Jüdisches Leben in Deutschland – breit aufgestellt und facettenreich , , Der Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland Aron Schuster spricht über die Bedeutung jüdischer Kultur und die Zusammenarbeit mit dem BAMF
Zum heutigen europäischen Tag der jüdischen Kultur erklärt Aron Schuster, Geschäftsführer und Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST), was jüdische Kultur für ihn und seine Arbeit bedeutet. Die ZWST ist einer von sechs Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland. Ihr Engagement gilt vor allem dem Empowerment sowie der Inklusion und Teilhabe marginalisierter Gruppen inner- und außerhalb der jüdischen Gemeinschaft. Der Verband arbeitet dabei nicht nur eng mit den jüdischen Gemeinden und Landesverbände zusammen, sondern auf dem Gebiet der Migration und Integration auch seit 2005 mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
Aron Schuster leitet die ZWST seit 2018 als Geschäftsführer und Direktor. Schon seit 2013 ist er beim Verband beschäftigt und war bereits zuvor ehrenamtlich in der Jugendarbeit der ZWST aktiv. Im Interview mit dem BAMF spricht Schuster darüber, was seine Arbeit bei der ZWST ausmacht, welche Rolle Judentum dabei für ihn spielt und wie sich jüdische Zuwanderung heute gestaltet.
Was bedeutet Judentum für Sie?
Schuster: Jüdisch sein – das sind für mich vor allem die Traditionen, die über die Generationen weitergegeben werden. Das betrifft zum Beispiel die Festtage im jüdischen Kalender, aber natürlich auch das wöchentliche Feiern des Schabbats und viele weitere Bräuche.
Andererseits bedeutet jüdisch zu sein auch die Zugehörigkeit zu einer Schicksalsgemeinschaft, die in der Geschichte immer wieder vor großen Herausforderungen stand, gerade in Bezug auf Verfolgung und Flucht. Diese Erfahrungen der Gemeinschaft prägen.
Die ZWST ist im Bereich der Integration sehr aktiv. Welche Entwicklungen beobachten Sie?
Aron Schuster, Geschäftsführer und Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST)
Quelle: © Uwe Steinert
Schuster: Die Integration gelingt heute schneller als früher. Die Menschen, die vor 20 oder 30 Jahren selbst nach Deutschland gekommen sind, unterstützen jetzt die Neuzugewanderten. Wir können in unseren Gemeinden und Mitgliedsverbänden also auf Sprachkompetenzen und ein große Kultursensibilität bauen. Das ist ein enormer Vorteil!
Es ist außerdem gelungen Regelangebote wie Schulen, Kitas und Altenzentren schnell für Geflüchtete aus der Ukraine zu öffnen. Das Ankommen und die Orientierung verlaufen daher vielerorts sehr erfolgreich.
Wir erkennen jedoch auch einen sehr hohen Bedarf an psychosozialer Unterstützung bei den seit 2022 Zugewanderten. Unser mobiles Team psychosozialer Expertinnen und Experten ist fortlaufend unterwegs, um die Gemeinden zu unterstützen und persönliche Beratung anzubieten. Dieses Thema wird uns auch in den kommenden Jahren weiter beschäftigen, denn für eine erfolgreiche Integration ist eine langfristige Begleitung unabdingbar.
Die ZWST und das BAMF arbeiten seit vielen Jahren zusammen. Wie erleben Sie die Zusammenarbeit?
Schuster: Im Bereich jüdische Zuwanderung arbeiten wir mit dem BAMF vertrauensvoll und partnerschaftlich zusammen. Wir schätzen besonders den unkomplizierten und zielorientierten Austausch. Wir können uns darauf verlassen, dass wir mit dem BAMF einen Partner an unserer Seite haben, der neben der Situation in Deutschland auch weltweite Entwicklungen der jüdischen Gemeinschaft im Blick hat.
Neben der Zusammenarbeit bei der Aufnahme jüdischer Zuwandernder, kooperieren wir bereits seit vielen Jahren im Bereich Integration. Besonders das durch das BMI und das BAMF geförderte Beratungsangebot „Migrationsberatung für Erwachsene Zuwanderer“ liegt uns am Herzen. Die MBE ist ein enorm wichtiges Werkzeug, um Zugewanderte beispielsweise bei der Schulplatzsuche für ihre Kinder, der Vermittlung von Sprachkursen oder in psychosozialen Problemlagen zu unterstützen und nachhaltig zu begleiten.
Das jüdische Neujahresfest Rosch ha-Schana steht vor der Tür. Wie werden Sie das Fest begehen?
Schuster: Ich werde diese besinnliche Zeit im Kreise meiner Familie verbringen. Ganz persönlich wünsche ich mir für das neue Jahr, dass wir die Dynamik, mit der wir in den herausfordernden Zeiten gearbeitet haben, ein Stück weit beibehalten. Wir haben bewiesen, dass wir schnell, unkompliziert, unbürokratisch und effektiv Lösungen finden können. Diese Flexibilität sollten wir in das kommende Jahr mitnehmen.