BAMF-Newsletter Nr. 02/2024 ,
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
"Meine Freunde dürfen das aber," argumentiert mein Sohn häufig, wenn ich nicht sofort erlaube, dass er bestimmte Online-Dienste nutzen darf. Abgesehen davon, dass Nachfragen bei deren Eltern zumeist ergeben, dass deren Kinder doch keine Erlaubnis bekommen haben, ist diese Argumentation ein Lehrstück für Whataboutism.
Wenn Argumente ausgehen, zeigt man manchmal mit dem Finger auf andere Personen oder Themen und verweist auf eine vermeintliche Ungleichbehandlung. In den vergangenen Tagen noch erlebt bei UnterstützerInnen für RAF-Terroristen: Bei einer Solidaritäts-Demo wurde die sofortige Freilassung der soeben erst inhaftierten Terroristin Klette gefordert. Darauf angesprochen meinten die Organisatoren in der Pressedarstellung lapidar, dass der Staat ja auch nicht konsequent gegen Terror von Rechts vorgehe.
Ähnliche Reaktionen erlebten auch wir mit einem Bericht, dessen Lektüre ich Ihnen heute ans Herz legen möchte: Die Beratungsstelle Radikalisierung des Bundesamts bekommt immer mehr Anfragen. Das ist zwar eine gute Nachricht für die Qualität dieser Arbeit, zeigt jedoch auch eine bedenkliche Entwicklung auf, was die Zahl der Ratsuchenden hinsichtlich Personen angeht, die sich – in diesen Fällen islamistisch – radikalisieren.
In den Social-Media-Kanälen hatte der Beitrag unmittelbar Nachfragen ausgelöst: „Warum beratet Ihr nicht bei linksextremistischer Radikalisierung“, oder auch andersherum: "Warum nicht bei Rechtsextremismus"?
Die – aus der jeweiligen Sichtweise – teilweise mitschwingende Unterstellung, dass Extremismus von der jeweils anderen Seite nicht bekämpft werde, stimmt natürlich nicht. Nur gibt es dafür andere Stellen als das Bundesamt, die für diese Formen der Radikalisierung mehr Expertise haben. Unsere im Bundesamt liegt auf der islamistischen Radikalisierung, und diese Arbeit erledigen die Kolleginnen und Kollegen der Beratungsstelle mit großem Engagement und verfügen über die entsprechende Expertise.
Uns ist viel daran gelegen, solche Fragen und Kommentare in den sozialen Medien sachgetreu zu beantworten. Manchmal stößt man dann auf Verständnis und manchmal nicht. Und manchmal ist es halt einfacher, meinem zehnjährigen Sohn zu erklären, warum bestimmte Online-Dienste für ihn nicht geeignet sind.
Herzlichst
Jochen Hövekenmeier
Pressesprecher des BAMF