"Migrationshintergrund" revisited – auch auf kommunaler Ebene ,
Vor einigen Monaten ist der Bericht der Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit erschienen. Der darin enthaltene Vorschlag, den Begriff "Migrationshintergrund" neu zu fassen, ist auf ein breites Medienecho gestoßen. Dr. Susanne Worbs, Migrationsforscherin im BAMF-Forschungszentrum, hat als Mitglied der Fachkommission an dem Bericht mitgearbeitet. Zusammen mit Anja Petschel vom Statistischen Bundesamt, wo der Begriff einst definiert wurde, setzte sie mit Praktikerinnen und Praktikern der Stadt München die aktuelle Diskussion fort.
Im Januar 2021 stellte die Fachkommission Integrationsfähigkeit ihren Bericht vor. Sehr stark wurde in der Medienrezeption des Berichtes der Vorschlag der Fachkommission aufgegriffen, das Konzept "Migrationshintergrund" neu zu definieren und künftig stattdessen von "Eingewanderten und ihren direkten Nachkommen" zu sprechen. Dieser Vorschlag betrifft nicht nur die Bundesebene und die amtliche Statistik in Deutschland, sondern auch ganz konkret viele Kommunen, die in ihrer Integrationsberichterstattung und bei politischen Maßnahmen auf dieses Konzept zurückgreifen.
Wie groß das Interesse und der Diskussionsbedarf hierzu ist, zeigte sich an einer Einladung an Dr. Susanne Worbs zu einem virtuellen Workshop einer Arbeitsgruppe der Stadt München am 24. März 2021. In der bayerischen Landeshauptstadt arbeiten schon seit längerem verschiedene städtische Dienststellen mit dem "Migrationshintergrund". Nun stand die Frage im Raum, ob man sich am Vorschlag der Fachkommission orientieren und Veränderungen vornehmen möchte, und was das konkret für die Informationsbedarfe der einzelnen Fachbereiche bedeutet. Beispielsweise habe in den letzten Jahren das Thema "Erfassung von Diskriminierung" einen deutlich höheren Stellenwert erhalten – ein Phänomen, das jedoch nur bedingt etwas mit "Migrationshintergrund" zu tun hat, sondern viel häufiger mit sichtbaren Merkmalen der betroffenen Personen, ob sie nun eingewandert sind oder nicht.
Dr. Worbs hielt eine gemeinsame Input-Präsentation mit Anja Petschel vom Statistischen Bundesamt, die dort für das Konzept im Rahmen des Mikrozensus zuständig ist. Damit wurden sowohl Hintergrundinformationen von den "Erfindern" des Migrationshintergrundes, als auch zum aktuellen Vorschlag der Fachkommission geliefert. Es folgte eine lebhafte Diskussion mit noch offenem Ende. Denn eines wurde deutlich: "Es ist sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, mit einem statistischen Konzept alle Informationsbedürfnisse zu erfüllen und zugleich noch den Wünschen des von ihm erfassten Personenkreises nachkommen zu können. Flexibilität ist gefordert und die Suche nach differenzierten Ansätzen wird weitergehen – in München und anderswo"
, so Dr. Worbs.