EMN Deutschland Konferenz: Familienzusammenführung - zwischen Grundrechten und der Notwendigkeit der Migrationssteuerung , Datum: 16.10.2025, Format: Meldung, Bereich: Behörde

"Familienzusammenführung – zwischen Grundrechten und der Notwendigkeit der Migrationssteuerung": Zu diesem Thema veranstaltete das Europäische Migrationsnetzwerk Deutschland (EMN) am 7. Oktober 2025 eine Konferenz im Europäischen Haus in Berlin. Die im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angesiedelte nationale Kontaktstelle des EMN lud Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland ein, um die jüngsten Entwicklungen, Herausforderungen und bewährten Praktiken beim Familiennachzug zu Drittstaatsangehörigen zu erörtern.

Seit fast drei Jahrzehnten wird in der Europäischen Union darüber diskutiert, wie das Recht auf Familienzusammenführung in Europa gewahrt und rechtlich ausgestaltet werden kann. Im Jahr 2003 wurde die EU-Familienzusammenführungsrichtlinie in Kraft gesetzt. Ziel dieser Richtlinie ist es, die Familienzusammenführung zu fördern und somit die Integration von Migrantinnen und Migranten, die in den EU-Mitgliedstaaten leben, zu unterstützen. Seitdem ist die Familienzusammenführung ein wichtiger Baustein der legalen Migration nach Europa. Mit erhöhtem Migrationsdruck gerät die Familienzusammenführung jedoch zunehmend in den Fokus der Migrationssteuerung und wird in vielen europäischen Staaten eingeschränkt.

Ein Mann hält eine Rede vor einem Publikum. Dr. Axel Kreienbrink, Leiter des BAMF-Forschungszentrums, eröffnete die EMN Deutschland Konferenz. Quelle: © BAMF

"Bei der Regulierung der Familienzusammenführung muss sowohl das verfassungsmäßig garantierte Recht auf Schutz der Einheit der Familie als auch politische Erwägungen zur Steuerung und Kontrolle der Migration berücksichtigt werden", betonte Dr. Axel Kreienbrink, Leiter des Forschungszentrums Migration, Integration und Asyl im Bundesamt (BAMF-FZ) bei seiner Eröffnungsrede. "Diese Konferenz befasst sich damit, wie Deutschland und andere europäische Staaten mit diesen beiden Grundsätzen umgehen."

Um den menschenrechtlichen Grundsatz der Einheit der Familie ging es in der ersten Keynote von Prof. Dr. Anne Walter von der Hochschule Fulda. Sie erläuterte in diesem Zusammenhang die Rolle des EU-Rechts und der EU-Rechtsprechung.

Familienzusammenführung in Deutschland: Erfahrungen aus der Praxis

In den letzten Jahren hat Deutschland Erleichterungen bei der Familienzusammenführung eingeführt, beispielsweise für zugewanderte Fachkräfte. Zugleich wurde der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten zahlenmäßig beschränkt oder sogar vorübergehend ausgesetzt. Wie sich diese Gesetzgebung in der Praxis auswirkt, diskutierten Expertinnen und Experten aus Rechtsberatung und lokaler Ausländerbehörde im ersten Konferenzpanel. Das Ergebnis der Diskussion: Die Verwaltungsprozesse in Deutschland sollten vereinfacht und beschleunigt werden. Darüber hinaus sahen die Expertinnen und Experten die Notwendigkeit für mehr Transparenz und eine bessere Kommunikation mit den Antragstellenden. Auch die Digitalisierung innerhalb der föderalen Strukturen bleibe hinter den Erwartungen zurück, wobei die Digitalisierung der Visa-Verfahren im Auswärtigen Amt bereits heute zu einer Beschleunigung der Prozesse beitrage.

Eine Frau und drei Männer diskutieren auf dem Podium. v.l.n.r.: Dr. Corinna Ujkašević (International Refugee Assistance Programm (IRAP), Thomas Köder (Abteilungsleiter Migration und Flüchtlinge, Stadt Pforzheim), Marius Tollenaere (Fragomen, Del Rey, Bernsen and Loewy LLP Rechtsanwälte) und Philipp Heiermann (wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesamts) Quelle: © BAMF

Familienzusammenführung in Europa: Deutschland, Frankreich, Spanien und die Niederlande im Vergleich

Trotz der gemeinsamen EU-rechtlichen Grundlage unterscheiden sich die politischen Schwerpunkte, die Gesetzgebung und die praktische Handhabung der Familienzusammenführung in den europäischen Mitgliedstaaten stark voneinander. Dies wurde im zweiten Panel am Nachmittag der Konferenz deutlich, in dem sich Vertreterinnen aus Spanien, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland austauschten. "Unsere Diskussion zeigt, dass die Familienzusammenführung für alle Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle einnimmt – allerdings mit sehr unterschiedlicher Ausgestaltung der Richtlinie", so Dr. Friederike Alm, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundesamt, die das zweite Panel moderierte.

Fünf Frauen diskutieren auf dem Podium. v.l.n.r.: Andrea Rodríguez (Ministerium für Inklusion, Sozialversicherung und Migration, Spanien), Dr. Ann-Marie Burbaum (Bundesministerium des Innern), Victoria Hutin (Innenministerium, Frankreich), Eveline Kooi (Einwanderungs- und Einbürgerungsdienst, Niederlande) und Dr. Friederike Alm (wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bundesamts) Quelle: © BAMF

Für die Europäische Kommission, die durch Naima Musse Farah auf der Konferenz vertreten war, ist es von zentraler Bedeutung, fundierte Daten und Informationen über Praktiken und Herausforderungen der Familienzusammenführung in den Mitgliedsstaaten zu sammeln. Aus diesem Grund hatte die Kommission die EMN-Studie über die Familienzusammenführung initiiert, die am Tag vor der Konferenz publiziert wurde. Die EMN Studie ermöglicht einen solchen Vergleich und ist somit eine wichtige Basis für die Weiterentwicklung dieses Politikfeldes in Europa, aber auch in den Mitgliedstaaten.

Bedeutung des europäischen Austauschs zu zentralen Migrationsfragen

Über Studien und Berichte hinaus bietet das EMN aber noch weitere Austauschformate wie Konferenzen, Arbeitsgruppentreffen und eine Abfragesystem zwischen den EMN Mitglieds- und Beobachterstaaten sowie der Kommission. "Seit mehr als 15 Jahren liefert das EMN verlässliche und objektive Informationen für Politik, Praxis und Wissenschaft und treibt so die Harmonisierung in Migrationsfragen voran", sagte Dr. Michael Griesbeck, Vizepräsident des Bundesamts. "Diese Konferenz ist ein Beispiel für eine gelungene internationale Zusammenarbeit, die Deutschland und speziell das Bundesamt regelmäßig und auf vielen Ebenen pflegt."