Der Brückenbauer , Datum: 20.10.2025, Format: Meldung, Bereich: Integration

Vor Ort bestens vernetzt: Boon Jan Hamann koordiniert als Außendienstmitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge die Berufssprachkurse in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Besuch.

Es ist kurz vor zehn Uhr, als Boon Jan Hamann die Sprachschule inlingua in Rostock betritt. Die Sonne wirft ihr Licht durch die bodentiefen Fenster. Hamann geht zielstrebig in den Seminarraum im Erdgeschoss, in dem ein B2-Berufssprachkurs läuft. Der Dozent erklärt gerade Wortarten und Präpositionen, die Teilnehmenden blättern in ihren Heften. Hamann nimmt unauffällig hinten Platz, macht sich Notizen, nickt gelegentlich. Es ist eine seiner typischen Hospitationen, nah dran am Unterricht als Außendienstmitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

Der 44-Jährige aus Hamburg ist dafür verantwortlich, dass Kurse wie dieser überhaupt stattfinden können. "Wir sind für die operative Umsetzung der Berufssprachkurse zuständig und repräsentieren diesen Bereich nach außen", erklärt er. Konkret heißt das: planen, steuern, kontrollieren – und viel reisen. Sein Zuständigkeitsbereich umfasst das ganze Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. "Ein Flächenland", sagt Hamann. Tausende Kilometer fährt er jedes Jahr mit der Bahn.

Mehrere Personen sitzen in einem Berufssprachkurs Teilnehmende eines Berufssprachkurses in der Sprachschule inlingua in Rostock Quelle: © BAMF | Kristin Kasten

Berufssprachkurse als Erfolgsmodell

Die Hospitation in Rostock ist für Hamann Routine, aber keine Nebensache. "Hospitationen sind für uns ein wichtiges Instrument", sagt er.

Wir wollen hören, wie es läuft, was gut klappt, wo es hakt.

Anders als bei strengen Kursprüfungen gehe es hier um Austausch mit den Lehrkräften, aber auch mit den Teilnehmenden. "Nur wenn wir deren Perspektive kennen, können wir die Kurse weiterentwickeln."

Die Berufssprachkurse sind die weiterführende Sprachförderung nach den Integrationskursen. Während für die Integrationskurse beim BAMF die Regionalkoordinatorinnen und -koordinatoren zuständig sind, betreuen Außendienstmitarbeitende wie Hamann die Berufssprachkurse. Sie sollen die Menschen sprachlich auf den Arbeitsmarkt vorbereiten. Seit 2016 sind die Kurse verstetigt.

Ein Erfolg, wie Hamann findet: "Das Portfolio ist in den letzten Jahren immer breiter geworden. Neben allgemeinen Kursen gibt es inzwischen spezielle Angebote, beispielsweise für Ärztinnen und Ärzte, für Auszubildende oder für frühpädagogische Berufe." Koordiniert wird dieses bundesweite Angebot durch das BAMF. Doch es sind Außendienstmitarbeitende wie Hamann, die vor Ort dafür sorgen, dass das System funktioniert.

Ein Mann steht in einer Gruppe von Personen und erklärt etwas Zuhören und Eindrücke aufnehmen: Boon Jan Hamann im Gespräch mit Kursteilnehmenden Quelle: © BAMF | Kristin Kasten

Austausch und Kontrollfunktion

Wir sind Brückenbauer, Netzwerker und Aufsichtsbehörde zugleich,

fasst Hamann zusammen. "Einerseits repräsentieren wir das BAMF nach außen. Andererseits sind wir diejenigen, die fragen: Wo drückt in der Praxis der Schuh? Und was kann man verbessern?" Auch heute stellt er sich vor die Teilnehmenden des Berufssprachkurses und fragt nach. Nach kurzem Zögern melden sich die Ersten. Mehr Zeit für die Prüfungsaufgaben wünscht sich eine. Ein anderer spricht über seine Ängste, nicht genug Zeit für die Vorbereitung der Abschlussprüfung zu haben. Viele geben konstruktives Feedback, das Hamann protokolliert und später ins Amt zurückmeldet.

Sein Job ist geprägt von dieser Balance: Auf der einen Seite vertritt Hamann eine Bundesbehörde, die von der Deutschsprachförderverordnung bis zu Abrechnungsrichtlinien klare Vorgaben macht. Auf der anderen Seite braucht er die Nähe zu den Menschen und Institutionen vor Ort. "Man ist manchmal auch Überbringer von Nachrichten, die nicht jedem gefallen. Dafür braucht es Resilienz und ein sicheres Auftreten."

