Evaluation der Wohnsitzregelung empfiehlt Anpassungen , Datum: 29.08.2023, Format: Meldung, Bereich: Behörde

Der Gesetzgeber sah mit der Entfristung der Wohnsitzregelung nach § 12a AufenthG im Jahr 2019 eine Evaluation der Regelung vor. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hatte dem Forschungszentrum des BAMF daher die Aufgabe übertragen, unter Einbeziehung externen wissenschaftlichen Sachverstandes die Wirkung der Wohnsitzregelung auf die nachhaltige Integration der von der Regelung erfassten Personen in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland untersuchen zu lassen. Die Evaluierung wurde nach einem Interessenbekundungsverfahren durch die empirica ag in Zusammenarbeit mit der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder durchgeführt.

Der Bericht evaluiert die Wirkung der Wohnsitzregelung nach § 12a AufenthG auf die Integration von Schutzberechtigten, also Personen mit einem anerkannten Schutzstatus aus dem Asylverfahren oder einem humanitären Aufenthaltstitel. Die Evaluation fand zwischen Juni 2021 und Dezember 2022 statt und betrachtet die Wirkungen der Wohnsitzregelung zum Stand des 01. Juni 2021. Der Fokus lag auf den Effekten in den Bereichen Erwerbstätigkeit, Wohnen, soziale Integration und Gewaltschutz.

Auch wenn die für die Analyse zur Verfügung stehenden Daten in ihrer Aussagekraft begrenzt sind, kommen die Verfasserinnen und Verfasser in der Bewertung der verschiedenen Partialwirkungen der Wohnsitzregelung zu dem Schluss, dass diese in der Summe wahrscheinlich nicht die intendierten Effekte erbringt. Sie erzeugt zudem einen hohen bürokratischen Aufwand bei den Ausländerbehörden. Zwar gibt es eine klare räumliche Steuerungswirkung, indem insbesondere Umzüge zwischen den Bundesländern stark reduziert wurden. Allerdings ist auch ohne Wohnsitzregelung nur eine verhältnismäßig geringe Mobilität in der Gesamtheit der Schutzberechtigten festzustellen und potenziell integrationsfördernde Umzüge werden insgesamt nach Einschätzung des Berichtes zu stark behindert. Zudem sind die Wirkungen der Regelung in den einzelnen Integrationsbereichen ambivalent und nicht nachhaltig positiv, was z.B. die Erwerbsbeteiligung angeht. Zugleich konnten auch entlastende Wirkungen für besonders stark von Zuzügen betroffene Kommunen festgestellt werden.

Empfehlungen des Forschungskonsortiums

Das Forschungskonsortium empfiehlt daher – bezogen auf den ursprünglichen Untersuchungsauftrag und damit vor den starken Zuwanderungen im Zuge des Krieges in der Ukraine und der gestiegenen Asylmigration – eine Anpassung der Wohnsitzregelung hinsichtlich einer Beschränkung auf örtliche Zuzugssperren nach § 12a Abs. 4 AufenthG, was auch die Ausländerbehörden deutlich entlasten würde. Zusätzlich könnten frühzeitige Matching-Verfahren zu einer effizienteren Verteilung der Schutzsuchenden beitragen. Schließlich wird auch ein Modellprojekt zu Haltefaktoren für Schutzberechtigte im ländlichen Raum angeregt.

Ausblick

In der Evaluation konnten die zum 01. Juni 2022 in Kraft getretenen weitgehenden gesetzlichen Änderungen der Wohnsitzregelung nicht mehr berücksichtigt werden. Neben der Einbeziehung der Geflüchteten aus der Ukraine wurden seinerzeit zusätzliche Ausnahme- und Aufhebungstatbestände eingeführt. Demnach muss die Wohnsitzauflage gestrichen oder darf erst gar nicht verhängt werden, wenn verschiedene Integrationsmaßnahmen aufgenommen werden oder bereits abgeschlossen sind, diese am verpflichtenden Wohnsitzort nicht ohne Verzögerung durchgeführt oder fortgesetzt werden können, sie aber an einem anderen Ort zeitnah zur Verfügung stehen. Zudem muss eine bestehende Wohnsitzauflage nach Abschluss einer entsprechenden Maßnahme auf Antrag gestrichen werden. Auch das für eine Aufhebung notwendige Niveau der Lebensunterhaltssicherung wurde abgesenkt. Dies dürfte dazu führen, dass (künftig) die Wohnsitzregelung auf weniger Personen mit Schutzstatus angewandt werden bzw. für weniger Personen für die Dauer von drei Jahren gelten wird.


Evaluation der Wohnsitzregelung nach §12a AufenthG Format: Beitrag

Im Auftrag des Forschungszentrums des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) evaluierte die empirica ag in Zusammenarbeit mit der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder die Wirkung der Wohnsitzregelung nach §12a AufenthG auf die nachhaltige Integration der von der Regelung erfassten Personen in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland.