Neue Situationen, neue Wege , Datum: 11.03.2021, Format: Meldung, Bereich: Integration , Interview mit Anika Schnieders von der Volkshochschule Brilon Marsberg Olsberg.

Welche Erlebnisse haben die Beteiligten mit dem Unterricht im virtuellen Raum gemacht? Wo sind aus Sicht der Kursträger die Risiken, wo vielleicht auch Chancen über die aktuelle Situation hinaus?

Christian Trömel vom Hauptstandort Köln hat die Volkshochschule Brilon-Marsberg ebenfalls zum Thema befragt. Lesen Sie hier das zweite Interview zum Virtuellen Klassenzimmer, diesmal mit einem Träger im ländlichen Bereich

Frau Schnieders, wie viele und welche Berufssprachkurse (BSK) haben in Präsenz begonnen und konnten von Ihnen aktuell in das Virtuelle Klassenzimmer überführt, bzw. direkt im Virtuellen Klassenzimmer gestartet werden?

Anika Schnieders: Alle unsere im Dezember 2020 laufenden Präsenzkurse konnten ins Virtuelle Klassenzimmer überführt werden. Dies waren ein A2-, ein B1- und zwei B2-Kurse. Daneben wurde bisher ein neuer C1-Kurs ohne Präsenzphase online gestartet.

Wie viele BSK führen Sie zu 100 % im Virtuellen Klassenzimmer durch, wie viele in Wechselmodellen mit Präsenzunterricht (Modell 2a)? Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile der Wechselmodelle?

Schnieders: Alle aktuellen BSK laufen jetzt zu 100 % im Virtuellen Klassenzimmer. Wenn die Möglichkeit besteht, werden diese sicherlich auch wieder in Präsenz überführt. Der C1-Kurs wird dann im Wechselmodell stattfinden. Die Entscheidungen treffen wir jeweils kursspezifisch in Abstimmung mit unseren Teilnehmenden, Lehrkräften und den organisatorischen Möglichkeiten. Ein Wechselmodell bietet die Chance, die Vorteile aus „beiden Welten“ miteinander zu verbinden.

Unser C1 Kurs wurde zunächst im Wechselmodell geplant. Durch den Lockdown wird er nun komplett im Virtuellen Klassenzimmer durchgeführt. Die Teilnehmenden sind darüber nicht unglücklich, denn sie sparen sich die zum Teil erheblichen Fahrtzeiten. Natürlich ist der Kurs im Virtuellen Klassenzimmer eine große Umstellung für die Lehrkräfte. Jedoch konnten wir dank der Umstellung auf das Virtuelle Klassenzimmer auch Personen aus ländlichen Gebieten erreichen und somit den ersten C1-Kurs im Hochsauerlandkreis anbieten.

Vor- und Nachteile sind immer sehr teilnehmenden- und kursbezogen. Derzeit planen wir den Kurs ausschließlich im Virtuellen Klassenzimmer fortzuführen. Eventuell für die Prüfungsvorbereitung oder zur Simulation der mündlichen Prüfungen werden wir Präsenztage einführen. Dies sollte zukünftig auch im Virtuellen Klassenzimmer gehen. Allerdings werden wir dies erst zum Ende des Kurses entscheiden und sehen, mit welcher Lösung wir dem Großteil der Teilnehmenden gerecht werden. Wir planen mit vielleicht ein bis zwei Wochen Präsenzunterricht zum Ende des Kurses. Daneben ist natürlich auch die Sehnsucht der Teilnehmenden nach Präsenz nicht zu unterschätzen.

Wie viele Teilnehmende eines Kurses konnten prozentual in das Virtuelle Klassenzimmer übernommen werden? Wo liegen die meisten Herausforderungen bei der Teilnahme an virtuellen Kursen?

Schnieders: Der virtuelle Unterricht wird von den Lernenden gut angenommen. Bei uns nehmen mehr als 90 % aller Teilnehmenden auch am Online-Unterricht teil.

Die großen Herausforderungen lagen in den fehlenden Endgeräten und der Internetverbindung. Hinsichtlich der Endgeräte konnten wir diese als VHS den Teilnehmenden zur Verfügung stellen.

Allerdings stießen wir beim Thema Internet an unsere Grenzen. In einigen Gebieten ist auch die Versorgung mit mobilem Internet nicht ausreichend. Dort, wo mobiles Internet zur Verfügung steht, konnten wir aufgrund der Störerhaftung für die Teilnehmenden nicht im Namen der VHS Internet-Sticks oder dergleichen beschaffen. Bei den Personen, die sich selbst keinen Internet-Stick kaufen konnten, haben wir dann unsere eigenen portablen VHS-Hotspots zur Verfügung gestellt. Bei einem Teilnehmer hat auch das leider nicht funktioniert. Bei einer Dozentin ist der Hotspot ebenfalls derzeit im Einsatz, die über eine unzureichende Internetverbindung klagt. 

Erkennen Sie Unterschiede in der Teilnehmerdichte im Virtuellen Klassenzimmer je nach Sprachniveau bzw. Kursart? Warum gibt es Ihrer Einschätzung nach Unterschiede, bzw. keine Unterschiede?

Schnieders: Wir erkennen keine wesentlichen und kursartspezifischen Unterschiede im Bereich DeuFöV-Kurse. Beispielsweise sind die Fehlzeiten nicht höher als im Präsenzunterricht, unabhängig von der Kursart. Die Bemühungen rund um das Onboarding sind leicht erhöht, wenn es sich um einen Kurs mit bereits „ausgeförderten“ Integrationskursteilnehmern handelt.

Wir sind der einzige Anbieter in der Region. Somit gibt es für die Teilnehmenden keine große Wahlmöglichkeit. Die Teilnehmenden sind uns zum Teil sehr vertraut. So kennen wir bereits einige aus anderen Kursen (Beispiel Integrationskurse) oder die Teilnehmenden sind aus dem jeweiligen familiären Umfeld bekannt.  

Welche besonderen Herausforderungen gab es bei den Kursarten A2 und B1?

Schnieders: Sprachlich ist es schwieriger, den Teilnehmenden die technischen Voraussetzungen des Virtuellen Klassenzimmers zu vermitteln. Das Lernen erfolgt langsamer als bei höheren Sprachniveau-Kursarten und seitens aller Beteiligten ist mehr Geduld gefragt.

Für B2- und C1-Kurse ist die Umstellung deutlich einfacher. Bei den A2- und B1-Kursen haben wir viel mit Screenshots und WhatsApp gearbeitet. Außerdem mit Video-Calls, bei denen wir dann den Bildschirm teilen konnten, um die erforderlichen Schritte zu erklären. Dies alles erfordert sehr viel Geduld. Wir waren alleine 14 Tage mit dem Onboarding beschäftigt.  Dies stellte für die VHS und vor allem für deren Mitarbeitenden eine große Belastung dar.

Wir haben als VHS mittlerweile einen eigenen (datenschutzkonformen) WhatsApp Account, den wir am PC, aber auch am volkhochschuleigenen Mobiltelefon bedienen können. Mittels WhatsApp-Gruppe ist es uns möglich, 100 % der TN zu erreichen-in dieser Hinsicht ein absolutes Erfolgsmedium!

Wie wurden Hindernisse oder Hemmschwellen der Teilnehmenden überwunden?

Schnieders: Im Bereich der Hardware haben wir zum Beispiel einen Geräteverleih von Notebooks und generelle Onboarding-Tutorials für die einzelnen Kurse realisieren können. Dazu kommt ein individueller telefonischer und persönlicher Support durch das gesamte hauptamtliche VHS-Team. Auch spielen unsere Kursleitenden eine zentrale Rolle in den Bereichen von Motivation und Engagement.

Wir sehen die Aufgabe, bzw. die Anforderungen der Digitalisierung als querschnittliche Aufgabe, die - bis auf unsere Buchhaltung - jeden Mitarbeiter der VHS betrifft. So haben in den jeweiligen Geschäftsstellen alle Mitarbeitenden der VHS Zugang zu Zoom, können Meetings und Zugänge einrichten. Dadurch kann jeder Ansprechpartner telefonischen Support leisten. Technische Probleme werden dadurch zügig behoben. Auf Teilnehmenden-Seite herrscht zudem auch ein großes Vertrauen, Fragen stellen zu können, da sie auch eine Antwort bekommen. Bei einigen technischen Problemen kommen die Teilnehmenden auch in den Geschäftsstellen vorbei. Sie haben keine Scheu. Das Onboarding ist ohne Frage schwierig und fordert natürlich dem Team viel ab.

