IT-Fachanwendung: "FREE" im Einsatz , Datum: 01.06.2022, Format: Meldung, Bereich: Behörde , IT-Fachanwendung zur Registerführung, Erfassung und Erstverteilung

Die Aufnahme und Unterstützung der ankommenden Flüchtlinge kann nur gemeinsam gelingen: Bund und Bundesländer arbeiten deshalb eng zusammen. Für Bundesländer, die im Zusammenhang mit der Registrierung von Flüchtlingen aus der Ukraine um Amtshilfe ersuchen, leistet das Bundesamt rasch Unterstützung: Je nach Bedarf stellt das BAMF Registrierungsstationen (PIK) bereit, baut sie auf, richtet sie ein und unterstützt die Länder personell (veröffentlicht im Behördenspiegel, Juni-Ausgabe 2022, Seite 5).

Aktuell unterstützt das Bundesamt alle 16 Bundesländer mit 180 Registrierungsstationen und über 270 Mitarbeitenden (Stand 11.05.2022). Zu den Aufgaben gehört unter anderem die erkennungsdienstliche Behandlung der Ankommenden: Es werden Fingerabdrücke genommen, Personendaten erfasst und Fotos gemacht.

Größtenteils sind die Geflüchteten aus der Ukraine Frauen und Kinder. Mit der IT-Anwendung FREE können familiäre Bindungen bei der Verteilung der Menschen auf die Bundesländer berücksichtigt und Familien hierzulande zusammengeführt werden. Quelle: BS/Animaflora PicsStock, stock.adobe.com

Verteilung nach Königsteiner Schlüssel

Ein Großteil der Ankommenden kommt zwar aktuell privat unter, beispielsweise bei Verwandten, Bekannten oder freiwillig Unterstützenden. Personen, die jedoch unmittelbar eine Unterkunft benötigen und auf staatliche Leistungen angewiesen sind, werden auf die Bundesländer nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt. Hier kommt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ins Spiel: Es ist zuständig für die Verteilung der Geflüchteten auf die Bundesländer nach § 24 Abs. 3 AufenthG. Dazu dient seit Kurzem die Fachanwendung FREE. Diese ist vor dem Hintergrund der Ukrainesituation hochagil – in kürzester Zeit – neu entwickelt worden. Damit wurde auch eine Forderung des Deutschen Städtetages direkt erfüllt (siehe Behörden Spiegel Ausgabe April 2022, S. 13).

Die Verteilung von Personen, die ein Schutzgesuch für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG geäußert haben, erfolgte bislang über das EASY-System für die Erstverteilung von Asylsuchenden. Seit dem 2. Mai 2022 erfolgt nun die Verteilung für ukrainische Geflüchtete über die vom BAMF eigens für diesen Zweck entwickelte IT-Anwendung “FREE”, die “Fachanwendung zur Registerführung, Erfassung und Erstverteilung zum vorübergehenden Schutz”. Die Verteilung erfolgt damit automatisiert anhand des Königsteiner Schlüssels und bietet die Möglichkeit, individuelle Rahmenbedingungen der Geflüchteten, wie z. B. familiäre Bindungen, bei der Verteilung zu berücksichtigen.

Zur reibungslosen Anwendung von FREE wurden Mitarbeitende der Länder, die mit dem System arbeiten sollen, als Multiplikatoren bereits im Vorfeld durch das Bundesamt geschult.

Rechtliche Notwendigkeit und Verteilung

Ukrainische Staatsangehörige mit biometrischem Reisepass halten sich nach derzeitigen EU-Regelungen für 90 Tage legal in Deutschland auf. Die Voraussetzungen zur Registrierung nach § 49 AufenthG liegen damit in der Regel nicht vor. Erst mit Ablauf des 90sten Tages des Aufenthalts bzw. bei Bedarf nach Bezug von Leistungen müssen sich die Personen registrieren lassen. Da manche Gebiete wie Hamburg oder Berlin überproportional beansprucht sind, ist eine steuernde Verteilung notwendig. Ziel ist dabei die personenscharfe und gleichzeitig lastengerechte Verteilung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine unter Berücksichtigung integrationsförderlicher Bindungen.

Hier kommt FREE ins Spiel

Mit FREE können u. a. zwei entscheidende Aspekte erreicht werden: Es wird eine personenbezogene Übersicht der Menschen ermöglicht, die in unser Land gekommen sind. So können auch ukrainische Familien zusammengeführt werden. Zudem gelingt es damit, den Erfassungsprozess schnell und nutzendenfreundlich umzusetzen.

