SoKo-Jahresbericht 2022 bietet verbesserte Daten zu Asylantragstellenden , Datum: 14.08.2023, Format: Meldung, Bereich: Behörde

Mit den Soko-Berichten informiert das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) regelmäßig über die Sozial- und Qualifikationsstruktur von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern. Die Daten werden bei der Asylerstantragstellung im Bundesamt erhoben und sind für die Integrationsarbeit und Arbeitsmarktintegration von Bedeutung. Um die Bildungshistorie und die Berufstätigkeit von Asylantragstellenden genauer zu erfassen, wurden die hierfür gestellten Fragen im Jahr 2022 überarbeitet. Der SoKo-Jahresbericht 2022 präsentiert erstmals die neue Datenbasis für das zweite Halbjahr 2022.

Die Zuwanderung von Geflüchteten nach Deutschland steht aktuell wieder im Zentrum politischer Debatten. Neben den ukrainischen Geflüchteten, die kein Asylverfahren durchlaufen müssen, gab es im vergangenen Jahr rund 218.000 Asylerstanträge von Menschen aus anderen Staaten, wobei Syrien, Afghanistan und die Türkei die wichtigsten Herkunftsländer waren. Das BAMF-FZ veröffentlicht zur Sozial- und Qualifikationsstruktur der volljährigen Erstantragstellenden seit 2016 halbjährlich die sogenannten SoKo-Berichte (SoKo bedeutet "Soziale Komponente"). Über den Ausbau der Datenbasis und die zentralen Ergebnisse für das Jahr 2022 spricht im Interview Barbara Heß, die zuständige wissenschaftliche Mitarbeiterin.

Frau Heß, was ist neu an der SoKo-Jahresauswertung 2022?

Eine Frau lächelt in die Kamera. Barbara Heß Quelle: © BAMF

Barbara Heß: Unsere Daten zur (Aus-)Bildung und zur vorherigen Berufstätigkeit von Asylantragstellenden waren immer sehr nachgefragt - es gibt kaum andere Quellen, aus denen man solche Informationen ziehen kann, da die Befragung unmittelbar bei der Erstantragstellung bei einer großen Personenzahl erfolgt. SoKo war jedoch ursprünglich als reine Verwaltungsstatistik angelegt. Die Daten bis zum ersten Halbjahr 2022 konnten daher nur Aufschluss über die höchste besuchte Bildungseinrichtung geben bzw. zur letzten ausgeübten beruflichen Tätigkeit, die aber auch nur eine Nebentätigkeit in einem Transitland der Flucht gewesen sein konnte. Zudem waren die Angaben zu Branchen und zur genauen Art der Tätigkeit nur sehr grob. Ab dem 01. Juli 2022 haben wir neue Daten, aus denen ersichtlich ist, wie lange eine Schule besucht wurde, welcher höchster Bildungsabschluss erworben wurde und ob eine berufliche Ausbildung abgeschlossen wurde. Zudem werden die Branche der vorherigen Haupttätigkeit und die berufliche Stellung erfragt, so dass eine deutlich bessere Einordnung des beruflichen Hintergrundes der Erstantragstellenden möglich ist.

Und warum sind diese Informationen wichtig?

Barbara Heß: Viele Geflüchtete erhalten einen Schutzstatus und werden dauerhaft in Deutschland bleiben. Dann ist eine schnelle Integration wichtig. Dazu zählt auch die Integration in den Arbeitsmarkt. Wie gut das gelingt, hängt auch von den mitgebrachten Qualifikationen ab. Je höher diese sind, desto schneller und unkomplizierter gelingt in der Regel ein Einstieg ins Erwerbsleben - insbesondere, wenn die Tätigkeit in einer Branche mit Fachkräftemangel möglich ist, wie in der IT oder dem Gesundheitssektor.

Zudem ist für die Integrationsarbeit insgesamt wichtig, wie die Qualifikationsstruktur von Geflüchteten aussieht und wie sie sich verändert, ob z. B. die Zahl der Hochschulabsolventinnen und -absolventen oder von nicht alphabetisierten Personen im Zeitverlauf eher steigt oder fällt. Das wirkt sich beispielsweise auf die Struktur der notwendigen Integrationskurse sowie die Nachfrage nach sonstigen Qualifizierungsmaßnahmen aus. Auch Angaben zur Sozialstruktur, insbesondere zu Alter und Geschlecht der Erstantragstellenden, sind relevant: Kommen viele junge Menschen, ist der Bildungs- und Ausbildungsbedarf hoch, kommen viele Frauen, ist mit entsprechendem Bedarf an Kinderbetreuungsangeboten zu rechnen.

Was war bei der Auswertung der neuen Daten besonders überraschend?

Barbara Heß: Wir hatten schon erwartet, dass nicht viele Erstantragstellende eine abgeschlossene Berufsausbildung angeben würden - teilweise aufgrund ihres jungen Alters, aber auch, weil in vielen Herkunftsländern jenseits des Hochschulsektors keine formalisierten Berufsausbildungssysteme existieren. Das System der dualen Berufsausbildung in Deutschland ist in anderen Ländern kaum anzutreffen. Wir haben daher auch erfragt, ob jemand einen Beruf zwar erlernt, darüber aber kein Zeugnis erhalten hat. Hier war der Anteil allerdings nur geringfügig höher (12,5 Prozent) als bei denjenigen mit Abschluss einer beruflichen Ausbildung (9,5 Prozent). 18,2 der Erstantragstellenden haben einen akademischen Abschluss. Insgesamt ist der berufliche Qualifizierungsbedarf damit sehr hoch, rund 60 Prozent aller volljährigen Erstantragstellenden des Jahres 2022 können (noch) keine weiterführende Ausbildung vorweisen.


SoKo-Analyse für das Jahr 2022 Format: Bericht, Dieser Download ist in weiteren Sprachen verfügbar

Der Bericht enthält Daten zur Sozial- und Qualifikationsstruktur der volljährigen Asylantragstellenden im Jahr 2022.