde die deutsche Version des Fragebogens in sieben Sprachen übersetzt."

Für die Studie wurden mehr als 4.500 Menschen mit einem Migrationshintergrund aus einem muslimisch geprägten Herkunftsland im Rahmen einer bundesweiten Repräsentativbefragung interviewt. Die Interviewerinnen und Interviewer wurden im Vorfeld vom Befragungsinstitut Kantar geschult, um eine hohe Datenqualität sicherzustellen.

Katrin Pfündel über die Religiosität der befragten Musliminnen und Muslime:

"Wir sehen nur geringe Unterschiede in der Religiosität der befragten Musliminnen und Muslime, wenn wir die Studienergebnisse von heute mit denen aus dem Jahr 2008 vergleichen. Bei der Gläubigkeit zeigt sich ein leichter Rückgang der starkgläubigen Personen von 36 Prozent im Jahr 2008 auf 29 Prozent in Jahr 2020. Auch bei der religiösen Alltagspraxis sind die Unterschiede gering. Beispielsweise ist der Anteil der täglich betenden Personen in der Studie von 2020 fünf Prozentpunkte höher als noch im Jahr 2008."

Dr. Kerstin Tanis über die Verbundenheit der Musliminnen und Muslime zu Deutschland:

Eine Frau blickt in die Kamera. Dr. Kerstin Tanis Quelle: BAMF

"Unabhängig von der Herkunftsregion fühlen sich muslimische, selbst Zugewanderte mehrheitlich Deutschland stärker verbunden als ihrem Herkunftsland. Nach Berücksichtigung der Herkunftsregion stellen wir fest, dass der Anteil an Personen, die sich Deutschland stärker als ihrem Herkunftsland verbunden fühlen, unter kürzlich zugewanderte Personen aus dem Nahen und Mittleren Osten am höchsten ist. Dies lässt sich dadurch erklären, dass diese Gruppe stark von Fluchtzuwanderung geprägt. Geflüchtete zeigen sich Deutschland gegenüber dankbar. Darüber hinaus ist die Verbundenheit zu ihren Heimatländern, aus denen sie aufgrund von Krieg und Verfolgung geflohen sind, sehr gering."

Der Grad der gesellschaftlichen Integration kann anhand verschiedener Integrationsdimensionen bestimmt werden. Neben anderen wurden dazu in dieser Studie die Verbundenheit zu Deutschland und die Arbeitsmarktintegration herangezogen.


Ausblick

"Muslimisches Leben in Deutschland 2020 (MLD 2020)" ist Bestandteil der gleichnamigen Studienreihe, die das BAMF-Forschungszentrum im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz seit 2008 durchführt. Für die Studie wurde eine Fülle an Daten gewonnen, die nach und nach ausgewertet werden. Der kürzlich veröffentlichte Forschungsbericht machte den Anfang der Veröffentlichungen zu "MLD 2020". Es folgen im nächsten Jahr ein Working Paper zu wahrgenommener Diskriminierung sowie eines zu Einstellungen gegenüber Angehörigen anderer gesellschaftlicher Gruppen.