Allerdings ist die Präsenz unserer Mitarbeitenden den Kursen deutlich höher. Dank des virtuellen Klassenzimmers können nun mehrere Kurse gleichzeitig besucht werden. Informationen der Verwaltung können dadurch viel effektiver und schneller verbreitet werden. Auch hat die Anzahl von Hospitationen deutlich zugenommen. Hier hat die Pandemie uns gut in die Karten gespielt.     

Wie wurden Teilnehmenden motiviert, insbesondere die ohne Vorerfahrungen

Schnieders: In den bereits bestehenden Kursen ist die Motivation zentral durch Kurszusammenhalt und Gruppendynamik entstanden. Die Kursleitenden haben hier eine wesentliche Rolle und sind Vertrauenspersonen.

Die Teilnehmenden haben trotz der aktuellen Situation den Wunsch und die Notwendigkeit, ihre Sprachkenntnisse zu halten, bzw. zu erweitern. Es war weniger Motivation durch uns notwendig als vielleicht in einer ersten Einschätzung zu vermuten gewesen wäre.

Ebenso haben wir nach dem Sommer 2020 immer wieder kommuniziert, dass eine Fortführung des Kurses im Virtuellen Klassenzimmer jederzeit möglich ist (z. B. bei steigenden Infektionszahlen vor Ort). Die Kursleitungen und Teilnehmenden haben bereits im Herbst die ersten technischen Voraussetzungen getestet.

Zu Beginn des Lockdowns waren die Reaktion der Teilnehmenden dann gemischt. Gerade Kurse, die kurz vor der Prüfung standen, hatten Angst, ihr Wissen wieder zu verlieren.

Durch WhatsApp konnten wir sämtliche Teilnehmende erreichen und die Fortführung im Virtuellen Klassenzimmer vorbereiten. Eine besondere Motivation war nicht erforderlich. Zweifelnde konnten letztendlich dank der Gruppendynamik mitgenommen werden.  

Warum sollte trotzdem versucht werden, so viele Kurse wie möglich im Virtuellen Klassenzimmer fortzusetzen?

Schnieders: Zunächst ist die Sicherung der bisherigen Lernerfolge sehr wesentlich. Gar kein Unterricht ist keine Option für uns als ländliche VHS! Wir orientieren uns an der Zielsetzung einer ganzheitlichen Integration als gesamtgesellschaftlicher Aufgabe. Dies umfasst auch das gemeinsame „Neulernen“ von Distanzunterricht sowohl für Kursteilnehmende als auch für Lehrkräfte und uns als Kursträger. Wichtig ist es, diesen Prozess Schritt für Schritt, aber auch mutig anzutreten.

Warum lohnen sich solche virtuellen Kurse gerade im ländlichen Raum?

Schnieders: Aufgrund der ländlichen Struktur haben unsere Teilnehmenden und auch Kursleitungen teilweise lange Fahrzeiten zu den einzelnen Kursen. Diese fallen durch das Virtuelle Klassenzimmer natürlich weg und bieten ggf. mehr Zeit zum Lernen. Auch können Teilnehmende, die in Präsenzkursen aufgrund zu weiter Anreise nicht teilnehmen können, virtuell problemlos trotz der Entfernung teilnehmen.

In den virtuellen Kursen haben wir schnellere Möglichkeiten, die Kurse zu „besuchen“ als in Präsenzkursen, da die einzelnen Kursorte hier weiter auseinanderliegen. Zudem sind die Virtuellen Klassenzimmer unsere „eigenen Räumlichkeiten“, während wir in Präsenzkursen oftmals nur in anderen Gebäuden zu Gast sind, bzw. diese anmieten. Dies ermöglicht uns eine größere organisatorische Flexibilität.

Mit welcher Konferenz-Software arbeiten Sie? Warum diese?

Schnieders: Wir nutzen die Videokonferenzsoftware „Zoom“ für unsere Virtuellen Klassenzimmer. Zoom ist sowohl für unsere Lehrkräfte als auch die Teilnehmenden einfach zu bedienen und benötigt geringe technische Voraussetzungen. Die Übertragung ist in der Regel stabil und wenig störungsanfällig. Da unser gesamter Online-Kursbetrieb über Zoom läuft, haben alle hauptamtlichen VHS-Mitarbeiter gute Kenntnisse dieser Software und können Teilnehmende und Kursleitungen jederzeit technisch unterstützen. Zoom bietet den Lehrkräften weiterhin ein breites Spektrum bei der Umsetzung der unterschiedlichen Lehrmethoden (z.B. durch nonverbale Kommunikation oder einfaches Application Sharing).

