BAMF-Forschungszentrum: Neue Studie "Muslimisches Leben in Deutschland 2020" zeigt mehr Vielfalt , Datum: 28.04.2021, Ausgabejahr: Nr. 004/2021, Format: Pressemitteilung , Aktuelle Daten zu Religionsausübung und Integration

Das muslimische Leben in Deutschland ist in den letzten Jahren deutlich vielfältiger geworden, die Zahl der Musliminnen und Muslime ist gewachsen und ihre gesellschaftliche Einbettung wird weniger von der Religion, sondern stärker von anderen Faktoren wie der Aufenthaltsdauer beeinflusst. Das sind zentrale Ergebnisse der Studie "Muslimisches Leben in Deutschland", die das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz (DIK) erstellt hat.

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Dr. Markus Kerber, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat: "Mit der Studie 'Muslimisches Leben in Deutschland 2020' erfüllt die Deutsche Islam Konferenz eine ihrer zentralen Aufgaben: Sie trägt zu einer Versachlichung der Debatte über den Islam in Deutschland bei und bietet Politik und Verwaltung valide Daten als Grundlage für ihr Handeln im Bereich der Integrations- und Religionspolitik. Wie stark die Zahl der Muslime in Deutschland durch die Fluchtzuwanderung der letzten Jahre gestiegen ist, stellt dabei eine wichtige Erkenntnis dar. Wertvoller aber noch sind die differenzierten Ergebnisse etwa über die Sozialstruktur und Religiosität der in Deutschland lebenden muslimischen Religionsangehörigen. Die Studie bildet damit eine aktuelle Grundlage für die Integrations- und Religionspolitik der Bundesregierung und somit auch für die künftige Arbeit der Deutschen Islam Konferenz."

Ein wichtiges Ziel der Studie war es, die Berechnung der Zahl der muslimischen Religionsangehörigen mit Migrationshintergrund in Deutschland zu aktualisieren. Nach der neuen Hochrechnung des BAMF-Forschungszentrums sind es derzeit zwischen 5,3 und 5,6 Millionen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt damit zwischen 6,4 Prozent und 6,7 Prozent. Im Vergleich zur letzten Hochrechnung im Jahr 2015 ist die Zahl der muslimischen Religionsangehörigen um rund 900.000 Personen gestiegen.

Dr. Hans-Eckhard Sommer, Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge: "Die muslimische Bevölkerungsgruppe ist im Zusammenhang mit der Zuwanderung aus muslimisch geprägten Ländern im Nahen und Mittleren Osten in den letzten Jahren vielfältiger geworden. Die Analysen zeigen zudem, dass der Einfluss der Religion auf die Integration häufig überschätzt wird. Aspekte wie die Aufenthaltsdauer, Migrationsgründe oder die soziale Lage prägen den Integrationsprozess in einem weitaus größeren Ausmaß als die Religionszugehörigkeit."

Muslimische Religionsangehörige mit einem Migrationshintergrund aus der Türkei bilden mit 2,5 Millionen Personen weiterhin die größte Herkunftsgruppe, stellen mit einem Anteil von 45 Prozent aber nicht mehr die absolute Mehrheit. Fast 1,5 Millionen Menschen (27 Prozent) kommen aus einem arabischsprachigen Land im Nahen Osten (19 Prozent) oder Nordafrika (8 Prozent).

Ein Fünftel (21 Prozent) der muslimischen Religionsangehörigen sind Kinder oder Jugendliche im Alter von unter 15 Jahren. Weitere 22 Prozent sind zwischen 15 und 24 Jahre alt, nur 5 Prozent sind älter als 64 Jahre. Bei der Gesamtbevölkerung ist der Anteil der über 64-Jährigen mit 21 Prozent mehr als viermal so hoch. Fast die Hälfte der Musliminnen und Muslime in Deutschland sind deutsche Staatsangehörige (47 Prozent).

Personen mit Migrationshintergrund aus muslimisch geprägten Herkunftsländern sind laut Studienergebnissen deutlich religiöser als Personen ohne Migrationshintergrund: 82 Prozent - sowohl der muslimischen Religionsangehörigen als auch der Personen mit einer anderen Religion - geben an, stark oder eher gläubig zu sein. Die religiöse Alltagspraxis sieht dabei durchaus unterschiedlich aus: So halten sich etwa 70 Prozent von ihnen an besondere Getränke- und Speisevorschriften. Dagegen beten nur 39 Prozent täglich. Deutlich über zwei Drittel (70 Prozent) der muslimischen Mädchen und Frauen tragen kein Kopftuch.

Viele Musliminnen und Muslime fühlen sich mit Deutschland verbunden

Eine zentrale Rolle für die Integration spielt die Sprache. Der überwiegende Teil der muslimischen Religionsangehörigen attestiert sich selbst gute oder sehr gute Deutschkenntnisse (79 Prozent).

Auch unterschiedliche Aspekte der sozialen Integration werden durch die Studie beleuchtet: BAMF-Präsident Dr. Sommer hebt hervor: "Die Studie zeigt auch: Viele muslimische Personen fühlen sich mit Deutschland stark verbunden. Der Großteil der Musliminnen und Muslime, der eine Vereinsmitgliedschaft besitzt, hat diese in einem deutschen Verein. Auch die Häufigkeit der Alltagskontakte zu Personen deutscher Herkunft ist hoch. Zwei von drei Personen haben häufig Kontakt zu Personen deutscher Herkunft im Freundeskreis."

Erhebung der Studie

Die Studie "Muslimisches Leben in Deutschland 2020" wurde im Auftrag der DIK durchgeführt. Zentrale Ziele der Studie waren die Berechnung der Zahl der muslimischen Religionsangehörigen mit Migrationshintergrund sowie die Beschreibung ihrer Struktur und die Analyse ihrer Religiosität, religiösen Alltagspraxis sowie verschiedener Aspekte der Integration. Um der Vielfalt des muslimischen Lebens in Deutschland gerecht zu werden, wurden zwischen Juli 2019 und März 2020 sowohl Zugewanderte aus 23 verschiedenen muslimisch geprägten Herkunftsregionen als auch deren in Deutschland geborene Nachkommen befragt. Insgesamt wurden rund 4.600 Interviews geführt. Des Weiteren wurden rund 600 deutsche Staatsangehörige ohne Migrationshintergrund als Vergleichsgruppe interviewt.

Die gesamte Studie finden Sie unter "Weitere Informationen / Downloads".

Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge