Nürnberger Tage für Migration 2023 , Datum: 06.11.2023, Format: Meldung, Bereich: Behörde , Migration im gesellschaftlichen Wandel – vom Rückblick zum Ausblick

Der Andrang war groß zu den Nürnberger Tagen für Migration 2023 am 24. und 25.10. in der BAMF-Zentrale in Nürnberg. Rund 190 Expertinnen und Experten aus Verwaltung, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft nahmen in diesem Jahr vor Ort und weitere 250 virtuell teil.

In seiner Eröffnungsrede betonte BAMF-Präsident Dr. Hans-Eckhard Sommer, dass es aktuell viele Herausforderungen hinsichtlich des aktuellen Migrationsgeschehens gebe.

Solange wir um die beste Lösung, die beste Idee, den besten Kompromiss ringen, werden wir unserer Verantwortung um dieses Gebäude, diesen Ort und unsere Geschichte gerecht.

Diese Herausforderungen, so Dr. Sommer, würden alle betreffen: Verwaltung, Politik und Gesellschaft. Umso mehr wolle das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit den Nürnberger Tagen ein Forum des Austausches bieten.

Schwerpunkte am ersten Veranstaltungstag waren das Grußwort von Mahmut Özdemir, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und für Heimat und der Vortrag von Prof. Dr. Jochen Oltmer vom Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück.

Özdemir ging in seiner Ansprache auf die EU-weit und in Deutschland gestiegenen Zahlen irregulär Zugewanderter und gleichsam auf den Missbrauch dieser Thematik von politischen Kräften ein und betonte, dass "es nicht die eine Lösung gibt und auch keine einfache".

"Je besser es uns gelingt, Migration zu steuern, irreguläre Migration einzudämmen und Integrationsprozesse frühzeitig zu unterstützen - desto höher ist die gesellschaftliche Akzeptanz für legale Migration".

Prof. Dr. Jochen Oltmer, Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück zeigte in seiner Keynote-Speech eindrucksvoll auf, dass die gesellschaftliche Thematisierung und politische Steuerung von Migration historisch weitgehend stabilen Mustern folgt.

Flucht und Vertreibung seien keine neuen Phänomene oder Ausnahmen, so Oltmer. In Debatten gehe es letztlich immer um "Migration als Belastung oder Bereicherung". Politik habe hier eine Moderationsfunktion und könne so die gesellschaftliche Resilienz stärken.

Ein Mann spricht zu Gästen einer Veranstaltung Prof. Dr. Jochen Oltmer zu gesellschaftlicher Thematisierung und politischer Steuerung von Migration Quelle: © BAMF | Peter Halter

Beide Vortragende nahmen im Anschluss an der Diskussion zum Thema "Migration und gesellschaftliche Resilienz — Perspektiven aus Praxis und Forschung" mit Journalistin Düzen Tekkal, Dr. Ann-Veruschka Jurisch, MdB (FDP) sowie Dr. Donya Gilan, Leiterin des Bereichs "Resilienz & Gesellschaft" des Leibniz-Instituts für Resilienzforschung, unter Moderation von Katrin Hirseland, Vizepräsidentin des BAMF teil.

Diskussionspanel mit vier Frauen und zwei Männer Zum Thema "Migration und gesellschaftliche Resilienz - Perspektiven aus Praxis und Forschung" diskutieren Prof. Dr. Oltmer, Dr. Donya Gilan, Mahmut Özdemir, Katrin Hirseland (Moderation), Düzen Tekkal und Dr. Ann-Veruschka Jurisch (v. li. n. re.) Quelle: © BAMF | Peter Halter

Das Panel beschäftigte sich mit den Kernfragen: Was können demzufolge Staat und Zivilgesellschaft tun, um im Umgang mit Migration und den dadurch bedingten Veränderungen resilienter zu werden? An welchen Stellschrauben können Akteure ansetzen? Welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden? Das Panel arbeitete unter anderem heraus, dass der soziale Zusammenhalt eine starke Rolle spielt. Die Politik müsse zudem möglichst vorausschauend an der strukturellen Resilienz arbeiten.

Die Möglichkeit des Austausches wurde von den Gästen in der Mittagspause mit Rahmenprogramm genutzt. In dieser konnten die Teilnehmenden einen Gallery Walk mit verschiedenen thematischen Stationen besuchen, beispielsweise zur Herkunfts- und Identitätsprüfung oder zur Anhörung im Asylverfahren.

