Tag der Menschen mit Behinderung , Datum: 03.12.2021, Format: Meldung, Bereich: Behörde

7 Milliarden Menschen leben auf der Welt und mehr als eine Milliarde oder 15 Prozent der Weltbevölkerung leben mit irgendeiner Form der Behinderung. Die jährliche Begehung des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember soll daran erinnern, dass die Rechte und das Wohlergehen dieser Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft gefördert und das Bewusstsein für deren Situation gestärkt werden.

Ein wichtiger Baustein für die Inklusion von Menschen mit Behinderung ist der Aufbau und die ständige Weiterentwicklung einer barrierefreien Informationstechnik. Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt und die Bereitstellung digitaler Inhalte in Onlineformaten erfordert es auch im Bundesamt das Thema verstärkt in den Fokus zu nehmen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge achtet deshalb schon bei der Entwicklung seiner öffentlich zugänglichen Internetangebote projektbegleitend auf die erforderlichen Kriterien der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (BITV) wie auch eine Überprüfung der BAMF-Homepage durch die Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationtechnik zu Beginn des Jahres bestätigt hat.

Die Überwachungsstelle des Bundes, kurz BFIT-Bund, hat ihre Arbeit im Herbst 2019 aufgenommen. Sie ist auf der Grundlage der neuen Regelungen des Behindertengleichstellungsgesetzes des Bundes (BGG) in § 13 Absatz 3 ins Leben gerufen worden und erfüllt damit auch einen Teil der Aufgaben, welche dem Mitgliedstaat Deutschland durch § 8 der Richtlinie (EU) 2016/2102 in Fragen der Überwachung, Überprüfung sowie der Berichtslegung von digitalen Angeboten von öffentlichen Stellen übertragen worden sind.

Gemeinsam mit den Selbstvertretungsvereinigungen von Menschen mit Beeinträchtigungen sowie aus Forschung, Wirtschaft und Verwaltung dokumentiert sie den jeweils aktuellen Stand der Technik, erarbeitet gesicherte Erkenntnisse und veröffentlicht praxisnahe Publikationen zur Umsetzung der digitalen Barrierefreiheit.

Das Team der Überwachungsstelle besteht aus dem Leiter, Michael Wahl, Gesundheitsökonom und Magister in Politikwissenschaft und Philosophie und seinen Mitarbeitenden Alexander Pfingstl und Marko Zesch.

Alexander Pfingstl arbeitet seit Mai 2020 für die BFIT-Bund. Er ist blind und hat daher einen starken persönlichen Bezug zum Thema digitale Barrierefreiheit. Vor seiner Tätigkeit bei der Überwachungsstelle hat er sich mit der Implementierung von Lösungen und Prozessanalysen im Bereich des Kundenbeiziehungsmanagement (Customer Relationship Management, CRM) beschäftigt.

Im Gespräch erläutert der Experte für digitale Barrierefreiheit seine Erfahrungen als Nutzer von Internetseiten der Bundesverwaltung, was aus seiner Sich an den Angeboten verbessert werden kann und muss und was er sich von allen Beteiligten wünscht. 

BAMF: Herr Pfingstl, welche Erfahrungen haben Sie als Nutzer von Internetseiten der Bundesverwaltung mit Barrierefreiheit gemacht?

Alexander Pfingstl: Die Barrierefreiheit ist sehr unterschiedlich, ich konnte bisher alle meine Anliegen, die ich in der Vergangenheit hatte, gut bearbeiten. Durch meine Arbeit sehe ich, dass es ein großes Bemühen gibt, im Bereich der Barrierefreiheit immer besser zu werden. Aus meiner Sicht ist das Thema bei vielen mittlerweile gut angekommen.

BAMF: Welche Aspekte der Barrierefreiheit sollten Internetangebote erfüllen, hinsichtlich verschiedener Behinderungen (Sprache, Sehen, Hören, Motorik, etc.)?

Alexander Pfingstl: Generell lässt sich sagen, dass die Gruppe der Seheingeschränkten oder Blinden ganz gut dasteht. Viel Potential sehe ich bei der Gruppe der kognitiv eingeschränkten Menschen und den Gehörlosen. Hier sind die aktuellen gesetzlichen Vorgaben nicht so umfassend, wie es für andere Beeinträchtigungsgruppen der Fall ist. Daher kann speziell auf die Bedürfnisse dieser beiden Gruppen besonders Wert gelegt werden. Natürlich ist es auch so, dass mit zunehmender Komplexität der Webauftritte, auch die Barrieren steigen. Gerade im Bereich der Formulare, die eine immer größere Rolle spielen, ist noch viel Potential, damit diese einfach von allen Nutzenden verwendet werden können.

BAMF: Was könnten Akteure in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft an dieser Situation noch verbessern?

Alexander Pfingstl: Die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft sollten dem Thema aus meiner Sicht einen noch größeren Raum geben, da es in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die Gesellschaft wird immer älter, daher wird es immer wichtiger, dass wir auch im digitalen Bereich dafür sorgen, dass Barrieren abgebaut werden.

BAMF: Wie sollte die breite Öffentlichkeit mit den Menschen mit Behinderung umgehen?

Alexander Pfingstl: Die Öffentlichkeit darf Menschen mit Beeinträchtigungen nicht ausgrenzen. Sie muss offen sein für deren Bedürfnisse und Hilfe überall anbieten, wo Barrieren existieren.

BAMF: Und was wünschen Sie sich von den Menschen mit Behinderung selbst.

Alexander Pfingstl: Die Menschen mit Behinderung sollten sich noch mehr öffnen für neue Techniken und Lösungsansätze, offen sein für Fragen der Gesellschaft und ihre Hilfe anbieten, um Barrieren im digitalen Umfeld abzubauen