Aus Fremden werden Nachbarn , Datum: 02.08.2019, Format: Meldung, Bereich: Integration , "Sei mein Nachbar!" fördert und stärkt Toleranz und Zusammenhalt durch Begegnungsprojekte – ein Projekt des Kreisjugendring Esslingen e.V.

Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammenzubringen und Begegnungen zwischen Menschen zu ermöglichen, die sonst kaum etwas miteinander zu tun haben, ist das Ziel von "Sei mein Nachbar!".

Das funktioniert zum Beispiel über zwei rote Sessel, die auf Marktplätzen oder bei Stadtteilfesten aufgestellt werden. Projektleiter Torsten Hoffmann lädt die Menschen ein, darin Platz zu nehmen und ermuntert sie zum Gespräch. Eine andere Initiative des Projekts sind internationale Kochtreffs. Auch konnte mit dem Theaterverein Jugendbühne Ostfildern ein Projekt zur Sprachförderung für jugendliche Zugewanderte auf die Beine gestellt werden. Es gibt ihnen Selbstsicherheit und fördert die Sprachkompetenz. "Das Projekt richtet sich an alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt, ob neu dabei oder hier geboren und aufgewachsen, mit und ohne Flucht- und Migrationshintergrund", sagt Hoffmann. In einem Teil der Stadt unterstützte "Sei mein Nachbar!" den Aufbau einer Initiative zur Vertretung der Belange der Bewohnerinnen und Bewohner.

Menschen zusammenbringen

Eine Gruppe junger Menschen in verschiedenen Kostümen steht in einer Turnhalle vor einem Zelt. Jugendliche proben gemeinsam für die Aufführung des Theaterstücks. Quelle: BAMF | "Sei mein Nachbar!"

"Sei mein Nachbar!" fördert die Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Ostfildern. In der Stadt im Landkreis Esslingen südöstlich von Stuttgart leben knapp 40.000 Menschen. Angesiedelt ist das Projekt bei der kommunalen Kinder- und Jugendförderung, die vom Kreisjugendring Esslingen getragen wird. Als Integrationsprojekt wird "Sei mein Nachbar!" vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gefördert. Sein Name beruht darauf, dass ein Politiker einen dunkelhäutigen deutschen Fußballnationalspieler rassistisch beleidigte, indem er sagte, dass niemand den Fußballer als Nachbarn haben wolle.

Das Miteinander pflegen

Ein Mann sitzt neben einem Glastisch. Projektleiter Torsten Hoffmann von "Sei mein Nachbar!". Quelle: BAMF | Stotz

Menschen anzuregen, sich für die anderen in der Nachbarschaft zu interessieren, aufeinander zuzugehen und ein respektvolles Miteinander zu pflegen, ist das Leitmotiv der Aktionen von "Sei mein Nachbar!". Das Projekt kommt an, wie etwa die roten Sessel zeigen: "Mit den roten Sesseln sind Begegnungen entstanden und daraus ist ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl gewachsen. Menschen, die sich vorher nicht gekannt haben, grüßen sich nun auf der Straße und unterhalten sich", erzählt Hoffmann. So sieht Hoffmann die roten Sessel und alle Aktionen des Projekts als "Zündfunke für das Miteinander in der Stadt".
Bürgerinnen und Bürger verschiedener Herkunft mit ihren Nachbarinnen und Nachbarn zum Kochen im jeweiligen Haushalt zusammenzubringen, ist die Idee der "Kulinarischen Weltreise durchs Wohnzimmer", die ebenfalls aus dem Projekt stammt. Die Schwelle des Privaten war zwar zu Beginn durchaus hoch, doch mittlerweile hat sich ein regelmäßiger "Bürgerkochtreff International" in den kommunalen Stadtteil-Bürgertreffs etabliert. Gemeinsam werden dort Gerichte aus Syrien, Eritrea oder der Türkei zubereitet und verspeist, während Köchin oder Koch über ihre Herkunftsländer berichten. "So hat sich ein gutes Miteinander etabliert", sagt Hoffmann.

In den vergangenen fünf Jahren hat sich in Ostfildern auf diese Weise ein enges Netzwerk des bürgerschaftlichen Engagements gebildet. Viele Ehrenamtliche und die Bürgerstiftung Ostfildern unterstützen das Netzwerk ebenso wie die Stadtverwaltung. Mit den zahlreichen Initiativen sollen neue Bürgerinnen und Bürger der Stadt integriert werden und die Gemeinschaft in den Stadtteilen gefördert werden. "Sei mein Nachbar!" ist eine dieser Initiativen und schreibt Erfolgsgeschichte.

Gemeinsam feiern

Mehrere Menschen stehen vor drei Pavillons. Menschen in Ostfildern feiern ein Fest, das von "Sei mein Nachbar!" und Kopperationspartnern organisiert wurde. Quelle: BAMF | Stotz

Bei einem Fest wurde die erfolgreiche Einbindung des Projekts in dieses Netzwerk zur Förderung einer offenen Stadtgesellschaft kürzlich wieder deutlich: Ehrenamtliche des Freundeskreises Asyl, die Bürgerstiftung und die Stadtverwaltung hatten das Fest organisiert, bei dem etwa 150 Besucherinnen und Besucher gemeinsam feierten. Zwölf Jugendliche aus neun Nationen führten ein Theaterstück auf, das die Jugendbühne gemeinsam mit "Sei mein Nachbar!" inszeniert hatte. Aktionen zur kulturellen Bildung wurden genauso geboten wie Spiele für Kinder. Eines der Highlights war das Grundgesetz-Quiz, bei dem neue Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit Alteingesessenen grübeln und sich informieren konnten. Auch Torsten Hoffmann lud die Gäste des Festes wieder ein, in den roten Sesseln Platz zu nehmen und sich an einem Dialog-Spiel über die Werte der Zivilgesellschaft zu beteiligen. Er ist sich sicher, dass der Erfolg von "Sei mein Nachbar!" mit dem Ende der Förderung am 30. September nicht verpufft. Ein offenes und nachbarschaftliches Miteinander in der Stadt zu fördern, sei gelungen. "Über das Projekt sind neue Initiativen in der Stadt entstanden, die von sich aus handeln. Das Ganze verselbständigt sich", sagt er zufrieden.

Text: Peter Stotz