Mehrere Personen diskutieren in einem Workshop In den Workshops wird rege diskutiert Quelle: © BAMF | Peter Halter

Am Nachmittag luden verschiedene Workshops, zu Themen wie Resettlement, Integration oder Fachkräftezuwanderung, zum intensiveren Austausch in Gruppen ein.

Der erste Tag endete anlässlich des 70-jährigen BAMF-Jubiläums mit einem Gespräch zwischen dem aktuellen BAMF-Präsidenten Dr. Sommer und dem ehemaligen BAMF-Präsidenten Dr. Dr. h.c. Albert Schmid (von 2000 bis 2010). Beide tauschten sich über die Herausforderungen ihrer Amtszeiten, die Veränderungsprozesse im BAMF, seiner Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und die Zusammenarbeit mit den institutionellen Partnern rückblickend, aber auch mit einem Blick in die Zukunft gerichtet, aus.

Der zweite Tag startete mit den Vorstellungen der Workshop-Ergebnisse. Im Anschluss referierte Joachim Stamp, Sonderbevollmächtigter der Bundesregierung für Migrationsabkommen. Er gab unter anderem Einblicke in die Arbeit der Bundesregierung bei dem Abschluss von Migrationsabkommen u.a. mit Staaten wie Georgien und Moldau.

Unter dem Titel "International denken: Ansätze der Migrationssteuerung in der Diskussion — Chancen für Einwanderung und Rückkehr?" nahm Dr. Stamp anschließend am Diskussions-Panel teil.

Weitere TeilnehmerInnen waren Corinna Wicher, Abteilungsleiterin für Sicherheit, Aufenthaltsrecht und Rückkehr des BAMF, Prof. Dr. Birgit Glorius, Professorin für Humangeographie der TU Chemnitz, Ralph Genetzke, Direktor der ICMPD Niederlassung Brüssel, Prof. Dr. Ruud Koopmans, Direktor der Abteilung Migration, Integration und Transnationalisierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und Professor für Soziologie an der Humboldt Universität. Die Moderation übernahm Dr. Michael Griesbeck, Vizepräsident des BAMF.

Die Runde erörterte, welche Möglichkeiten der Steuerung von Migration bestehen, wie diese erweitert werden können und auf welche Weise dabei die Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure und Initiativen gestaltet werden kann.

Ein Diskussionspanel mit zwei Frauen und vier Männer Unter dem Titel "International denken: Ansätze der Migrationssteuerung in der Diskussion - Chancen für Einwanderung und Rückkehr" diskutieren Corinna Wicher, Prof. Dr. Ruud Koopmans, Prof. Dr. Birgit Glorius, Dr. Michael Griesbeck (Moderation), Joachim Stamp (verdeckt) und Ralph Genetzke(v. li. n. re.) Quelle: © BAMF | Peter Halter

Nach der Mittagspause folgte ein Vortrag der Wiener Autorin und Migrationsforscherin Dr. Judith Kohlenberger über die Paradoxien von Migration in der Demokratie und gab dabei auch Einblicke in die Migrationsdebatte in Österreich.

Kohlenberger konnte nach ihrem Vortrag direkt auf der Bühne bleiben, um zum Abschluss der Nürnberger Tage an einem Diskussions-Panel mit Markus Lötzsch, Hauptgeschäftsführer der IHK Nürnberg, Steffen Feldmann, Vorstand Finanzen und Internationales des deutschen Caritasverbands, Vanessa Ahuja, Vorständin Leistungen und Internationales der Bundesagentur für Arbeit und Helge Lindh, MdB, (SPD) teilzunehmen. Moderiert wurde das Panel von Dr. Zeynep Yanaşmayan, Leiterin der Abteilung Migration des DeZIM.

Unter anderem ging die Diskussionsrunde der Frage nach, welche konkreten Maßnahmen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ergreifen können, damit MigrantInnen ihr Potenzial entfalten können und das Ziel der Fachkräftezuwanderung zu Zeiten des Fachkräftemangels besser erreicht werden kann und welche Hürden dabei genommen werden müssen.

Diskussionspanel mit drei Frauen und drei Männer Am Diskussionspanel "Vor Ort handeln: Migration steuern und nutzen – Aufgabe für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft" nahmen teil: Vanessa Ahuja, Dr. Judith Kohlenberger, Markus Lötzsch, Dr. Zeynep Yanaşmayan (Moderation), Helge Lindh und Steffen Feldmann (v. li. n. re.) Quelle: © BAMF | Peter Halter