Die VHS-Cloud hatte zu viele technische Aussetzer. Nach einem Tag virtuellen Unterricht in der Cloud haben wir unser System innerhalb von 24 Stunden für alle Lehrkräfte und Teilnehmende auf Zoom umgestellt. Auch die Anmeldung gestaltete sich für unsere Lernenden in der VHS-Cloud als eher schwierig.

Allerdings sind wir auch offen für andere und neue Systeme, die wir gerne testen und ausprobieren.

Wie sind Sie mit dem Thema Datenschutz umgegangen?

Schnieders: Wir haben mit sämtlichen Teilnehmern eine Datenschutz-Erklärung abgeschlossen. In der aktuellen Version von Zoom ist der Datenschutz nochmal verschärft worden und entspricht nun der aktuellen SSL-Verschlüsselung. Zudem speichern wir keine Teilnehmerdaten bei Zoom, sondern lediglich Eingaben (Nutzername etc.). Sofern der Teilnehmende ein Konto bei Zoom hat, werden entsprechend der eigenen Einstellungen ggf. weitere Daten gespeichert.  

Wird eine Lernplattform bzw. ein Lernmanagementsystem verwendet und wenn ja, welches? Was sind Ihre Erfahrungen damit?

Schnieders: Aktuell verwenden wir in den DeuFöV-Kursen die VHS Cloud als Lernplattform.Hier bieten sich gute Möglichkeiten zur Dateiablage und Hausaufgabenorganisation sowie zum Austausch der Lerngruppen. Letztendlich liegt die tatsächliche Einbindung der Systeme an der Methodik der Lehrkräfte. 

Haben Sie Erfahrungen mit der parallelen Nutzung unterschiedlicher Tools gemacht (z. B. Messenger)? Wie bewerten Sie diese?

Schnieders: Ja, wir nutzen aktuell Zoom, die VHS Cloud sowie verschiedene Messenger-Dienste parallel in den BSK und haben durch den stetigen virtuellen Austausch der Lerngruppe mit den Lehrkräften und uns gute Erfahrungen hiermit gemacht. Wir sind bei allen Tools als Administrator vertreten und können somit gemeinsam mit den Lerngruppen schnell auf organisatorische Verschiebungen, technische Schwierigkeiten, Nachfragen etc. reagieren.

Zu Beginn war es schwierig. Nunmehr haben sich die unterschiedlichen Systeme erfolgreich zusammengefügt. Die Mischung macht’s. WhatsApp, Zoom für den Unterricht und die Cloud für die Hausaufgaben.

Welche Apps und welche digitalen Methodenwerkzeuge (z.B. Quizlet, o.ä.) verwenden Sie? Was sind hier Vorteile und wo gibt es Grenzen?

Schnieders: Zusätzlich verwenden wir das VHS-Lernportal sowie diverse Apps zu den Lehrwerken der einzelnen Verlage. So wird zum Beispiel die App des Lehrwerks „Linie 1“ genutzt. Hier gibt es zusätzlich zu den Büchern noch Video - und Audiodateien. Die Teilnehmer können so ohne Lehrkraft zusätzliche Aufgaben bearbeiten.

Im C1-Kurs nutzen wir die telc-C1-App, zudem testen wir aktuell die Deutschfuchs-Plattform in ausgewählten BSK. Der Vorteil digitaler Methodenwerkzeuge liegt eindeutig in der Möglichkeit, einen binnendifferenzierten Unterricht anbieten zu können. Über z. B. das VHS-Lernportal können Teilnehmende ihr eigenes Lerntempo bestimmen.

Einige Apps zielen natürlich über das eigentliche Ziel hinaus. Auch hier macht es die Mischung. Denn Lernen soll Spaß machen. Dazu gibt es direkte Rückmeldungen.

Inwiefern hatten Sie Bedenken, das Virtuelle Klassenzimmer einzuführen?

