Arbeiten in Deutschland – und gleichzeitig flexibel europaweit tätig sein , , Die ICT-Karte ermöglicht internationalen Fachkräfteeinsatz aus Drittstaaten durch unternehmensinterne Personaltransfers in die EU
In Deutschland leben und arbeiten: Mit einem unternehmensinternen Transfer (ICT: Intra-Corporate Transfer) bekommen Führungskräfte, Spezialistinnen und Spezialisten sowie Trainees, die in einem Unternehmen außerhalb der EU beschäftigt sind, die Möglichkeit, vorübergehend an einem Standort ihrer Firma innerhalb der EU oder innerhalb eines anderen Unternehmens der gleichen Unternehmensgruppe in der EU zu arbeiten. Dass diese Form des Personaleinsatzes für Unternehmen ein attraktives Instrument im Personalwesen ist, zeigt die Informationsnachfrage von Unternehmensführungen und Personalverantwortlichen. Bei einer gemeinsam durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Bundesagentur für Arbeit initiierten Online-Veranstaltung informierten Expertinnen und Experten zum unternehmensinternen Transfer internationaler Fachkräfte.
Informationen aus erster Hand per Video-Konferenz: Rund 140 Interessierte aus Unternehmen und Institutionen haben sich eingeloggt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Bundesagentur für Arbeit (BA) haben neben eigenen Referentinnen und Referenten auch Mitarbeitende der Ausländerbehörde Frankfurt am Main und ein mit Personaltransfer erfahrenes Unternehmen zum Online-Dialog und Erfahrungsaustausch eingeladen. Die Teilnehmenden wollen lernen, wie sie die von der Europäischen Union (EU) geschaffene Möglichkeit des unternehmensinternen Transfers für ihr Personal optimal nutzen können, welche rechtlichen Regeln es zu beachten gilt und welche Erfahrungen andere Firmen in der praktischen Umsetzung der Regelung bereits gemacht haben. "Wir wollen das Potenzial der ICT-Richtlinie künftig noch weiter ausschöpfen", gibt Dr. Patrick Schmidtke, Leiter der Gruppe "Aufenthaltsrecht, Fachkräfteeinwanderung, Ausländerzentralregister und Rückkehr" im BAMF zu Beginn der Veranstaltung das gemeinsame Ziel aus. "Denn die Richtlinie hat vereinfachte Verfahren für die Mitgliedstaaten ermöglicht, die es zu nutzen gilt."
Ziel der 2014 eingeführten ICT-Richtlinie ist es, Unternehmen viel Flexibilität beim Einsatz von Mit-arbeitenden in Unternehmensniederlassungen in der EU zu gewähren. Sie regelt Einreise und Aufenthalt von unternehmensintern Transferierten aus Drittstaaten einheitlich in der EU. So erhält beispielsweise eine Ingenieurin, die von ihrer Firma mit Sitz in der Türkei für mehr als 90 Tage in eine Niederlassung in Deutschland entsendet werden soll, eine ICT-Karte in Deutschland. Der bisherige Arbeitsvertrag aus der Türkei behält währenddessen seine Gültigkeit, und die Mitarbeiterin kann für maximal drei Jahre an Unternehmensstandorte in Deutschland entsendet werden. Auf Grundlage der ICT-Karte kann sie zudem flexibel vorübergehend auch an Unternehmensstandorten in anderen EU-Mitgliedstaaten für ihre Firma tätig werden.
Über die ICT-Richtlinie sind die Voraussetzungen für derartige Entsendungen aus Drittstaaten in die EU klar geregelt: So muss die zu entsendende Person beispielsweise nachweisen, dass sie seit mindestens sechs Monaten bei ihrer Firma beschäftigt ist und am Unternehmensstandort innerhalb der EU als Führungskraft tätig sein wird oder als Spezialistin bzw. Spezialist über besondere Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die am europäischen Firmenstandort zum Einsatz kommen sollen. Die BA prüft u. a., dass das Arbeitsentgelt mindestens dem vergleichbarer inländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entspricht. Sonderregelungen gelten für Trainees, also Hochschulabsolventinnen oder Hochschulabsolventen, die ein Nachwuchsförderprogramm eines Unternehmens absolvieren, um sich dadurch Schlüsselfertigkeiten für zukünftige Tätigkeiten innerhalb des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe anzueignen: Sie dürfen sich mit der ICT-Karte für maximal ein Jahr an einem EU-Standort ihres Unternehmens aufhalten.
