EMN-Tagung: Teilhabe von Migrantinnen , Datum: 13.12.2022, Format: Meldung, Bereich: Behörde , Nationale Tagung des Europäischen Migrationsnetzwerks

Wie kann die gesellschaftliche Teilhabe von Migrantinnen vermittelt werden? Über 150 Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland haben sich hierzu bei der nationalen Tagung des Europäischen Migrationsnetzwerks (EMN) am 29. November online ausgetauscht. Gastgebend war das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in seiner Funktion als deutsche Nationale Kontaktstelle des EMN.

Zahlreiche Teilnehmende aus EU-Institutionen und den Mitgliedstaaten, von internationalen Organisationen, aus der Zivilgesellschaft und Forschung haben an der Fachtagung "Gesellschaftliche Teilhabe von Migrantinnen: Sprache, Arbeit und Partizipation" teilgenommen. Die Tagung hob die Potenziale der Migrantinnen hervor und zeigte, dass sie sich auf vielfältige Weise, etwa als Arbeitnehmerinnen und ehrenamtlich Engagierte, in die Gesellschaft einbringen. Ein besonderer Fokus lag auf den Hürden der gesellschaftlichen Teilhabe und den Ansätzen, diese zu überwinden.

Ein Porträt einer Frau Uta Saumweber-Mayer, Leiterin der Abteilung 8 (Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt) Quelle: © BAMF | Bildkraftwerk | Laurin Schmid

Uta Saumweber-Meyer, Leiterin der Abteilung Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt im BAMF, betonte in ihrer Begrüßungsrede die Bedeutung von Sprache als Grundlage für eine gleichberechtigte Teilhabe. Bei der Teilnahme an Integrations- und Berufssprachkursen sind Migrantinnen überdurchschnittlich oft vertreten und erfolgreich: "Frauen schneiden im Integrationskurs durchschnittlich besser ab als Männer. Es zeigt sich, je höher das angestrebte Sprachniveau, desto höher ist der Frauenanteil", resümierte die Abteilungsleiterin. Für Migrantinnen ohne Schul- oder Berufsabschluss hob sie zielgruppenspezifische Integrationsangebote, wie die sogenannten "MiA-Kurse" (Migrantinnen einfach stark im Alltag), hervor.

Potentiale von Migrantinnen standen im Mittelpunkt der Eröffnungsrede von Honey Deihimi, Leiterin des Referats "Partizipation in der Einwanderungsgesellschaft" bei der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus. So sprach sie über die Mehrsprachigkeit und die wertvollen Kenntnisse und Fähigkeiten von Frauen mit Migrations- und Fluchtgeschichte als einen gesellschaftlichen Gewinn. Ein potenzialorientierter Integrationsansatzes sei auch deshalb notwendig, so Honey Deihimi, um die Attraktivität Deutschlands im Wettbewerb um Fachkräfte zu steigern.

Erkenntnisreiche Diskussionen in den Panels

Sieben Personen sitzen am Tisch bei einer Konferenz. Das Moderations- und Support-Team des EMN während der Online-Tagung. Quelle: © BAMF

Im Mittelpunkt des Panels I stand der Austausch zum Thema Integration durch Sprache. Dabei wurden unter anderem wissenschaftliche Ergebnisse zu Hürden für Frauen beim Zugang zum Integrationskurs vorgestellt und Maßnahmen zur Beseitigung dieser Hürden diskutiert. Die Vertreterinnen des Start with a Friend e.V. betonten die Bedeutung persönlicher Begegnungen und daraus entstehender Sprachgelegenheiten für den Erwerb der deutschen Sprache als Voraussetzung für eine gleichberechtigte und selbstbestimmte gesellschaftliche Teilhabe. Abgerundet wurde die Debatte mit den Erkenntnissen aus der Sprachförderung von Müttern in Finnland im Projekt "Your turn mothers". Die anschließende Diskussionsrunde kam zu dem Ergebnis, dass insbesondere elternfreundliche Sprachlernangebote bei Migrantinnen auf fruchtbaren Boden fallen und ausgebaut werden sollten. Das Panel verdeutlichte daneben auch die Bedeutung von Kommunen und Nichtregierungsorganisationen bei der Umsetzung von Integrationspolitiken für Migrantinnen.

Migrantinnen sind keine homogene Gruppe und haben unterschiedliche Chancen auf dem Arbeitsmarkt – dies zeigte die Diskussion mit den Expertinnen und Experten im Panel II der Fachtagung. Die Vortragenden argumentierten, dass fehlende soziale Netzwerke, keine oder unzureichende Kinderbetreuung, sprachliche Hürden und komplexe Verfahren zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse Migrantinnen in ihrem beruflichen Werdegang ausbremsen. Zudem seien Frauen in Krisen besonders benachteiligt. Dies zeigen europaweite Daten zur überproportional hohen Arbeitslosigkeit von Migrantinnen während der COVID-19-Pandemie, die vom Vertreter des Forschungszentrums der Europäischen Kommission präsentiert wurden. Die Förderung der Arbeitsmarktteilhabe soll individuell auf die Bedürfnisse und Potenziale der Migrantinnen eingehen, so das zentrale Ergebnis der Diskussion.

Die unterschiedlichen Formen zivilgesellschaftlicher und politischer Partizipation von Migrantinnen standen im Fokus des Panels III. Die präsentierten Forschungsergebnisse verdeutlichten, dass Frauen mit Migrationsgeschichte seltener an Wahlen teilnehmen als andere Bevölkerungsgruppen. Dies verändert sich jedoch bei der zweiten Generation von Eingewanderten. Im weiteren Verlauf des Panels wurden das hohe zivilgesellschaftliche Engagement von Migrantinnen und seine positiven Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt betont. Allerdings wurde auch darauf verwiesen, dass das vorhandene politische Wissen und Interesse von Migrantinnen oft nicht sichtbar wird und eine bessere Repräsentation von Migrantinnen in der Politik notwendig ist. Die Paneldiskussion schloss mit dem Votum: das hohe zivilgesellschaftliche Engagement von Migrantinnen verdient Anerkennung und muss nachhaltig gefördert werden.

Ein Mann sitzt vor einem Mikrofon und guckt in die Kamera. Dr. Axel Kreienbrink. Quelle: © BAMF

Dr. Axel Kreienbrink, Leiter des Forschungszentrums, betonte am Ende zusammenfassend, "wie wichtig eine Kombination aus staatlichen und nichtstaatlichen Unterstützungs- und Ermöglichungsmaßnahmen ist, um Teilhabe zu ermöglichen. Dabei ist ein ausreichend finanziertes, starkes zivilgesellschaftliches Engagement notwendig, damit sich Lücken nicht nur langfristig im Lebensverlauf der einzelnen Migrantinnen oder gar erst intergenerational schließen, sondern möglichst zeitnah im Sinne einer gleichberechtigten Teilhabe."