Schnieders: Wir hatten tatsächlich keine Bedenken, die BSK schnellstmöglich in das virtuelle Format zu überführen. Dies resultiert aber auch daraus, dass wir die vorherige Zeit zur bestmöglichen Vorbereitung - wie Schulung von Lehrkräften und Teilnehmenden, Geräte- und Internetabfragen, Verknüpfen der einzelnen Zusatzmaterialien etc. - genutzt haben und bereits seit vielen Jahren Erfahrungen rund um Webinare, Onlinekurse oder Blended-Learning sammeln konnten. Die Mitarbeitenden in den Geschäftsstellen sowie die Lehrkräfte hatten alle Lust und natürlich pandemiebedingt auch die nötige Zeit, die Kurse im Virtuellen Klassenzimmer fortzusetzen.

Wir wussten von jedem Teilnehmenden, welche Endgeräte er zu Hause hat und wie seine Internetverbindung aussieht. Dies hat uns enorm viel geholfen. Daneben hatten wir keinen zu hohen Anspruch. Es konnten auch Dinge nicht funktionieren oder scheitern. Wir haben stets versucht, das Beste aus der Situation zu machen.

Für uns als kleine VHS in einer großen Region ist es ein deutlicher Unterschied, ob wir fünf Kurse in Präsenz oder virtuell durchführen. Dies stellt auch eine große Chance für unsere VHS dar. So mussten wir keine zusätzlichen Räume anmieten, die dann aufgrund von anderen Gründen dann doch nicht nutzbar sind. Oder die Planung der Kurszeiten an den Busverbindungen der Teilnehmenden und Lehrkräften entfällt komplett.

Welche besonderen Hürden sehen Sie für das Onboarding bzw. das Starten von Kursen im Virtuellen Klassenzimmer? Sollten die ersten Tage ausschließlich in Präsenzform sein?

Schnieders: Nein, allerdings sollten die Medienkompetenzhürden für die Teilnehmenden zumindest zu Beginn so gering wie möglich sein und die genutzten Systeme stabil laufen. Sind diese ersten „Basics“ für die Lerngruppe vertraut, kann man „step by step“ weitere Materialien, methodische Anwendungen etc. einbauen.

Der Aufwand, einen Kurs im Virtuellen Klassenzimmer zu starten, ist deutlich höher und komplizierter als bei Kursen in Präsenz. Das virtuelle Onboarding verlangt vor allem den Mitarbeitenden einiges ab. Aber auch im Homeoffice kann man dadurch Kurse starten. 

Inwiefern sehen Sie Unterschiede bei der Prüfungsvorbereitung im Virtuellen Klassenzimmer?

Schnieders: Die Prüfungsvorbereitung wird sowohl von unseren Lehrkräften als auch von den Teilnehmenden als schwieriger wahrgenommen, da bestimmte Prüfsituationen, beispielsweise die mündliche Prüfung, schwieriger simuliert werden können als in Präsenzkursen. Hier werden wir in nächster Zeit verstärkt Online-Prüfungssimulationen wie die telc-Placementtests etablieren und auf die individuellen Wünsche unserer Lehrkräfte eingehen.

Wie groß war der Vorbereitungsaufwand und wie könnte das BAMF hier noch mehr unterstützen?

Schnieders: Eine Unterstützungsmöglichkeit seitens des BAMF wäre eine Contentbereitstellung z.B. über Rahmenvereinbarung mit Verlagen. Eine weitere Idee könnten Best-Practices Workshops sein. Die Online-Schulung zum Virtuellen Klassenzimmer war bereits ein guter Anfang. Mehr davon wären gut für die Region.

Inwiefern haben Sie Ihren Lehrkräften Weiterbildungsmaßnahmen zum Unterrichten im Virtuellen Klassenzimmer ermöglicht? Was waren dabei die Herausforderungen und was war eher einfach?

Schnieders: Wir haben mit allen Lehrkräften im Virtuellen Klassenzimmer sowohl individuelle Techniktests zu der Software, als auch interne Online-Fortbildungen zu ausgewählten technischen und methodischen Themen rund um den Unterricht im virtuellen Raum durchgeführt. Zudem führen wir regelmäßige Hospitationen in den einzelnen Kursen durch und geben den Lehrkräften anschließend Feedback hierzu. Unabhängig davon wissen unsere Lehrkräfte aber auch, dass sie jederzeit von sich aus bei Fragen und technischen Problemen auf uns zukommen können.