Die ICT-Karte wird jeweils von dem EU-Land ausgestellt, in dem der längste Aufenthalt vorgesehen ist. Wäre für eine Führungskraft aus einem Unternehmen mit Sitz in Argentinien also zum Beispiel grundsätzlich ein Einsatz in Spanien geplant, könnte der Mitarbeitende dennoch auch in einer Niederlassung seiner Firma in Deutschland arbeiten: Im Zuge der sogenannten kurzfristigen Mobilität dürfte er bis zu 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen ohne einen deutschen Aufenthaltstitel in einer deutschen Niederlassung eingesetzt werden. Nach einer Mitteilung des Arbeitsgebers über den geplanten unternehmensinternen Transfer noch vor der Einreise nach Deutschland stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, bei Vorliegen aller Voraussetzungen, eine Bescheinigung über die Berechtigung zur kurzfristigen Mobilität aus. Die Mitteilung über die Entsendungsabsicht kann vom Arbeitgeber vom Ausland aus elektronisch eingereicht werden.
Auch ein länger als 90 Tage dauernder Einsatz in einer deutschen Niederlassung eines ausländischen Unternehmens ist möglich: Hierzu ist die so genannte "Mobiler-ICT-Karte" notwendig. Mitarbeitende aus Drittstaaten, die nach einer ersten Entsendung in ein EU-Land längerfristig in Deutschland eingesetzt werden sollen, müssen für die Dauer des Antragsverfahrens im Besitz einer ICT-Karte für einen anderen EU-Staat sein. Die Ausländerbehörde am Ort der deutschen Niederlassung kann dann einen über 90 Tage hinausgehenden Transfer mittels Mobiler-ICT-Karte ermöglichen.
Übrigens: Wird in Deutschland eine ICT-Karte oder Mobiler-ICT-Karte erteilt, erhalten Ehepartnerin oder Ehepartner bzw. Lebenspartnerin oder Lebenspartner und die minderjährigen, ledigen Kinder für denselben Zeitraum ebenfalls eine Aufenthaltserlaubnis.
Die Online-Veranstaltung zeigt: Zahlreiche Praxis-Fragen beschäftigen Personalverantwortliche und Führungskräfte, wenn es darum geht, spezialisierte Fachkräfte aus dem Ausland am deutschen Unternehmensstandort zu beschäftigen: Wie lange dauert die Erteilung der ICT-Karte, wenn sie aus Japan beantragt wird? Ist ein Hochschulabschluss Voraussetzung für die zu entsendenden Mitarbeitenden? Gibt es Möglichkeiten, im Anschluss an einen Aufenthalt mit ICT einen anderen Aufenthaltstitel für einen Mitarbeitenden zu bekommen, ohne dass dieser erst wieder sechs Monate ausreisen muss? Auf viele dieser Fragen geben beispielsweise die FAQ zur ICT-Richtline und EU-Mobilität des BAMF Antwort.
Immer mehr Firmen sammeln Erfahrung im internationalen Personaleinsatz: So stimmte die BA im Jahr 2021 laut eigenen Angaben mehr als 4.500 Anträgen auf Erteilung einer ICT-Karte bzw. Mobiler-ICT-Karte zu. Firmen und ihre Mitarbeitenden schätzen insbesondere die Möglichkeiten, die eine Entsendung über die ICT-Richtlinie bietet: So ist beispielsweise im Gegensatz zu anderen Aufenthaltstiteln für die Entsendeten und ihre Familie kein deutsches Sprachzertifikat nötig und auch das Visa-Verfahren für mitziehende Angehörige verläuft unkompliziert, berichten Unternehmensvertretende im Erfahrungsaustausch. Auch das Einreichen der nötigen Unterlagen ist meist digital möglich: So verläuft etwa das Mitteilungsverfahren für eine kurzfristige Mobilität innerhalb der EU gemäß § 19a AufenthG datenschutzkonform und medienbruchfrei über das IT-System "MoNa" ans BAMF. Ein Webtutorial leitet interessierte Unternehmen und Mitarbeitende durch die Anwendung.