Eine Ära geht zu Ende - Abschied von BAMF-Vizepräsidentin Gräfin Praschma , Datum: 31.10.2022, Format: Meldung, Bereich: Behörde

Mit dem Eintritt in den Ruhestand von BAMF-Vizepräsidentin Gräfin Praschma geht eine Ära zu Ende. Über drei Jahrzehnte hat die Juristin das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und das Migrationsgeschehen aktiv mitgestaltet.

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" beschrieb sie einmal so: "Da ist die imposante Dame mit der schweren Bobfrisur, seit über 30 Jahren im Amt und hier nur die Gräfin‘ genannt."

Die "Gräfin", das ist Ursula Gräfin Praschma Freifrau von Bilkau, Vizepräsidentin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Schon wegen der vielen Titel und der ebenso zahlreichen Möglichkeiten, bei der Anrede in ein Fettnäpfchen zu treten, ist die Kurzform seit Jahrzehnten Usus. Aber auch, weil es schlicht ihrer pragmatischen Natur entspricht. Ihr Amt – zuletzt als Vizepräsidentin der Behörde – endet nun. Ohne seine Gräfin ist das BAMF schwer vorstellbar, denn das Bundesamt verliert eine ihrer markantesten Persönlichkeiten. Gräfin Praschma verabschiedet sich zum 31.10.2022 in den wohlverdienten Ruhestand.

Wer ist diese Frau, die das BAMF so geprägt hat? Ursula Gräfin Praschma wurde in Essen geboren. Sie machte dort ihr Abitur und begann ein Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg, das sie mit dem zweiten Juristischen Staatsexamen in Baden-Württemberg abschloss. Zwischen 1982 und 1986 war sie als Richterin am Amtsgericht Waldshut-Tiengen und am Verwaltungsgericht Stuttgart tätig. Im Anschluss wechselte sie nach Nürnberg zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das damals noch Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hieß.

Dort war Ursula Gräfin Praschma in den Jahren zwischen 1989 und 1992 für den Aufbau von insgesamt 48 Außenstellen im Bereich der Infrastruktur wie etwa Haushalt und Organisation verantwortlich, bevor sie 1993 erstmalig in den Bereich Steuerung des Asylverfahrens wechselte. 1996 übernahm sie bis 2004 die Leitung des Informationszentrums Asyl und Migration und zeichnete danach in den Jahren 2005 und 2006 auch für die internationalen Aufgaben verantwortlich.

2006 übernahm Ursula Gräfin Praschma erstmalig eine Abteilungsleitung, damals im Bereich Internationales, Migrationsforschung und Ausländerzentralregister. Noch im selben Jahr übertrug man ihr die Leitung der operativen Abteilung mit den Aufgaben Durchführung der Asylverfahren, Regionalkoordination der Integration und Wahrnehmung von Migrationsaufgaben.

Als evangelisch engagierte Christin und Prädikantin schlagen beim Thema Kirchenasyl, Konversion und Aufnahme von Geflüchteten zwei Herzen in ihrer Brust. "Wir können nicht zuschauen, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken. Ich finde gut, dass meine Kirche hier besonderen Aufwand unternimmt und große Unterstützung von der katholischen Kirche erfährt. Die danach folgende Frage ist aber: Haben die Geretteten dann auch einen Anspruch, nach Europa zu kommen oder nicht? Gibt es vielleicht Alternativen? Diese Frage ist eine politische. Die habe ich nicht zu beurteilen. Wir sind für diejenigen zuständig, die nach Deutschland gekommen sind. Und hier geht es stets um den Einzelfall."

In den Jahren 2014 bis 2020 war Ursula Gräfin Praschma Abteilungsleiterin im Bereich Grundlagen des Asylverfahrens und Sicherheit und übernahm zwischenzeitlich auch die Verantwortung für den internationalen Bereich, das Informationszentrum für Asyl und Migration und die Qualitätssicherung. Im Mai 2020 übernahm Gräfin Praschma den Posten der Vizepräsidentin des Bundesamts.

Ihre Karriere beschreibt sie selbst so:

Vor über 36 Jahren bin ich Mitarbeiterin im Bundesamt geworden. Diesen Schritt habe ich nicht bereut. Das hängt nicht nur mit den interessanten und verantwortungsvollen Aufgaben und Projekten zusammen, sondern auch damit, dass der Aufstieg in Führungspositionen hier keine Frage des Geschlechts war. Ich konnte immer eigene Ideen entwickeln, Argumente einbringen und bei Gegenwind dazu stehen. Ich habe unzählige tolle Weggefährtinnen und Weggefährten kennengelernt und über drei Jahrzehnte Migrationsgeschehen aktiv mitgestaltet. Darauf werde ich immer gerne zurückblicken – aber jetzt freue ich mich erst einmal darauf, auch neue Akzente in meinem Leben zu setzen.

Es sind große Fußstapfen, die die Gräfin im Bundesamt hinterlässt – ein Glücksfall, dass die Nachfolge als Vizepräsident von jemandem angetreten wird, der genau weiß, was auf ihn zukommt. Dr. Michael Griesbeck, der aktuell als Ministerialdirigent die Unterabteilung Verwaltungsrecht im Bundesinnenministerium leitet, war von 2006 bis 2016 schon einmal Vizepräsident des BAMF. Zurück in seinem Geburtsland Bayern macht der Jurist und Politologe ab 1. November das Präsidium des Bundesamts wieder komplett.

Zwei Männer und eine Frau stehen nebeneinander Das neue Präsidium des BAMF: Dr. Michael Griesbeck, Dr. Hans-Eckhard Sommer und Katrin Hirseland Quelle: © BAMF