Drehscheibe vor Ort

Am Nachmittag geht Hamann in einen Konferenzraum im Nachbargebäude. Ein Quartalsgespräch steht an. Um den Tisch sitzen Vertreterinnen und Vertreter von Jobcentern, der Agentur für Arbeit und Sprachkursträger aus Rostock und Umgebung. Hamann begrüßt die Runde, geht die Tagesordnung durch. Es geht um Kursbedarfe im nächsten Quartal, um regionale Besonderheiten, um neue Formate. Auf den Tisch kommen Bedarfszahlen, geplante Kursangebote, aber auch Probleme wie der krankheitsbedingte Ausfall einer Dozentin.

"Diese Treffen sind das Herzstück unserer Arbeit", sagt Hamann. "Ohne sie würde das System nicht funktionieren." In diesen Runden entscheidet sich, welche Berufssprachkurse im kommenden Quartal starten können. Dabei geht es nicht nur um Planung, sondern auch um Austausch: Kursträger berichten, was gut läuft und wo sie an Grenzen stoßen.

Ein Mann steht vor einer Tischgruppe an der mehrere Personen sitzen Vertreterinnen und Vertreter von Kursträgern, Agenturen für Arbeit und Jobcentern treffen sich auf Einladung der Außendienst-Mitarbeitenden des Bundesamtes regelmäßig zum Quartalsgespräch Quelle: © BAMF | Kristin Kasten

Hamann beschreibt seine Rolle als Vermittler zwischen dem BAMF, den Kursträgern und der Arbeitsverwaltung, die den Bedarf an Berufssprachkursen melden. Zugleich fungiert er als Kontrollinstanz. "Es geht darum, Qualität sicherzustellen und gleichzeitig die Kurse gemeinsam weiterzuentwickeln."
Der Job sei abwechslungsreich, manchmal fordernd, sagt er. Pandemie und Ukraine-Krieg hätten gezeigt, wie schnell Routinen über den Haufen geworfen werden können. „Man muss der Typ sein, der Veränderungen als Herausforderung sieht“, sagt Hamann.

Zugewanderte in Arbeit bringen

Hamann erzählt von einem Projekt, bei dem in Mecklenburg-Vorpommern junge Menschen mit Migrationshintergrund auf eine Ausbildung bei der Bundesagentur für Arbeit vorbereitet wurden – flankiert durch Berufssprachkurse. Zwölf von 17 Teilnehmenden unterschrieben am Ende einen Ausbildungsvertrag. "Da sieht man ganz konkret, wie unsere Arbeit wirkt." Ähnliche Erfahrungen macht er bei Kursen für ausländische Ärztinnen und Ärzte, die hierzulande ihre Fachsprachenprüfung bestehen müssen. "Wenn wir dann hören: Alle haben es geschafft und arbeiten jetzt am Klinikum, da weiß man, dass die Steuergelder gut investiert sind."

Gleichzeitig weiß Hamann, dass sein Besuch manchmal Misstrauen weckt. "Das BAMF wird von außen oft als starre Behörde wahrgenommen", sagt er.

Für uns ist es wichtig, zu zeigen: Wir sind Menschen, die etwas bewegen wollen.

Gerade bei Kursteilnehmenden sei das Eis manchmal schwer zu brechen. Das Kürzel "BAMF" wecke Ängste, weil es auch für Asylverfahren steht. Doch wenn er vor Ort ist, weiche die Skepsis schnell.

Ein Mann steht hinter einem Tisch und referiert Offen sein für Kritik: auch das gehört zum Job von Boon Jan Hamann Quelle: © BAMF | Kristin Kasten

Am Ende des Tages

Als das Quartalsgespräch endet, packt Hamann seine Unterlagen zusammen. Draußen steht die Sonne bereits tief, ein langer Tag geht zu Ende. Ein typischer Arbeitstag? "Typisch ist im Außendienst eigentlich nur die Abwechslung", sagt er. "Mal Kursprüfung, mal Verwaltungsprüfung, mal Planungsgespräch und zwischendurch Büroarbeit."

Und was hält ihn bei der Stange?

Dass wir wirklich mitgestalten können. Wir bringen die Berufssprachkurse in die Fläche, wir entwickeln sie weiter, wir sorgen dafür, dass Menschen sprachlich fit für den Arbeitsmarkt werden. Und das ist etwas, worauf ich stolz bin.