Die Fachanwendung FREE ist sehr kurzfristig neu entwickelt worden. Die Anwendung wurde vom BAMF selbst in enger Abstimmung mit allen Ländern designt. Sie wird nun speziell für Ukraine-Flüchtlinge von den Bundesländern statt EASY für eine Verteilung in die Bundesländer genutzt. Dadurch entsteht eine klare Trennung der aus der Ukraine Geflüchteten (FREE) und Asylsuchenden (EASY). Anders als bei EASY wird eine Steuerungswirkung erreicht, da Personendaten und Verteilung miteinander verknüpft werden und in FREE durch eindeutige Identifizierungsmerkmale jederzeit nachverfolgbar sind. Die Zuständigkeit des ausgewählten Landes wird durch FREE klar festgelegt und ist schon in der individuellen Anlaufbescheinigung erkennbar, die das Produkt des Vorgangs ist.

FREE wird auf Landesebene von den zuständigen Ausländerbehörden und Aufnahmeeinrichtungen genutzt, das BAMF stellt die IT-Fachanwendung zur Verfügung und hostet diese. Für FREE wird vom ITZBund und dem BAMF aktuell ein umfangreicher Support (sieben Tage pro Woche/per Mail und Telefon) geleistet.

Wie funktioniert FREE?

FREE ist eine neue, rein webbasierte Fachanwendung, die über die aktuellen Browser Mozilla Firefox, Apple Safari, Google Chrome oder Microsoft Edge durch einen berechtigten Personenkreis aufgerufen werden kann. Die Anwendung ist daher äußerst flexibel und sehr rasch (ad hoc) einsetzbar. Ziel war es, die Anwendung so nutzendenfreundlich wie möglich zu gestalten. Dies ist mit einer intuitiven Menüführung und nur wenigen Pflichtfeldern ermöglicht worden.

Behördenschild des Bundesamtes Das BAMF designte die IT-Anwendung in enger Abstimmung mit allen Ländern. Quelle: BS/nmann77, stock.adobe.com

Die Benutzerverwaltung erfolgt nach einem hochinnovativen Konzept. Hierfür ist – ebenso webbasiert – ein delegiertes Verwaltungssystem im Einsatz. Das System ermöglicht es den beteiligten Stellen in Ländern und Kommunen, die Verwaltung der Nutzenden und entsprechende Rechtevergaben gemäß Berechtigungskonzept selbst umzusetzen. Dies erleichtert die Verwaltung für alle Beteiligten deutlich.

Für eine einfache Umsetzung wurden drei unterschiedliche Berechtigungen für Nutzende geschaffen: BAMF-Admin, Bundesland-Admin und Bundesland-User. Die Nutzendenverwaltung erfolgt grundsätzlich durch den Bundesland-Admin. Für FREE wird vom ITZBund und dem BAMF ein umfangreicher Support geleistet.

Aufgrund des anhaltenden hohen Zustroms von Flüchtlingen aus der Ukraine werden zur Beschleunigung der Verfahren auch Personen, die noch nicht entsprechend erstregistriert bzw. erkennungsdienstlich behandelt (im Folgenden ED-Behandlung) wurden, in FREE erfasst und verteilt werden.

Fazit

FREE ermöglicht also die zeitnahe, unkomplizierte Verteilung der Geflüchteten mit dem Resultat der Anlaufbescheinigung unter Berücksichtigung der individuellen Lebensumstände mit dem Ziel einer leichtgängigen Integration. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels jedoch erfolgt weiterhin regulär über die bekannten ausländerrechtlichen Fachverfahren. Die Ausstellung eines Aufenthaltstitels durch die zuständige Ausländerbehörde erfolgt zudem nur, wenn die ukrainischen Kriegsflüchtlinge eine vollständige ED-Behandlung durchlaufen haben und ein Eintrag im AZR erfolgt ist.

Wie geht es weiter mit FREE?

In Arbeit ist derzeit die Schnittstelle zum Ausländerzentralregister AZR, die eine unmittelbare Datenübertragung in FREE auf Basis des lesenden Zugriffs ermöglicht. Außerdem ist die automatisierte Dublettenprüfung geplant: Hierbei sollen automatisch identische Personendatensätze erkannt und ihr Anliegen zu einem Vorgang zusammengeführt werden. Durch fortwährende Betreuung des Tools und Zusammenarbeit mit den Nutzenden wird die Fachanwendung weiterhin den Bedürfnissen angepasst und somit am Puls der Zeit bleiben, um den Bedarfen aller Seiten gerecht zu werden.