Honorarkräften können wir hier ggf. nur durch zusätzliche Vereinbarungen Weiterbildungsmaßnahmen vorgeben. Allerdings sollte dies für jede Lehrkraft selbstverständlich sein.

Letztendlich müssen die Lehrkräfte es selbst entscheiden 

Wie kommt der Unterricht im Virtuellen Klassenzimmer bei den Kursteilnehmenden an?

Schnieders: Die Resonanz bei unseren Teilnehmenden ist positiv. Viele Teilnehmende sind erfreut, dass der Unterricht trotz der aktuellen Situation weiterhin stattfinden kann und somit die bereits errungenen Lernfortschritte nicht verfallen. Diese Wertschätzung des Online-Unterrichts spiegelt sich auch in der täglichen Anwesenheit wider. Deutlich wird aber auch, dass die Teilnehmenden den Präsenzunterricht vorziehen, sobald dieser wieder möglich ist.

Welche Rückmeldungen zum Unterrichten im Virtuellen Klassenzimmer gibt es seitens der Lehrkräfte, insbesondere hinsichtlich der Methodik?

Schnieders: Im täglichen Austausch mit den Lehrkräften erreichen uns viele Rückmeldungen zu spezifischen Möglichkeiten, z.B. der Wichtigkeit von Breakout-Sessions zur Durchführung von Gruppen-/Partnerarbeitsphasen. Ebenso Fragen zu geeigneten Online-Materialien. Generell sind die Lehrkräfte froh, dass der Unterricht auch online stattfinden kann und sie so eine Möglichkeit haben, die Lerngruppe weiter zu unterrichten. Dies spiegelt sich auch in der hohen Flexibilität und Motivation unserer Lehrkräfte bei der Nutzung des Virtuellen Klassenzimmers wider.

Methodisch ist die Umstellung von Präsenz zum Virtuellen Klassenzimmer stets vom jeweiligen Kurs, vom Lehrwerk und der App dazu abhängig. Dabei muss auch Vertrauen aufgebaut werden. Dozenten-Teams geben sich Tipps und tauschen Erfahrungen untereinander aus. Lehrkräfte benötigen eine Bereitschaft für Neues.

Welche Empfehlungen oder Wünsche haben sie noch an das BAMF?

Schnieders: Ehepartner, die zusammen ein Endgerät nutzen oder Teilnehmende, die in einer Flüchtlingsunterkunft leben und sich ein Endgerät teilen, sind nach der Abrechnungsrichtlinie zum Virtuellen Klassenzimmer derzeit nicht zulässig. Dies erschient weltfremd, da viele Veranstaltungen bereits mit mehreren Personen vor einem Endgerät stattfinden. Hier sollte jeder sein eigenes Endgerät besitzen. Allerdings für den reinen virtuellen Unterricht sollten auch mehrere Personen vor einem Endgerät sitzen.  Für uns wäre es hilfreich, wenn insbesondere die „Screenshot“-Abrechnung vereinfacht werden könnte

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die fehlende technische Anbindung einiger Teilnehmer. In unserem Kommunen sind die Flüchtlingsunterkünfte nicht mit einem Internetzugang ausgestattet. Eine Intervention seitens des BAMF wäre sehr hilfreich.

Zuletzt sollte der Unterricht wieder mehr in den Fokus gestellt werden. Anstelle von weiteren Vorschriften und zusätzlichen Verwaltungsvorgaben u.a. hinsichtlich der Erfassung im Virtuellen Klassenzimmer sollten die Teilnehmenden, die Lehrkräfte und auch die Träger in den Vordergrund gestellt werden.  

Zur Volkshochschule Brilon Marsberg Olsberg

  • Deckt im Hochsauerlandkreis eine der flächenmäßig größten Regionen mit ca. sechzigtausend Einwohnern in Nordrhein-Westfalen ab
  • Ländlich geprägte Region mit teilweise mehr al 45km zwischen den einzelnen Standorten (Brilon, Marsberg und Olsberg)
  • Seit 2008 Erfahrungen mit virtuellem Unterricht, E-Learning oder Blended-Learning, dabei überwiegend punktuelle IT-Seminare oder E-Plattformen für Schüler
  • Teilnahme an diversen Messen und Veranstaltungen zum Thema E-Learning, wie z.B. der LERNTEC

Weitere Informationen unter https://www.vhs-bmo.de/